Donaugrund (German Edition)
nicht geworden?
»Huch«, hörte ich Raphael erschrocken sagen, bevor er glucksend ein Lachen unterdrückte.
»Was, ›huch‹?« Ich rieb vorsichtig über meine Augen. Was aus unerfindlichen Gründen außerordentlich wehtat.
»›Huch‹ im Sinne von ›Was ist denn hier passiert?‹«, sagte Raphael und gluckste noch einmal. »Sarah, du musst jetzt sehr stark sein.«
Angestrengt schlug ich nun doch endlich die Augen auf, ohne meine kühlenden Hände von den Unterlidern zu nehmen. Irgendwie fühlten sich die heute anders an. Und weshalb war mein Gesicht so heiß? Fieber? Das fehlte mir gerade noch. »Was ist?«, fragte ich.
»Deine Augen sehen nicht nach Zellerneuerung aus«, sagte er und streichelte mir mitleidig übers Haar. »Eher nach Zellverzehnfachung.«
»Das ist nicht witzig«, blökte ich Herbert an, der sein dröhnendes Lachen nach unserer Schilderung des Anti-Falten-Experiments kaum mehr unter Kontrolle brachte. »Und wenn du nicht sofort aufhörst zu lachen, verpass ich dir eine Abreibung mit dieser Spezialcreme.«
Das wirkte. Herbert atmete tief durch und beruhigte sich endlich wieder. »Aber warum siehst du eigentlich nicht so aus, als hätte man deine Augäpfel durch Tennisbälle ersetzt?«, wandte er sich an Raphael.
Darüber hatte ich mich auch schon geärgert. Und den Verdacht geäußert, dass er selbst auf das Experiment verzichtet und mich unter Vorspiegelung falschen Eigenengagements als Versuchskaninchen missbraucht hatte. Das hatte Raphael aber vehement abgestritten.
»Weil ich sowieso schon so gebeutelt bin. Eine mit der Landeshauptstadt liebäugelnde Karrierefrau als Freundin, da wollte mich die Kosmetikindustrie nicht noch zusätzlich zum Gespött der Leute machen«, antwortete Raphael. »Obwohl du natürlich immer noch bezaubernd und ganz und gar nicht nach Gespött aussiehst, Spatzl.«
»Gleich setzt’s was«, schimpfte ich und fuhr dann an Herbert gewandt fort: »Der hat doch immer so ein Glück. Dem könntest du wahrscheinlich Säure ins Gesicht kippen, ohne dass was passiert. Und jetzt wäre es schön, wenn wir zur Tagesordnung übergehen könnten. Hat sich der Schneck schon gemeldet?«
»Freilich«, antwortete Herbert mit mühsamem Ernst. »Er erwartet dich in seinem Büro. Nimm aber lieber deinen Dienstausweis mit, für den Fall, dass er dich nicht gleich erkennt.«
Mit einem Schnauben stapfte ich aus dem Büro.
Schneck erwartete mich mit einem freundlichen Lächeln, was ich vorsichtig als gutes Omen auffasste. Kaum hatte ich mich gesetzt, nickte er nachsichtig. »Also gut, Frau Sonnenberg. Die › SOKO Stadtpark‹ ist einigermaßen stark besetzt, sodass ich Ihnen im Fall Wahlner noch ein bisschen Zeit einräumen kann.«
Ich atmete auf und lächelte ihn dankbar an.
»Aber«, fuhr er fort, »wirklich nur bis zum Ende dieser Woche. Sollte es dann keine bahnbrechenden Erkenntnisse geben, müssen wir diesen Fall auf Eis legen. Das ist Ihnen klar?« Sein strenger Blick täuschte nicht darüber hinweg, dass er das nur betonte, um nicht allzu nachgiebig zu wirken.
»Natürlich«, antwortete ich. »Kein Problem. Bis dahin wissen wir sicher mehr.« Ich schickte ein verbindliches Lächeln hinterher.
Er nickte begütigend. »Ich vertraue da auf Ihre Intuition, die hat uns ja schon oft genug gute Dienste erwiesen.«
Ich verkniff mir den Hinweis, dass meine Intuition momentan zum einen von Raphael und Moritz schlichtweg ignoriert wurde und zum anderen auch nicht wirklich Bahnbrechendes zutage förderte. Dabei war ich mir sicher –
»Und wenn Sie in dieser Ermittlung nicht mal wegen einer solch schlimmen Bindehautentzündung fehlen wollen, dann …«, unterbrach Schneck meine Gedanken und sah mich mitfühlend an.
»Äh … ja«, antwortete ich und verkniff mir den Hinweis auf das Faltencreme-Experiment.
»Haben Sie sich eigentlich schon entschieden?« Plötzlich durchbohrte er mich mit seinem Blick.
Verlegen schlug ich die verquollenen Augen nieder. »Dazu ist noch keine Zeit gewesen. Geben Sie mir noch bis Ende der Woche, okay? Dann liefere ich Ergebnisse im Fall Wahlner und eine Entscheidung in Bezug auf das LKA . Versprochen.« Im selben Augenblick verfluchte ich mich dafür, den Mund so voll genommen zu haben. Reichte ja noch nicht der Zeitdruck bei den Ermittlungen. Eine tolle Idee, sich auch noch persönlich unter Druck zu setzen.
Schneck entließ mich mit einer Abschiedsgeste aus der Audienz. »Gute Besserung!«, rief er mir noch nach.
Schnurstracks schlug ich
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