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Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition)

Titel: Don Quixote von la Mancha: Roman (Fischer Klassik PLUS) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel Cervantes Saavedra
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noch zum wenigsten tausend Hiebe geben kann, so haben wir das ganze Werk in zwei Portionen fertig, und ich bin dann noch im Vorsprung.«
    »Da du in einer so guten Stimmung bist«, sagte Don Quixote, »so stehe dir der Himmel bei, denn ich gehe wieder fort.«
    Sancho ging wieder so tapfer an sein Pensum, daß er schon vielen Bäumen die Rinde abgeschlagen hatte: so groß war die Strenge, mit der er sich geißelte; einmal schrie er laut auf, indem er einer Buche einen erschrecklichen Hieb gab: »Hier soll Simson sterben und alle, die mit ihm sind.«
    Don Quixote lief auf dieses klägliche Geschrei und auf diesen gewaltigen Geißelhieb hinzu, faßte den geflochtenen Strick, welcher dem Sancho zur Geißel diente, und sagte: »Das Schicksal will nicht, liebster Sancho, daß du meinetwegen dein Leben einbüßen sollst, welches noch zur Erhaltung deiner Frau und deiner Kinder dienen muß. Dulcinea mag auf eine andere Stunde warten, denn ich will mich in die Grenzen der nahen Hoffnung zurückziehen und darauf harren, daß du neue Kräfte sammeln mögest, damit dieses Werk zur Freude aller geendigt werde.«
    »Da Ihr es, gnädiger Herr, so haben wollt«, antwortete Sancho, »so sei es in Gottes Namen, werft mir aber doch den Mantel um die Schultern, ich schwitze und möchte mich nicht erkälten, denn die Neulinge bei den Büßenden sind dieser Gefahr ausgesetzt.«
    Don Quixote tat es und deckte, indem er im Wamse blieb, den Sancho zu, welcher schlief, bis ihn die Sonne erweckte, worauf sie sogleich ihren Weg fortsetzten und fürs erste in einem Dorfe haltmachten, welches drei Meilen entfernt war.
    Sie stiegen in einem Wirtshause ab, wofür es Don Quixote erkannte, und nicht für ein Kastell mit seinen Burggraben, Türmen, Fallgattern und Zugbrücken, denn seit er überwunden war, sah er alle Dinge verständiger an, wie sich sogleich zeigen wird. Sie begaben sich in einen Saal unten, dem zu Tapeten alte bemalte Leinwand diente, wie man es in den Dörfern gewöhnlich findet. An einer Stelle war äußerst schlecht der Raub der Helena gemalt, wieder unredliche Gastfreund sie dem Menelaus entführte, und auf einer anderen die Geschichte der Dido und des Äneas, sie auf einem hohen Turme, wie sie dem entfliehenden Gaste mit einem halben Bettuche nachwinkte, der im Meere auf einer Fregatte oder Brigantine davonsegelte. Zu merken war bei diesen beiden Geschichten, daß Helena nicht ganz gegen ihren Willen mitging, denn sie lachte verstohlen und schelmisch; die schöne Dido aber sah man Tränen vergießen, die ihr so groß wie Nüsse aus den Augen liefen.
    Als Don Quixote dies sah, sagte er: »Diese beiden Damen sind darin sehr unglücklich gewesen, daß sie nicht in der heutigen Zeit gelebt haben, und ich über alles unglücklich, daß ich nicht in der ihrigen geboren bin, denn wäre ich nur auf jene Helden getroffen, so wäre Troja nicht verbrannt und Karthago nicht zerstört; denn bloß dadurch, daß ich den Paris umgebracht hätte, wär’ alles dies Unglück vermieden worden.«
    »Ich will wetten«, sagte Sancho, »es brauchen nicht viele Tage ins Land zu gehen, so wird es keinen Krug, keine Schenke, kein Wirtshaus und keine Barbierbude geben, wo man nicht die Geschichte unserer Taten gemalt hätte; ich wünsche nur, daß es von anderen besseren Malern geschehen möge als dem, der dieses gemalt hat.«
    »Du hast recht, Sancho«, sagte Don Quixote, »denn dieser Maler gleicht dem Orbaneja, einem Maler zu Ubeda, der, wenn man ihn fragte, was er male, zur Antwort gab: was es wird; und wenn er etwa einen Hahn malte, so schrieb er darunter: Dieses ist ein Hahn, damit es niemand für einen Fuchs ansähe. Von dieser Art scheint mir, Sancho, auch der Maler oder Schriftsteller zu sein (denn das ist beides gleichviel), der die Geschichte dieses neuen Don Quixote, welche herausgekommen ist, ans Licht gebracht hat, er malte oder schrieb, was es nun werde, oder er ist wie der Poet gewesen, der vor einigen Jahren in der Residenz war und Mauleon hieß, der auf alles, was man ihn fragte, gleich eine Antwort geben wollte, und der, als ihn einer fragte, was das sagen wolle: Deum de Deo? antwortete: Es gehe, wohin es komme! Wir wollen aber dieses fallen lassen, sage mir, Sancho, denkst du dir künftige Nacht wieder eine solche Portion zuzuteilen, und willst du es lieber unter einem Dache oder unter dem freien Himmel tun?«
    »Meiner Seel’, gnädiger Herr«, antwortete Sancho, »so wie ich sie mir zu geben denke, kann ich sie mir ebensogut im

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