Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)
werde ich mit einem weißen Steine bezeichnen, denn er ist einer von den glücklichsten, welche ich zu erleben meine, da ich an diesem Tage den Herrn Don Quixote von la Mancha gesehen habe, den Inbegriff und die Blüte aller Tapferkeit der ganzen irrenden Ritterschaft.«
Don Quixote antwortete mit anderen, nicht weniger höflichen Reden und freute sich über die Maßen, sich so als einen großen Herrn behandelt zu sehen. Alle begaben sich nach dem Hinterteil, welches schön geschmückt war, und setzten sich dort auf den Bänken nieder; der Schiffspatron begab sich auf die Ruderbänke und gab mit seiner Pfeife ein Zeichen, daß alle Ruderknechte die Kleider ablegen sollten, welches auch in einem Augenblicke geschah. Sancho, der so viele halbnackte Menschen sah, wurde bange, vorzüglich, da er die Sonnendecken in größter Eile wegnehmen sah, denn er glaubte nicht anders, als daß alle Teufel dort arbeiteten; das war aber alles noch Marzipan und Zuckerbrot gegen das, was wir jetzt erzählen werden. Sancho saß hinten auf der Stange neben dem rechten Steuermann; dieser, der schon unterrichtet war, was er zu tun habe, faßte den Sancho und hob ihn in seinen Armen auf; alle Ruderknechte waren indessen aufgestanden und in Bereitschaft, und die auf der rechten Seite fingen an, ihn mit der größten Schnelligkeit von Bank zu Bank, aus einer Hand in die andere zu reichen und herumzuwerfen, so daß dem armen Sancho Hören und Sehen verging und er gewiß glaubte, daß ihn alle Teufel holten. Sie hörten auch nicht eher auf, als bis er auch die linke Seite so durchgemacht hatte, worauf sie ihn wieder auf das Hinterteil des Schiffes niederlegten. Der Arme war ermattet, ohne Atem und in Schweiß, ohne sich nur besinnen zu können, was ihm eigentlich begegnet sei. Don Quixote, welcher sah, wie Sancho ohne Flügel fliegen lernte, fragte den General, ob dieses eine Zeremonie sei, die man gewöhnlich mit denen vorzunehmen pflege, welche zuerst die Galeeren betreten; wenn dieses der Fall sei, so wolle er sich, da er nicht die Absicht habe, ein Seemann zu werden, dieser Übung durchaus nicht unterwerfen, und er schwöre zu Gott, daß, wenn ihn einer anfasse, um ihn auch so fliegen zu lassen, er ihm die Seele in Stücke hauen wolle. Und mit diesen Worten stand er auf und legte die Hand an den Degen. Indem zog man die Segel ein und ließ mit lautem Krachen die Segelstange von oben niederfallen. Sancho glaubte, der Himmel drehe sich aus seinen Angeln und stürze ihm auf den Kopf, weshalb er diesen furchtsam einzog und ihn zwischen die Beine steckte. Auch Don Quixote blieb nicht ganz ruhig, er erschrak ebenfalls, zog die Schultern ein und verlor die Farbe im Gesicht. Das Schiffsvolk erhob hierauf die Segelstange wieder mit eben der Schnelligkeit und dem Gepolter, wie sie sie niedergelassen hatten, und alles schweigend, als wenn sie weder Stimme noch Atem gehabt hätten. Der Patron gab ein Zeichen, die Anker zu lichten, und indem er mit einer Karbatsche oder einem Kantschu auf die Bänke sprang, fing er an, auf die Rücken der Ruderknechte zu peitschen und nach und nach das Meer zu gewinnen. Als Sancho sah, daß sich so viele farbige Beine auf einmal bewegten (denn dafür hielt er die Ruder), sagte er zu sich selber: »Dieses sind wahrhaftig verzauberte Dinge, nicht aber die, die mein Herr dafür hält. Was haben die armen Kerle getan, daß sie so geprügelt werden? Und wie kann sich dieser einzige Mensch, der da mit seiner Pfeife herumläuft, unterstehen, so viele Leute zu schlagen? Ja wahrhaftig, das muß hier die Hölle sein, oder doch wenigstens das Fegefeuer.«
Don Quixote, welcher die Aufmerksamkeit sah, mit welcher Sancho alles betrachtete, was vorging, sagte zu ihm: »Nun, Freund Sancho, ei wie schnell und mit wie wenigen Umständen könntest du jetzt, wenn du wolltest, dich bis auf den Gürtel ausziehen, dich unter diese Herren setzen und so die Entzauberung der Dulcinea vollenden! Denn unter der Angst und Not so vieler Leute würdest du die deinige kaum bemerken; es könnte sich außerdem noch fügen, daß der weise Merlin jeglichen von diesen Streichen, weil sie so derb fallen, für zehn von denen rechnete, die du dir doch endlich geben mußt.«
Der General wollte fragen, was das mit den Streichen oder der Entzauberung der Dulcinea sei, als der Bootsmann rief: »Der Monjuich gibt ein Zeichen, daß sich ein Schiff mit Rudern auf der westlichen Seite sehen läßt.«
Als der General dies hörte, sprang er auf die Bänke und
Weitere Kostenlose Bücher
Zehn Mal Fantastische Weihnachten. Zehn Online Lesen
von
Sandra Regnier
,
Teresa Sporrer
,
Jennifer Wolf
,
Cathy McAllister
,
Natalie Luca
,
Jennifer Jäger
,
Melanie Neupauer
,
Katjana May
,
Mara Lang
,
Lars Schütz
,
Pia Trzcinska