Donaugrund (German Edition)
ein Scharmützel konnte der Gegner leider für sich entscheiden. (Von wegen konsequent.) Als Rechtfertigung kann ich nur hervorbringen, dass ich an diesem Abend reichlich geschwächt durch Alkoholeinfluss und eine gehörige Portion Dankbarkeit war. Und die Alice-Schwarzer-Klone hatten vermutlich schon Feierabend. Zum Glück habe ich die bedingungslose Kapitulation noch abgewendet, ich habe nämlich nicht vor, klein beizugeben!
Da kann er, so wie jetzt, mit sorgenvoll gerunzelter Stirn auf seinen Monitor starren, bis die Runzeln zu Schluchten werden! Und seine verstohlenen Seitenblicke, die mir durch meine verstohlenen Seitenblicke natürlich nicht verborgen bleiben, nehme ich ihm auch nicht ab. Alles Masche. Mit Männern kenn ich mich schließlich aus.
»Soderla.« Herbert schlurfte mit der Kaffeetasse in Händen zurück ins Büro und kratzte sich am Hinterkopf, bevor er sich ächzend in seinen Drehstuhl fallen ließ. Auch der Stuhl ächzte. »Ich hab mir gedacht, nachdem es so ruhig ist und die Kollegen vom K2 nichts abzugeben haben, könnten wir …«
»… Feierabend machen und ein Bierchen trinken gehen«, warf Raphael ein.
»Oder ein bisschen shoppen«, schlug ich vor.
»Sauna«, fiel Raphael ein.
»Betriebsausflug ins Wellness-Hotel«, ergänzte ich.
Herbert sah uns missmutig an. »Also, die Arbeitsmoral der jungen Leute ist auch nicht mehr das, was sie mal war. Herrschaftszeiten, was soll das hier bloß werden, wenn ich mal in Rente bin? Glaubt ihr, der Steuerzahler blecht dafür, dass wir hier Kaffeekränzchen veranstalten?«
Ich warf einen Blick auf den Kalender. Alles klar – der erste Mittwoch im Monat. Der Tag, an dem Herberts Frau ihrem Gatten traditionell Grünkernbratlinge servierte, um den Diätvorschriften wenigstens einmal im Monat Genüge zu tun. Zu unserem Leidwesen war dieser Anlass ebenso traditionell ein Garant für die äußerst schlechte Laune des Diätopfers. Auch Raphael wies mit dem Kopf auf den Kalender und grinste.
Was Herbert nicht entging: »Ja, lach du nur. Du wirst ja auch nicht mit diesem Vogelfutter gequält. Und jetzt dalli, schnappt euch ein paar von den alten Aktenleichen – das ist längst überfällig.«
»Wow, das ist ja mal was ganz Spannendes«, erwiderte Raphael übertrieben enthusiastisch. »Was dagegen, wenn ich noch ein paar Tage Urlaub mache?«
Herbert setzte grummelnd zu einer Antwort an, aber das Klingeln seines Telefons verhinderte einen bissigen Kommentar. »Kripo Regensburg, Hoffmann«, bellte er in den Hörer.
»Mit Herbert in die Sauna …«, raunte ich Raphael zu und tippte mir an die Stirn. »Das fehlt mir gerade noch.«
»Ich habe dabei auch eher an dich gedacht.«
Zum Glück ersparte mir Herberts sichtlich angespannter werdende Miene eine Antwort.
»Ja, verstanden«, sagte er schließlich. »Wir sind gleich da. Danke.« Er legte auf und sah ernst in die Runde. »Das war die Einsatzzentrale. Sieht so aus, als würde weder aus euren noch aus meinen Plänen was. Ihr müsst los, in der Tanzschule Rossbacher wurde die Besitzerin tot aufgefunden. Offensichtlich erschossen, soweit das aus ihrer hysterischen Nichte rauszubekommen war.«
»Nett, dass sie damit bis nach meinem Urlaub gewartet haben«, antwortete Raphael.
Ich konnte mir ein sprödes Lächeln nicht verkneifen. »Herzlich willkommen zurück.«
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