Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Don Quixote

Don Quixote

Titel: Don Quixote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel de Cervantes Saavedra
Vom Netzwerk:
den Absichten des Feindes zuvorläuft und den Sieg erlangt, ehe das Gegenteil noch zur Verteidigung Anstalt machte. Dieses sage ich darum, erhabene und glorreiche Dame, weil es mir scheint, daß dies Verweilen in diesem Kastelle nicht zu unserm Nutzen gereicht und uns selber manchen Schaden bringen kann, wie wir in der Zukunft merken werden; denn wer kann sagen, ob Euer Feind, der Riese, nicht durch verborgene und fleißige Spione erfahren hat, daß ich komme, um ihn zu vernichten, und er nun Raum und Zeit gewinnt, sich in einem unüberwindlichen Kastelle oder in einer Festung so zu verschanzen, daß all mein Eifer und die Stärke meines unermüdlichen Armes nur wenig gegen ihn vermögen? Wir müssen also, meine Beherrscherin, durch unsern Fleiß seinen Absichten zuvorkommen und alsbald in Gottes Namen abreisen, denn es ziemt sich nicht, daß Eure Hoheit länger verweile und ich mich noch länger zurückhalte, Eurem Widersacher unter die Augen zu treten.«
    Hier schwieg Don Quixote und sagte nichts weiter, indem er in ruhiger Stellung die Antwort der schönen Infantin erwartete. Diese erwiderte ihm mit würdiger Gebärde und in seiner Manier auf folgende Weise: »Sehr danke ich Euch, Herr Ritter, für das Verlangen, welches Ihr bezeugt, mir in meiner großen Bedrängnis beizustehen, wie es einem Ritter geziemt, dem es auferlegt ist, Waisen und Notleidenden ein Helfer zu sein; gebe nur der Himmel, daß meine und Eure Wünsche erfüllt werden, damit Ihr seht, daß es dankbare Frauen in der Welt gibt. Was meine Abreise betrifft, so mag sie sogleich vor sich gehen, denn mein Verlangen dazu ist so heftig wie das Eurige; Ihr habt über meinen Willen unumschränkt zu gebieten; denn da ich Euch die Beschützung meiner Person übergab und in Eure Hände die Wiedererlangung meiner Würde legte, so darf ich dem niemals widersprechen, was Eure Weisheit anzuordnen für gut befindet.«
    »In Gottes Namen«, sagte Don Quixote, »da eine Gebieterin sich so erniedrigt, will ich die Gelegenheit nicht versäumen, selbige zu erhöhen und auf ihren rechtmäßigen Thron zu setzen. Sogleich wollen wir abreisen, denn der Boden brennt hier unter meinen Füßen, im Zögern liegt die Gefahr; und da der Himmel nichts erschaffen, die Hölle nichts hervorgebracht, was mich in Furcht und Schrecken setzen könnte, so sattle du, Sancho, flugs den Rozinante, bereite deinen Esel sowie den Zelter der Königin, und wir wollen vom Kastellan und diesen Herren Abschied nehmen, um uns gleich diesen Augenblick auf den Weg zu machen.«
    Sancho, der zugegen war, sagte, indem er den Kopf von einer Seite zur andern schüttelte: »Ach, lieber, bester, gnädiger Herr! Ei! Ei! Da fällt mehr Böses im Dörfchen vor, als man sich träumen läßt, mit Erlaubnis aller der geputzten Damen zu sagen.«
    »Welch Böses könnte für mich in irgendeinem Dorfe, ja in allen Städten der Welt sein, das ausgesprochen zu meiner Herabsetzung dienen könnte, du Lump?«
    »Wenn Ihr böse werdet«, antwortete Sancho, »so will ich schweigen und lieber das nicht sagen, wozu ich doch als ein guter Stallmeister verpflichtet wäre und was ein treuer Diener seinem Herrn wohl sagen müßte.«
    »Sage, was du willst«, versetzte Don Quixote, »wenn deine Worte mir nur keine Furcht erregen sollen, denn wenn du dich fürchtest, so handelst du, wie es dir zukömmt, und wenn ich mich nicht fürchte, so handle ich, wie es mir geziemt.«
    »Das ist es gar nicht, so wahr mir Gott helfen soll«, antwortete Sancho Pansa, »sondern daß ich gewiß weiß, ja es selber gesehen habe, daß nämlich diese Dame, die sich für die Königin des großen Mikomikonischen Königreiches ausgibt, das sowenig ist wie meine Mutter; denn wenn sie das wäre, würde sie nicht immer mit dem einen sich schmatzen, der sich hier herumtreibt, sowie man nur den Kopf dreht und den Rücken wendet.«
    Bei diesen Worten des Sancho überzog eine hohe Röte Dorotheas Gesicht, denn ihr Gemahl Don Fernando hatte wirklich einige Male heimlich seine Lippen einen Teil der Belohnung nehmen lassen, die seine Liebe verdiente, dies hatte Sancho gesehen, und er glaubte daher, daß dies mehr einer Buhlerin als der Königin eines großen Reiches zukomme; sie aber konnte und wollte Sancho nichts antworten, sondern ließ ihn fortsprechen, und er sagte weiter: »Dies sage ich nur, mein Herr, daß, wenn wir nun alle Wege und Stege durchlaufen haben, schlimme Nächte und noch schlimmere Tage überstanden, endlich einer die Früchte unserer Arbeit

Weitere Kostenlose Bücher