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Don Quixote

Don Quixote

Titel: Don Quixote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel de Cervantes Saavedra
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daß es nichts Geringes ist, wenn sich ein Mensch bei kaltem Blute peitschen soll, vollends wenn die Schläge auf einen erschöpften und schlecht gefütterten Körper fallen; die gnädige Dulcinea muß sich gedulden, denn wenn man es am wenigsten denkt, wird man von Hieben die Sonne durch mich scheinen sehen, und bis zum Tode ist alles Leben; ich meine, daß ich das Leben noch habe und zugleich noch den Vorsatz, das auszurichten, was ich versprochen habe.«
    Don Quixote dankte ihm, aß ein wenig und Sancho viel, worauf sich beide zum Schlafen hinlegten, indem sie ohne Zwang und Aufsicht von dem reichlichen Grase, mit welchem die Wiese bewachsen war, die beiden treuen Gefährten und Freunde fressen ließen, Rozinante und den Grauen. Sie erwachten etwas spät, stiegen wieder auf, um ihren Weg fortzusetzen, indem sie eilten, eine Schenke zu erreichen, die dem Anscheine nach nur eine Meile entfernt vor ihnen lag. Ich sage, daß es eine Schenke war, denn Don Quixote nannte sie so, gegen seine Gewohnheit, nach der er alle Schenken Kastelle zu heißen pflegte. Sie erreichten sie hierauf, fragten den Wirt, ob er ein Zimmer für sie habe. Dies wurde mit Ja beantwortet, nebst aller Bequemlichkeit und Bewirtung, die sie nur in Saragossa finden könnten. Sie stiegen ab, und Sancho schaffte seine Sachen in ein Zimmer, zu welchem ihm der Wirt den Schlüssel gab. Er führte die Tiere in den Stall, gab ihnen ihr Futter und sah dann nach Don Quixote, um nach dessen Befehlen zu fragen, den er auf einer Bank sitzend fand, indes Sancho dem Himmel heimlich dankte, daß seinem Herrn diese Schenke nicht als ein Kastell vorgekommen war. Die Stunde des Abendessens kam herbei, und sie begaben sich auf ihr Zimmer; Sancho fragte den Wirt, was er ihnen zum Abendessen geben könne. Worauf der Wirt antwortete, daß er sich den Mund nur möchte wässern lassen, er möchte also fordern, wozu ihn gelüstete, denn mit allen Geflügeln der Luft, Vögeln der Erde und Fischen der See sei die Schenke versehen. »Soviel ist nicht nötig«, antwortete Sancho, »wir wollen mit ein paar gebratenen Kücheln zufrieden sein, denn mein Herr ist delikat und ißt wenig, und ich bin auch kein so außerordentlicher Fresser.«
    Der Wirt antwortete, daß er keine jungen Kücheln hätte, weil sie alle von den Stoßvögeln geholt seien. »Nun, so lasse uns der Herr Wirt«, sagte Sancho, »eine Henne braten, wenn sie nur zart ist.«
    »Henne, o du himmlicher Vater!« rief der Wirt aus, »so habe ich doch meiner Seele gestern funfzig Hennen nach dem Markte geschickt; aber dieses ausgenommen, mag mein Herr nur fordern, wozu er Lust hat.«
    »Auf die Art«, sagte Sancho, »wird es nicht an Kalb- oder Ziegenfleisch fehlen.«
    »Für jetzt habe ich keins im Hause«, antwortete der Wirt, »denn es ist alle; aber künftige Woche habe ich es im Überfluß.«
    »Wir sind gut angekommen«, antwortete Sancho; »ich wette, daß alle der Überfluß auf Speck und Eier hinauslaufen wird.«
    »Bei Gott«, antwortete der Wirt, »der Herr Gast ist doch in der Tat auf anmutige Art einfältig; sagt mir nur, wenn ich weder Kücheln noch Hühner habe, wo ich Eier herkriegen soll? Nein, fahrt nur fort, auf andre Delikatessen zu denken, und schlagt Euch alles, was die Hühner angeht, aus dem Sinne.«
    »Macht zum Henker ein Ende«, sagte Sancho, »und sagt mir kürzlich, was Ihr habt, daß wir mit den Beratschlagungen fertig werden.«
    »Herr Gast«, sagte der Wirt, »was ich wirklich und wahrhaftig habe, sind zwei Ochsenbeine, die aber Kälberfüße scheinen; oder zwei Kälberfüße, die Ochsenbeine scheinen; sie sind mit Erbsen, Zwiebeln und Speck gekocht und reden einen unaufhörlich an: ›Iß mich, iß mich!‹«
    »Die bleiben gleich für mich«, sagte Sancho, »und keiner soll sie anrühren, ich will sie besser als ein anderer bezahlen, denn ich hätte für meinen Geschmack nichts Herrlicheres finden können, auch ist es mir ebenso recht, wenn es Beine als wenn es Füße sind.«
    »Keiner soll sie anrühren«, sagte der Wirt, »denn meine andern Gäste sind so vornehm, daß sie Koch, Essen und Trinken bei sich haben.«
    »Wenn es auf vornehm ankommt«, sagte Sancho, »so ist keiner mehr als mein Herr; aber sein Stand erlaubt ihm nicht, daß er Küche oder Keller bei sich hat; da strecken wir uns mitten auf einer Wiese hin und essen uns an Eicheln oder Mispeln satt.«
    Dieses Gespräch führte Sancho mit dem Wirte, ohne daß Sancho weiter etwas antworten wollte, denn jener hatte schon

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