Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Don Quixote

Don Quixote

Titel: Don Quixote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel de Cervantes Saavedra
Vom Netzwerk:
gesetzt aber auch, sie schliefe und wachte nicht auf, so würde mein Singen doch nur vergeblich sein, wenn dieser Aeneas schläft und nicht erwacht, mich zu hören, der in meine Region gekommen ist, mich elend zu machen.«
    »Laß dich nicht abhalten, liebe Altisidora«, war die Antwort, »denn ohne Zweifel schlafen die Herzogin sowie alle, die im Hause sind, ausgenommen der Gebieter deines Herzens und Erwecker deiner Seele, denn ich hörte soeben, wie er das Fenster seines Zimmers eröffnete, und deswegen muß er ohne Zweifel wachen; singe, liebe Betrübte, in einem stillen und sanften Ton zu deiner Harfe, und wenn die Herzogin uns hören sollte, so wollen wir alle Schuld auf die Hitze schieben.«
    »Daran liegt mir nicht am meisten, liebe Emerenzia«, antwortete Altisidora, »sondern ich möchte nicht, daß mein Gesang mein Herz entdeckte und daß die, die mit der gewaltigen Macht der Liebe unbekannt sind, mich für ein freches und leichtsinniges Mädchen hielten; aber komme, was kommen mag, besser die Scham auf dem Gesicht als die Wunde im Herzen«; und hiermit fing sie an, auf eine liebliche Weise die Harfe zu spielen.
    Als Don Quixote dies hörte, war er entzückt, denn in demselben Augenblick fielen ihm die tausend Abenteuer ein, diesem ähnlich, die an Fenstern, Gittern und in Gärten vorkommen, die Ständchen, Liebeserklärungen und Irrsale, die er in seinen Irrsals büchern von der Ritterschaft gelesen hatte. Er bildete sich gleich ein, daß sich eine Jungfrau der Herzogin in ihn verliebt habe und daß die Sittsamkeit sie zwinge, ihre Gedanken verborgen zu halten. Er fürchtete, sie möchte ihn bewältigen, und nahm sich in seinen Gedanken vor, sich nicht besiegen zu lassen, worauf er sich mit seiner ganzen Seele und festem Willen seiner Dame Dulcinea von Toboso empfahl und den Entschluß faßte, die Musik anzuhören, und um zu verstehen zu geben, daß er dort sei, tat er, als wenn er niesen müßte, worüber sich die Mädchen nicht wenig freuten, weil sie nichts anderes wünschten, als daß Don Quixote sie hören möchte. Nachdem man also die Harfe gestimmt und präludiert hatte, fing Altisidora folgende Romanze an:

    O du, der du liegst im Bette,
    Zwischen Hollands Tüchern schlafend,
Ausgestreckt mit beiden Beinen,
Diese Nacht durch bis zum Tage,

    Tapferster von allen Rittern,
Den nur je erzeugt la Mancha,
Edler weit und mehr ausbündig
Als das feine Gold Arabiens:

    Hör ein tiefbekümmert Mägdlein
Guter Zucht in schlimmer Lage,
Die im Lichte deiner Sonnen
Ihre Seele fühlt entflammen.

    Du suchst deine Abenteuer,
Machst dadurch bei andern Abend,
Schlägst die Wunden, die zu heilen
Du beständig doch versagest.
    Sage, Jüngling hohen Preises
(Wende Gott dir jede Plage!),
Wardst geboren du in Lybien,
In dem Berggeklüfte Jaca?

    Preisen mag sich Dulcinea,
Dieses Mägdlein rund und wacker,
Daß sie diesen wilden Tiger
Konnte zwingen, diesen starken.

    Deshalb wird ihr Name fliegen
Von Xarama bis Henares,
Vom Tajo bis zum Manzanares,
Von Pisuerga bis Arlanza.

    Mich mit ihr möcht ich vertauschen,
Einen Rock noch als Zugabe
Gäb ich ihr von meinen bunt'sten,
Schön geschmückt mit goldnen Fransen.

    Wer in deinen Armen ruhte!
Mind'stens deinem Bette nahe,
Sänftlich dir den Kopf zu krauen,
Dir das Haar schön rein zu waschen.

    Viel verlang ich, bin nicht würdig
So erstaunlich großer Gnaden:
Ziehen möcht ich dir die Füße,
Dies wär schon der Demut labend.

    Wieviel Mützchen sollt'st du kriegen, 
    Wieviel Strümpf, silberbeschlagen,
    Wieviel schöne Damasthosen,
    Wieviel Mäntel, Linnen Hollands!

    Wieviel ausgesuchte Perlen,
Jede groß wie ein Gallapfel,
Wie man keine andern findet,
Einz'ge drum mit Recht benamet!

    Sieh nicht vom Tarpejer-Felsen,
Wie mich brennet diese Flamme,
Wehre, Nero aus la Mancha,
Daß dein Zorn sie mehr anfache.

    Mägdlein bin ich, zart, Pucelle,
Funfzehn ist noch nicht mein Alter,
Vierzehn bin ich und drei Monat,
Schwör ich dir bei Gott mit Wahrheit.

    Bin nicht schief, noch wen'ger hinkend,
Kein Ding ist, das mir ermangelt,
Meine Haare sind wie Blumen,
Schleifen nach mir, wenn ich wandle.

    Ist mein Mund auch etwas spitzig
Und ein wenig platt die Nase,
Wie Topasen sind die Zähne,
Dadurch meine Schön' erhaben.

    Wenn du hörst, siehst du die Stimme,
Wie dem Süßesten sie nahe,
Und in meinem Wuchse bin ich
Etwas unterm Mittelmaße.
    Diese noch und andre Reize
Sind für dich nur süße Gaben:
Hier im Hause bin ich Jungfrau,
Altisidora ist mein Name.

    Hiermit endigte

Weitere Kostenlose Bücher