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Donaugrund (German Edition)

Donaugrund (German Edition)

Titel: Donaugrund (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonja Silberhorn
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den Weg in die Teeküche ein, wo die Sportbegeisterten unter den Kollegen im Gefrierfach eine stattliche Anzahl Kühlpads horteten. Irgendwie musste der Mutation meiner Augenlider schließlich beizukommen sein. Ich hoffte sehr, dass man dazu nicht ein Gegengift aus tropischen Blüten entwickeln musste.
    Kaum hatte ich – zur Erheiterung der beiden anwesenden Herren angetan mit einem gepunkteten Kühlbeutel – im Büro die frohe Kunde über Schnecks Entgegenkommen verbreitet, schrillte mein Telefon. Die Nummer kam mir bekannt vor, wenigstens die ersten fünf Ziffern. War das nicht HEUREKA ?
    »Sonnenberg, Kripo Regensburg«, ließ ich den Anrufer wissen und warf Raphael einen alarmierten Blick zu.
    Zuerst erklang nur ein tonloses Schluchzen, dann endlich sagte eine mühsam unter Kontrolle gehaltene Frauenstimme: »Sie müssen herkommen, bitte … Sie müssen mir helfen.«
    Das klang dramatisch. Unweigerlich legte ich den Kühlbeutel ab. »Wer spricht da?«
    Raphael beobachtete mich besorgt.
    »Entschuldigung, ich …«, schluchzte die Frau in den Hörer. Endlich erkannte ich sie, obwohl ihre Stimme unverhältnismäßig schrill klang. »Celia Kleingrün. Es ist nur … er ist tot … und …«
    Der Schock ließ mein Herz einen Schlag aussetzen. Oh mein Gott – ein weiterer Toter? Oder … Vielleicht sprach sie auch nur von Wahlner, dessen Tod sie erst jetzt vollumfänglich erfasst hatte? So neben der Spur, wie sie klang, wäre das nicht weiter erstaunlich. Keine Panik, Sarah. »Wer ist tot?«, fragte ich dennoch hektisch, und Raphael rumpelte von seinem Schreibtisch auf.
    »Der Vogel«, schluchzte sie wieder und bemühte sich hörbar um eine klare Artikulation.
    »Welcher Vogel?« Gingen die Nerven jetzt vollends mit ihr durch?
    »Er liegt da und starrt mich an, und …« Ich hörte, wie sie von Schluchzern geschüttelt wurde, dann vernahm ich eine Männerstimme, die ihm Hintergrund auf sie einsprach.
    »Werden Sie gerade bedroht, Frau Kleingrün?«, fragte ich sofort. Horrorszenarien von einem durchgedrehten Leo Wollenschläger, der erst einen Hahn geopfert hatte und ihr nun mit dem Messer zu Leibe rückte, nahmen vor meinem inneren Auge Gestalt an.
    »Nein, es ist nur der Vogel … Er liegt da in meiner Schublade.« Sie schniefte und räusperte sich, dann klang ihre Stimme wieder etwas fester. »Es wäre gut, wenn Sie sich das ansehen könnten.«
    »Wir sind sofort da«, antwortete ich, schmiss den Hörer auf die Gabel und wedelte motivierend in Raphaels Richtung. »Los, pack deinen Kumpel Moritz ein. Wir müssen zu HEUREKA .«
    »Was ist passiert?«, fragte Raphael und stand schon am Garderobenständer.
    »Ein Vogel«, antwortete ich achselzuckend und schnappte mir den Kühlbeutel.
    »Was?«, fragte Herbert entgeistert.
    »Nix für dich. Er ist vermutlich nicht gebraten, und es gibt wohl auch keine Knödel dazu. Bis später.«
    »Ich habe die Schublade geöffnet, um den Locher herauszuholen, und dann lag sie da …« Celia Kleingrüns Augen waren vor Schock weit aufgerissen, als ihr Blick wieder auf die Taube fiel, die dort pittoresk drapiert zwischen einem Päckchen Tampons, besagtem Locher und einer Packung Schmerztabletten lag. Ihre Hände zitterten. Schnell wandte sie den Blick wieder ab und sah sich hilfesuchend nach André König um, der mit betroffenem Gesichtsausdruck neben ihr stand und sofort bekräftigend nickte.
    »Celia hat natürlich sofort geschrien wie …«
    »Am Spieß«, kam ihm Raphael wenig feinfühlig zu Hilfe. Angesichts der blutigen, wenn auch eher kleinen Bauchverletzung des toten Tiers, die wieder einmal auf die Taubenspikes zurückzuführen war, hätte ich persönlich eine andere Formulierung gewählt.
    Ich beugte mich wieder über die Schublade. Der Kopf des Vogels war wie vor Erschöpfung zur Seite geneigt, die Augen trübe und das helle Gefieder glanzlos. »Wann haben Sie diese Schublade zuletzt geöffnet, Frau Kleingrün? Ich meine, vor heute Morgen.« Unter der Taube entdeckte ich ein lose zusammengefaltetes Stück Papier, auf dem sich kleine Pfützen gebildet hatten – der Vogel musste, von der winterlichen Kälte gefroren, direkt vom Parkplatz hierhergebracht worden sein. In meiner Handtasche kramte ich nach den Einmalhandschuhen und den Plastiktüten.
    »Gestern«, antwortete Celia. »Ich weiß nicht mehr, wann genau. Aber sicher gestern irgendwann.«
    »Ich mach das schon.« Heroisch nahm Raphael mir die Handschuhe ab, schlüpfte hinein und verstaute die widerspenstige,

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