Donaugrund (German Edition)
sein!« Trotzdem legte sich ein Ausdruck der Zufriedenheit über seine Züge, als die Zigarette eine Sekunde später aufglomm.
»Du brauchst eben eine ordentliche Ersatzbefriedigung«, feixte Moritz und lehnte sich ein paar Meter weiter an die Hauswand.
»Aha. Und an was hast du dabei gedacht? Soll ich stattdessen zu saufen anfangen?«
»Das habe ich jetzt eigentlich nicht gemeint.« Mit einer lässigen Bewegung deutete Moritz auf mich. »Hast doch eine scharfe Freundin. Da würd ich nicht mehr ans Rauchen denken an deiner Stelle … Aber vielleicht ist das ja im fortgeschrittenen Alter schon anders.«
Raphael wollte zu einer Erwiderung ansetzen, vermutlich im bewährten Sich-verarschende-Kumpels-am-Tresen-Stil, aber ich kam ihm zuvor: »Lieber Moritz, das Wort ›scharf‹ in Verbindung mit meiner Person streichst du bitte mit sofortiger Wirkung aus deinem Wortschatz. Ist das klar?«
Er nickte folgsam, und ich versuchte, den Gedanken, mich doch ein klein wenig geehrt zu fühlen, beiseitezuschieben. Scharf. Na ja. Es gab definitiv Schlimmeres. Das Geräusch der zufallenden Eingangstür vertrieb meine eitlen Gedanken.
»Und jetzt sitzt sie wirklich bei Sascha, oder was? Hoffentlich sind die Texte scheiße.«
War das Jessica Egerjahn, die Celia Kleingrün so offen einen Misserfolg gönnte? Ich bedeutete Raphael und Moritz, leise zu sein – was überflüssig war, denn die beiden waren schlagartig verstummt und trugen exakt den gleichen konzentrierten Gesichtsausdruck zur Schau.
»Glaube ich nicht«, antwortete eine zweite, leisere Frauenstimme. »Wenn sie auch sonst nichts kann, aber ihre Werbetexte sind eigentlich immer gut.«
Wer war das?
»Mann, Mann, Mann, echt. Ich habe die Schnauze so voll davon, mir jeden Tag ihre überschminkte Fresse, ihr Arschgewackel und ihr selbstgefälliges Grinsen reinzuziehen. Dieser elenden Bitch würde ich einen Dämpfer dermaßen gönnen, echt wahr.«
Ja, das war der Empfangsdrachen, ganz sicher. Ihre boshafte Wortwahl in Kombination mit ihrem hohen Sprechtempo ließ keinen anderen Schluss zu.
»Du weißt doch, wie das ist«, seufzte die zweite Stimme. »Solche Leute fallen immer wieder auf die Füße. Auch wenn sie es nicht verdient haben.« Simone Geier trat um die Ecke auf den Parkplatz und zuckte zusammen, als sie uns dort stehen sah.
Jessica Egerjahn reagierte weitaus abgebrühter. »Schönen Feierabend«, wünschte sie und stieg in ihren VW Polo. Simone Geier nickte nur knapp, bevor sie sich am Steuer ihres Range Rovers niederließ. Ein brandneuer Wagen, den durchwegs stattlichen Gehältern hier entsprechend. Andererseits: Wer in diesem Hexenkessel arbeitete, hatte irgendwie auch ein Anrecht auf Schmerzensgeld.
»Die Geier?«, sagte Raphael erstaunt, als Simone die Tür hinter sich geschlossen hatte. »Dabei dachte ich, sie käme mit der Kleingrün einigermaßen gut klar.«
»Das dachte ich auch«, antwortete ich. »Allerdings klang sie ja nicht halb so hasserfüllt wie die Giftspritze vom Empfang. Eher resigniert, oder?«
Raphael nickte, Moritz hingegen sah Jessica Egerjahns Polo, der gerade durch den Schnee vom Parkplatz stob, nachdenklich nach. »Und wenn doch sie …? Ich meine, solche Intrigen wie gelöschte Dateien, das ist doch eigentlich eher Frauensache, oder?«
»Gleich setzt’s was«, versuchte ich mich wieder in angemessener Autorität. »Und jetzt bete lieber für die arme Taube dahinten.« Mit dem Kopf deutete ich in Richtung des nächsten Vogelkadavers, der vor der Hauswand lag. »Und drück vor allem uns die Daumen, dass wir wenigstens den König morgen noch verhören dürfen.«
Drei Stunden später klingelte ich – wenigstens einigermaßen zufrieden – an Raphaels Tür. Raphael hatte Moritz’ Rat beherzigt und sich tatsächlich weitgehend aus dem Gespräch mit dem Chef herausgehalten. Dass es keinen Sinn hatte, Schneck von der Dringlichkeit dieser Ermittlung zu überzeugen, war mir von vornherein klar gewesen, und so hatte ich ihm einen Kuhhandel vorgeschlagen: Sollten wir bis zum Ende der Woche keine nennenswerten Ergebnisse haben, würden Raphael, Herbert und ich uns widerspruchslos der zwischenzeitlich wieder ins Leben gerufenen » SOKO Stadtpark« anschließen und Moritz wieder ins K3 entlassen. Bei einer heißen Spur hingegen – und hier lag meine ganze Hoffnung traurigerweise auf dem angeblichen Gutmenschen André König – würden wir uns nochmals absprechen.
Schneck hatte ein wenig gezögert und gezaudert, aber mein über alle
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