Don Quixote
hat, sowie über die Bosheiten, die er wohl als Hexenmeister und Zauberer muß ausgeübt haben, alle seine Kunst fortschaffen wollte, und als das vorzüglichste, und welches ihm die meiste Unruhe machte, weil es ihn aus einem Lande in das andere trug, verbrannte er den Zapfenhölzern, damit durch dessen Asche und durch des Blattes Trophäe der Preis des großen Don Quixote von la Mancha ewig gefeiert bleibe.«
Don Quixote sagte der Herzogin von neuem neue Danksagungen, und nach dem Abendessen zog er sich allein in sein Zimmer zurück, ohne zu erlauben, daß ihn jemand begleitete, um ihn zu bedienen: so sehr fürchtete er, auf eine Gelegenheit zu treffen, die ihn bewegen oder zwingen könnte, die Sittsamkeit zu verletzen, die er seiner Dame Dulcinea bewahrte, indem er sich immer die Trefflichkeit des Amadis vor Augen hielt, die Blume und den Spiegel aller irrenden Ritter. Er verschloß hinter sich die Tür und entkleidete sich bei dem Scheine zweier Wachskerzen, und beim Ausziehen – o Unglück, eines solchen Mannes unwürdig! – entschlüpften ihm, nicht etwa Seufzer oder irgend etwas, das den Anstand seiner Sitte verletzt hätte, sondern an zwei Dutzend Maschen im Strumpfe, der dadurch in ein Gitterwerk verwandelt war. Der treffliche Mann wurde hierüber äußerst betrübt und hätte gern für ein Quentchen grüner Seide eine Unze Silber gegeben, nämlich grüner Seide, denn die Strümpfe waren grün.
Hier ruft Benengeli aus und schreibt also: »O Armut, Armut! Ich weiß nicht, was den großen Poeten aus Cordova bewog, dich heilige Schenkung, unerkannte zu nennen, obgleich ich ein Mohr bin, weiß ich doch aus dem Umgange, den ich mit Christen gehabt habe, daß die Heiligkeit in der Barmherzigkeit, Demut im Glauben, dem Gehorsam und der Armut besteht; aber dessenungeachtet sage ich, daß derjenige viel von Gott selbst haben muß, der damit zufrieden ist, arm zu sein, wenn nicht jene Armut damit gemeint ist, von der einer ihrer größten Heiligen sagt: ›Besitzt alle Dinge so, als wenn ihr sie nicht besäßet‹, und welches sie die Armut im Geiste nennen; aber du, o zweite Armut, von der ich jetzt hier spreche, warum willst du dich doch immer lieber Edelleuten und feinen Menschen als andern gegenüberstellen? Warum zwingst du sie doch, durch Rauch die Schuhe zu schwärzen und daß die Knöpfe ihrer Westen teils aus Seide, teils aus Garn und teils aus Glas bestehen? Warum müssen denn ihre Kragen immer wie welkes Kraut einfallen und nicht geformt aufrecht stehen?« (Und hieraus kann man sehen, daß der Gebrauch der Stärke sowie die stehenden Kragen schon eine alte Mode sind.) Er fuhr so fort: »O Unglück eines feinen Mannes, der der Krankenpfleger seiner Ehre ist, der schlecht und bei verschlossenen Türen speiset und dann mit seinem Zahnstocher den Heuchler spielt, mit welchem er auf die Gasse hinaustritt, ohne doch irgend etwas genossen zu haben, das ihn nötigte, die Zähne zu reinigen; unglücklich, sage ich, ist derjenige, den die Ehre in Furcht hält und der sich ängstigt, man möchte auf eine Meile weit den Flicken seines Schuhes, die Abgeschabtheit des Hutes, die Zerscheuerung seines Mantels und den Hunger seines Magens entdecken!« Alles dieses erneuerte sich dem Don Quixote beim Aufspringen seiner Maschen; er tröstete sich aber, als er sah, Sancho habe ihm ein Paar Halbstiefeln dagelassen, welche er am folgenden Tage anlegen wollte. Endlich legte er sich nieder, nachdenkend und schwermütig, sowohl über die Lücke, die ihm Sanchos Abwesenheit machte, als auch über den unersetzlichen Schaden seiner Strümpfe, deren Maschen er so gern aufgenommen hätte, zur Not mit Seide einer anderen Farbe, welches eins der größten Merkmale von Elend ist, die ein Edelmann nur immer im Verlauf seiner mannigfaltigen Dürftigkeit geben kann. Er löschte die Kerzen aus, es war heiß, und er konnte nicht schlafen, er erhob sich vom Bette und öffnete ein Fenster ein wenig, das auf einen schönen Garten stieß, und beim Eröffnen merkte und vernahm er, daß Leute im Garten gingen und redeten; er hörte aufmerksam zu, die unten erhoben die Stimme, so daß er folgende Worte verstehen konnte.
»Dringe nicht in mich, o Emerenzia, daß ich singen soll, denn du weißt, daß, seit der Fremde in dies Schloß gekommen ist und ihn meine Augen gesehen haben, ich nicht singen, sondern nur weinen kann; überdies ist der Schlaf meiner Dame mehr leicht als tief, und ich wollte um alles in der Welt nicht, daß sie uns hier fände;
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