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Don Quixote

Don Quixote

Titel: Don Quixote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel de Cervantes Saavedra
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Ort, den ich wohl kenne.« Gegen das Ende der Prophezeiung erhob er die Stimme sehr laut und ließ sie dann nach und nach in so leisen Tönen verhallen, daß selbst diejenigen, die um den Spaß wußten, in Versuchung kamen, das für Wahrheit zu halten, was sie hörten.
    Don Quixote war durch die Prophezeiung, die er gehört hatte, getröstet, denn er sah im Augenblicke die ganze Bedeutung derselben ein, daß ihm nämlich versprochen werde, in einer heiligen und rechtmäßigen Ehe mit seiner geliebten Dulcinea von Toboso verbunden zu sein, aus deren glücklichem Schoße die Brut entsprießen solle, nämlich seine Söhne, die der ewige Ruhm der la Mancha sein würden. Da er dies fest und zuverlässig glaubte, erhob er die Stimme, holte einen tiefen Seufzer und sprach: »O du, wer du auch sein magst, der mir diese glückliche Weissagung gestellt, ich flehe dich an, meinerseits den weisen Zauberer zu bitten, der mich bewacht und schirmt, daß er mich nicht in diesem Gefängnisse verderben lassen wolle, in welchem ich jetzt fortgeführt werde, bis jene frohe und herrliche Versprechung an mir in Erfüllung geht, die ich soeben vernommen habe; wenn dies geschieht, will ich für Ruhm die Pein dieses Gefängnisses achten, für Freude die Ketten, die mich umgeben, und für kein hartes Schlachtfeld diese Trage, in der ich mich befinde, sondern für süße Kissen und ein glückliches Hochzeitsbette. Was den Trost Sancho Pansas, meines Stallmeisters, betrifft, so vertraue ich seinem Edelmute so viel, daß er mich sowenig in meinem guten wie in meinem schlimmen Glücke verlassen wird, denn wenn durch seine Schuld oder mein böses Verhängnis es mir auch unmöglich würde, ihm die Insel oder ein anderes Ding von gleichem Werte zu geben, wie ich ihm versprochen habe, wird er doch wenigstens sein Gehalt nicht verlieren können, weil ich in meinem Testamente, das schon gemacht ist, bestimmt habe, was er bekommen soll, nicht seinen vielen und trefflichen Diensten angemessen, sondern nur soviel in meiner Möglichkeit steht.«
    Sancho verneigte sich sehr höflich und küßte ihm beide Hände, denn eine konnte er nicht fassen, weil beide zusammengebunden waren. Zugleich nahmen die Gespenster den Käfig auf ihre Schultern und setzten ihn alsbald auf den Ochsenkarren.

    6. [47.] KAPITEL
    Höchst seltsame Weise, auf welche Don Quixote von la Mancha bezaubert war, nebst andern wundervollen
    Begebenheiten

    Als Don Quixote sich nun im Bauer und auf dem Karren sah, sprach er: »Viele und denkwürdige Geschichten von irrenden Rittern hab ich gelesen, aber niemals habe ich gelesen noch gesehen oder gehört, daß man bezauberte Ritter auf solche Weise fortführte und in so langsamer Bewegung, als man von diesen faulen und zögernden Tieren erwarten darf; denn sie pflegen sonst immer mit unbegreiflicher Schnelligkeit durch die Lüfte geholt zu werden, entweder in einer dunkeln und finstern Wolke oder auf einem feurigen Wagen, oder auch auf einem Hippogryphen oder einem andern, dem ähnlichen Getier; daß man mich aber jetzt auf einem Ochsenkarren abholt, bei Gott, das erregt meine Verwunderung! Vielleicht aber, daß die Ritterschaft und die Bezauberungen in unserer Zeit sich anders erzeigen, als sie in vorigen Zeitaltern taten, und darum ist es wohl möglich, daß, weil ich ein neuer Ritter bin und der erste, der die Übung der schon vergessenen abenteuernden Ritterschaft wieder auferweckt, auch mit mir neue Arten der Bezauberungen erfunden werden, so wie neue Weisen, die Bezauberten fortzuführen. Was meinst du hierüber, Sohn Sancho?«
    »Ich weiß nicht, was ich hierüber meinen soll«, antwortete Sancho, »weil ich nicht so wie Ihr in der Irrenden Schriften bewandert bin; aber doch wollte ich mich nicht unterstehen, zu behaupten und zu beschwören, daß diese Gespenster, die hier mit uns gehen, nicht so ganz rechtgläubig sind.«
    »Rechtgläubig, mein himmlischer Vater!« rief Don Quixote aus, »wie sollten sie denn rechtgläubig sein, da sie Teufel sind, die diese phantastischen Leiber an sich genommen haben, um dies zu verrichten und mich in diese Lage zu versetzen? Und wenn du dich von dieser Wahrheit überzeugen willst, so darfst du sie nur berühren oder angreifen, und du wirst sehen, daß ihre Körper nur aus Luft sind und keinen Bestand, sondern nur den Anschein haben.«
    »Meiner Seele«, antwortete Sancho, »ich habe sie angerührt, und dieser Teufel, der hier so emsig ist, hat ein derbes, gutes Fleisch und dabei noch eine andere

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