Don Quixote
nur einen Tag auf der Jagd getragen hat und das er ganz der Señora Sanchica schickt.«
»Daß er doch tausend Jahre lebe«, antwortete Sanchica, »und der nicht weniger, der es mir gebracht hat, und wenn es auch zweitausend Jahre sein müßten.«
Therese ging nun mit den Briefen und mit der Schnur um den Hals aus dem Hause, indem sie immer auf die Briefe schlug, als wenn sie eine Handtrommel gewesen wären, so begegneten ihr von ungefähr der Pfarrer und Simson Carrasco, sie fing an zu springen und sagte: »Meiner Seel, aus ist es mit der Armut, wir haben ein Statthalterschaftchen! Jaja, nun soll sich's nur eine Adelige herausnehmen, wenn sie auch noch so hoch aufgestutzt ist; ich will ihr schon den Kopf zurechtsetzen!«
»Was ist das, Therese Pansa! Welche Torheiten sind das, und was sind dieses für Papiere?«
»Keine Torheiten weiter, als daß das Briefe von Herzoginnen und von Statthaltern sind, und was ich um den Hals habe, sind herrliche Korallen; die Ave-Marias und die Paternosters sind von geschlagenem Golde, und dann bin ich eine Statthalterin.«
»Gott mag uns helfen, wir verstehen Euch nicht, Therese, wir wissen nicht, was Ihr sprecht.«
»So könnt Ihr es hier sehen«, antwortete Therese und gab ihnen die Briefe. Der Pfarrer las sie laut, daß Simson Carrasco sie hören konnte, und Simson und der Pfarrer sahen sich einander an, voll Erstaunen über das, was sie gelesen hatten; und der Baccalaureus fragte, wer diese Briefe gebracht habe. Therese antwortete, sie möchten mit ihr nach Hause kommen und den Boten sehen, denn es sei ein Junge wie eine goldene Fichte, der noch ein anderes Geschenk bei sich habe, das wohl mehr als noch einmal soviel wert sei. Der Pfarrer nahm die Korallen vom Halse, betrachtete sie und betrachtete sie wieder, und da er sich versichert hatte, daß sie echt waren, verwunderte er sich von neuem und sagte: »Bei meinem Amte, ich weiß nicht, was ich sagen noch was ich von diesen Briefen und diesen Geschenken denken soll; auf der einen Seite sehe ich die Echtheit dieser Korallen, und auf der andern lese ich, daß eine Herzogin bittet, man möchte ihr zwei Dutzend Eicheln schicken.«
»Bringe mir einer einmal diese Rechnung heraus!« sagte hierauf Carrasco; »also dann kommt, daß wir den Überbringer dieses Schreibens sehen, daß wir den Unbegreiflichkeiten näher nachfragen, die wir nicht einsehen können.«
»Sie taten es, und Therese kehrte mit ihnen um. Sie fanden den Pagen, indem er für sein Pferd etwas Hafer schwang, und Sanchica, die ein Stück Schinken herunterschnitt, um es mit Eiern zu backen und es dem Pagen zu essen zu geben, dessen Äußeres und guter Anzug beiden sehr gefiel. Nachdem sie sich gegenseitig höflich begrüßt hatten, bat ihn Simson, ihnen sowohl Nachrichten von Don Quixote als von Sancho Pansa mitzuteilen, denn sie hätten zwar die Briefe des Sancho und der Frau Herzogin gelesen, wären aber noch immer in Verwirrung und könnten nicht begreifen, was es mit der Statthalterschaft des Sancho auf sich habe, vollends über eine Insel, da doch alle oder die meisten, die im Mittelländischen Meere lägen, Seiner Majestät zugehörten.«
Worauf der Page antwortete: »Daß der Herr Sancho Pansa Statthalter sei, leidet keinen Zweifel, ob es aber eine Insel ist oder keine, die er regiert, darauf will ich mich nicht einlassen; genug, daß es ein Ort ist, der mehr als tausend Einwohner enthält. Was aber die Eicheln betrifft, so muß ich sagen, daß meine Herzogin so gnädig und herablassend ist, daß es nicht auffällt, wenn sie zu einer Bauerfrau schickt und sie um Eicheln bittet; es hat sich wohl getroffen, daß sie einmal zu einer Nachbarin geschickt hat, um von ihr einen Kamm zu borgen: denn Ihr müßt wissen, meine Herren, daß die Damen in Aragon, wenn sie auch noch so vornehm sind, sich nicht so zeremoniös und stolz wie die kastilianischen Damen betragen; sondern sie behandeln alle Leute mit mehr Herablassung.«
Mitten in diesem Gespräch kam Sanchica mit etlichen Eiern herbei und fragte den Pagen: »Sagt mir doch, lieber Herr, trägt denn mein Herr Vater vielleicht angehäkelte Hosen, seitdem er Statthalter ist?«
»Ich habe darauf nicht achtgegeben«, antwortete der Page, »aber er trägt sie ohne Zweifel.«
»Ach du liebster Gott!« versetzte Sanchica, »o wie muß das das Herz erquicken, meinen Vater mit Pluderhosen zu sehen! Ist es nicht recht besonders, daß ich, seit ich auf der Welt bin, das schrecklichste Verlangen habe, meinen Vater in
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