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Don Quixote

Don Quixote

Titel: Don Quixote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Miguel de Cervantes Saavedra
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fühlte, daß er sich vor Vergnügen nicht zu lassen wußte. Sancho machte so viele Späße, daß alle Bedienten im Hause und alle, die ihm zuhörten, an seinen Mund gleichsam gefesselt waren. Bei Tische sagte Don Antonio zu Sancho: »Wir haben hier erfahren, wackerer Sancho, wie Ihr ein so großer Freund von Gallert und Fleischklößchen seid, daß, wenn Euch davon etwas übrigbleibt, Ihr es im Busen für den folgenden Tag aufbewahrt.«
    »Nein, gnädiger Herr, dem ist nicht so«, antwortete Sancho, »denn ich bin reinlich und nicht gierig, und mein gnädiger Herr Don Quixote, der sich gegenwärtig befindet, weiß recht gut, daß wir uns oft mit einer Handvoll Eicheln und Nüsse wohl acht Tage zu behelfen pflegen; es ist wahr, daß, wenn es mir einmal begegnet, daß sie mir schenken die Kuh, so lauf ich mit dem Stricke zu; ich meine, daß ich esse, was man mir gibt, und daß ich die Zeiten nehme, wie ich sie finde; wer aber sagen will, daß ich ein ungeziemlicher und unreinlicher Fresser sei, der mag mir glauben, daß er nicht die Wahrheit spricht, und ich würde dies noch auf eine andre Art sagen, wenn ich nicht die ehrenvollen Bärte bedächte, die hier am Tische sind.«
    »Wahrlich«, sagte Don Quixote, »die Kärglichkeit und Reinlichkeit, mit welcher Sancho ißt, verdient wohl auf erzene Tafeln geschrieben und gegraben zu werden, damit sie den künftigen Zeitaltern zum ewigen Gedächtnisse bleiben. Wahr ist es, daß, wenn er Hunger hat, er etwas gierig scheint, denn er ißt alsdann hastig und kaut auf beiden Backen; aber dennoch geht ihm die Sauberkeit über alles, und in der Zeit, in welcher er Statthalter war, aß er mit solcher Zimpferlichkeit, daß er sogar die Weinbeeren, ja selbst die Kerne der Granate mit dem Munde von der Gabel nahm.«
    »Wie!« rief Don Antonio aus, »Statthalter ist Sancho gewesen?«
    »Ja«, antwortete Sancho, »und zwar von einer Insel, die Barataria hieß. Zehn Tage habe ich sie regiert, daß es nur so sein mußte; in der Zeit verlor ich meine Ruhe und lernte alle Statthalterschaften auf der Welt verachten; ich lief endlich heraus, fiel in eine Höhle, wo ich mich schon für gestorben hielt, aus der ich aber doch durch ein Wunderwerk lebendig herauskam.«
    Don Quixote erzählte umständlich den ganzen Verlauf von der Statthalterschaft des Sancho, womit er den Zuhörern ein großes Vergnügen verschaffte.
    Man stand vom Tische auf, und Don Antonio faßte den Don Quixote bei der Hand und ging mit ihm in ein abgelegenes Zimmer, in welchem sich keine andere Verzierung befand als ein Tisch, dem Anscheine nach von Jaspis, der auf einem Fuße von dem nämlichen Steine ruhte und auf den nach Art der Köpfe von römischen Kaisern eine Büste gestellt war, die von Bronze zu sein schien. Don Antonio ging mit Don Quixote im Zimmer auf und ab, indem sie oftmals um den Tisch gingen; endlich sagte er zu ihm: »Jetzt, Herr Don Quixote, da ich überzeugt bin, daß uns keiner sehen oder hören kann und daß diese Tür verschlossen ist, will ich Euch, mein Herr, eins der wunderbarsten Abenteuer oder, richtiger zu reden, eine Seltsamkeit erzählen, die man kaum wunderlicher ersinnen könnte, doch unter der Bedingung, daß dasjenige, was ich Euch sagen will, in den letzten Tiefen des Geheimnisses aufbewahrt werden muß.«
    »Das schwöre ich Euch«, antwortete Don Quixote, »ja, ich will zu größerer Sicherheit einen Grabstein darüber wälzen, so daß Ihr wissen müßt, Herr Don Antonio« – denn sein Name war ihm schon bekannt –, »daß derjenige, mit dem Ihr sprecht, zwar ein Ohr hat, zu hören, aber keine Zunge, um zu sprechen, so daß Ihr mit Sicherheit dasjenige in meinen Busen ausschütten könnt, was Ihr in dem Eurigen habt, und zugleich überzeugt sein, daß Ihr es alsdann zu den Abgründen des Stillschweigens hinunterstürztet.«
    »Im Vertrauen auf dieses Versprechen«, antwortete Don Antonio, »will ich Euch durch das, was Ihr sehen und hören werdet, in Verwunderung versetzen und mir selbst eine Erleichterung meiner Qual verschaffen, die dadurch entsteht, daß ich niemanden habe, dem ich meine Geheimnisse mitteilen kann, denn sie sind von der Art, daß man sie nicht allen vertrauen darf.«
    Don Quixote war gespannt, indem er erwartete, wo diese Einleitungen hinauswollten. Indes faßte Don Antonio seine Hand und führte sie über den Kopf von Bronze, über den ganzen Tisch und über das Fußgestell von Jaspis, auf welchem er ruhte, und sagte hierauf : »Dieser Kopf, Herr Don Quixote,

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