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Donaugrund (German Edition)

Donaugrund (German Edition)

Titel: Donaugrund (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonja Silberhorn
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einholen?«
    »Hab ich alles schon angefordert in der Zwischenzeit«, antwortete Herbert.
    Nanu, der lief ja heute noch zu absoluter Hochform auf!
    »Was schätzt ihr, wie lang euer Toter schon im Fluss vor sich hin dümpelt?«
    »Schwer zu sagen bei den Temperaturen«, musste ich passen. »Raphael, wie lang schwimmt der schon?«
    »Die leicht abgelöste Haut, die Flecken, der aufgeschwemmte Körper … Zwei bis vier Wochen, schätze ich. Hängt davon ab, wann er hier angetrieben wurde«, antwortete er fachmännisch.
    »Raphael tippt auf zwei bis vier Wochen«, gab ich weiter.
    »Hab ich schon gehört, ich bin ja nicht taub«, brummelte Herbert. »Ja, dann könnte er’s sein. Jan Wahlner. Wurde am 20.   Dezember von seiner Frau Beate als vermisst gemeldet. Siebenunddreißig Jahre alt, verheiratet, zwei Töchter. Aus Lappersdorf«, informierte er mich im Telegrammstil. »Sämtliche Suchmaßnahmen waren erfolglos. Er ist von der Weihnachtsfeier seiner Firma verschwunden und nicht mehr aufgetaucht.«
    »Bis heute. Im wahrsten Sinne des Wortes«, fügte ich spröde hinzu, verabschiedete mich von Herbert und legte auf.
    »Weihnachtsfeier«, sagte ich bloß und wies mit dem Kopf auf die Leiche. »Also, falls das unser Vermisster ist.«
    »Das war dann wohl ein Bier zu viel«, kommentierte Raphael, ignorierte Schwingshackls entrüstetes Schnauben und sah auf, als endlich Motorengeräusche von der Straße ertönten und lauter wurden. Kurz darauf kam der Transporter der Spurensicherung zum Stehen und Michi Bauer, der Leiter des Regensburger Erkennungsdienstes, die Rampe hinuntergelaufen.
    Nach einer knappen Begrüßung – es musste an der Kälte liegen, dass jeder besonders kurz angebunden war – nahm Michi den Toten genauer in Augenschein. »Da kann ich nicht viel machen«, sagte er. »Ist ja nur der Fundort, sicher nicht der Ort des Geschehens. Der hat ein paar Kilometer zurückgelegt, so wie er aussieht«, bestätigte er das Offensichtliche und deutete auf die Schürfwunden. »Spuren findet man da schon lang nicht mehr. Haben wir hier Hinweise auf seine Identität?« Michi tastete die prall gespannte Oberfläche der Jacke vorsichtig an den Seiten ab. »Da ist doch was drin.« Er griff ein kleines Stück weit unter die rechte Bauchseite des Toten, befühlte die Jackentasche erneut und bedachte uns mit einem vorwurfsvollen Blick. »Hattet ihr etwa Angst, dass euch der noch was tut?«
    »Nö«, antwortete Raphael. »Eher, dass er auseinanderfällt.«
    Vorsichtig zog Michi den Reißverschluss der Tasche auf und förderte einen klassischen Herrengeldbeutel aus Leder zutage. Er klappte ihn auf und wurde in Sekundenschnelle fündig. »Jan Wahlner«, sagte er und fixierte den Personalausweis.
    »Bingo.«
    »Gerade mal siebenunddreißig Jahre alt«, rechnete Michi nach. »Das ist er?«
    »Ja. Sonst noch was Verwertbares im Geldbeutel?«
    »Alles ziemlich durchweicht.« Michi zeigte uns die zusammengepappten Fetzen, die vormals ein Bündel Geldscheine gewesen sein mussten, und klappte dann ein weiteres Fach auf. »Kreditkarten. Führerschein …« Er überprüfte den Namen und wedelte mit den Plastikkarten. »Somit können wir ihn wohl als identifiziert betrachten.«
    »Ich tendiere stark dazu, diese ungastliche Stätte zu verlassen und seine Frau zu informieren. Was meinst du?«, fragte Raphael mich und warf mir einen mitleidigen Blick zu. Wahrscheinlich waren meine Lippen schon wieder blau gefroren. Spüren konnte ich sie jedenfalls nicht mehr.
    Ich nickte. Daran, Jan Wahlners Frau zu informieren, führte ohnehin kein Weg vorbei, und hier weiter auf das Erscheinen des Rechtsmediziners zu warten, und das bei einer Totalsperre auf der Autobahn, war weder reiz- noch sinnvoll.
    Raphael wandte sich mit einem süffisanten Grinsen an Polizeihauptmeister Schwingshackl. »Vielleicht beruhigt es Sie, dass der Kollege von der Rechtsmedizin kurz vor der Pensionierung steht. Auf jemanden mit so viel Erfahrung warten Sie bestimmt gerne.« Er drückte Schwingshackl seine Visitenkarte in die vor Kälte zitternde Hand. »Rufen Sie uns doch bitte an, wenn er hier eintrifft. Danke schön.«
    Wie immer, wenn es um das Überbringen einer Todesnachricht ging, war Raphael schon im Vorfeld schweigsam. Er nagte an seiner Unterlippe, trommelte mit den Fingerkuppen auf dem Lenkrad herum und schien meine Seitenblicke nicht zu bemerken.
    Auch mir graute es jedes Mal wieder davor, jemanden über den Tod eines nahestehenden Menschen zu informieren. Es war

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