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Donner: Die Chroniken von Hara 3

Donner: Die Chroniken von Hara 3

Titel: Donner: Die Chroniken von Hara 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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geschluckt! Jetzt musst du entweder lernen, den dunklen Funken in dir zu lenken und zu kontrollieren – oder er wird dich verbrennen. Mit Haut und Haar. Du kannst dich natürlich auch weiterhin hinter dem Schild edler Ideale verschanzen, aber ich würde dir empfehlen, diese Dinge lieber zu lernen. Wenn du dich schon dazu durchgerungen hast, deine Gabe ein wenig zu … verdunkeln, musst du dem Funken auch zeigen, wer von euch beiden das Sagen hat. Solltest du allerdings den Wunsch verspüren, dir die Welt schon bald aus dem Reich der Tiefe heraus anzusehen, dann kannst du es selbstverständlich auch gern unterlassen.«
    »Du brauchst dir das nicht anzuhören«, beteuerte Shen, nahm Rona bei der Hand und sah mich Unterstützung heischend an.
    Ich schwieg jedoch, denn ich meinte, es stünde mir nicht zu, Rona zu sagen, wie sie sich verhalten solle.
    »Nein, sie hat recht«, erklärte Rona und trat tapfer einen Schritt vor, den Blick herausfordernd auf Typhus gerichtet. »Entweder arbeitest du dich aus einem Sumpf heraus oder du gehst darin unter.«
    Dann konzentrierte sie sich.
    Eine der Lärchen hinter uns schrumpfte prompt zusammen und zerfiel zu grauem Staub, der sich auf die Zweige der Nachbarbäume und die Erde absetzte, den Schnee unter sich begrabend.
    »Erstaunlich!«, sagte Typhus und klaubte sich ein Ascheflöckchen vom Ärmel. »Ich bin beeindruckt. Nimm dir ein Beispiel an ihr, mein Junge. Sie hat diesen Zauber auf Anhieb bewältigt. Aber jetzt setz dich hin, Mädchen, dir wird gleich schwindlig.«
    Rona starrte wie gebannt auf die Stelle, an der sich eben noch ein kräftiger Baum erhoben hatte, ließ sich dann jedoch zitternd auf dem Boden nieder.
    »Und jetzt du!«, forderte Typhus Shen auf. »Nimm Ronas Zauber als Grundlage. Seine Reste hängen ja noch in der Luft, du brauchst also bloß danach zu greifen! Und dann hör auf, wild um dich zu schlagen! Setze etwas Geschick und Verstand ein! Du sollst schließlich nur eine Feder in die Luft befördern, nicht einem Gowen die Pfote ausreißen!«
    Shen seufzte.
    »Weshalb hast du das getan?«, fragte ich Rona leise.
    »Hatte ich denn eine andere Wahl?«
    »Ich meine nicht den Baum, den du gerade gefällt hast, sondern die Entscheidung, die du davor getroffen hast. Ich muss zugeben, dieser Schritt hat mich erstaunt. Es ist noch gar nicht lange her, da hast du vom dunklen Funken völlig anders gedacht. Woher rührt dieser Sinneswandel?«
    Diese Fragen waren ihr nicht angenehm, das merkte ich. Deshalb rechnete ich eigentlich nicht mit einer Antwort. Sie runzelte die Stirn und bewegte lautlos die Lippen. Anscheinend zählte sie bis zehn. Danach atmete sie tief durch.
    »Mittlerweile sehe ich alles mit anderen Augen«, holte sie aus. »Die Menschen kommen mir völlig verändert vor. Du, Shen und ich, ja, sogar sie, die Verdammte. Immer habe ich gedacht, sie sei widerwärtig und ungerecht, aber dann habe ich mit einem Mal eine neue Seite an ihr kennengelernt. Shen und ich haben viel miteinander gesprochen. Dabei ist mir klar geworden, dass du recht hast. Die Magie verändert den Menschen nicht. Das Dunkel kann durchaus nur im Funken leben, es braucht sich nicht unbedingt im Herzen einzunisten.«
    »Das sind Worte. Zutreffende, das will ich gar nicht bestreiten. Aber von den Worten ist es nicht so einfach, zu Taten überzugehen. Noch dazu derart schnell.«
    »Du meinst, es sei nicht so leicht, die eigenen moralischen Vorbehalte zu überwinden?«
    »Etwas in der Art, ja.«
    Ich schielte zu Typhus hinüber, die jedoch nur Augen für Shen hatte, dem sie nach wie vor gehörig einheizte.
    »Du darfst mich jetzt ruhig auslachen, aber zunächst war alles nur ein Spiel. Wie bei kleinen Kindern. Shen hat damit angefangen, und ich bin darauf eingegangen, ohne mir etwas dabei zu denken. Das Ganze hat uns dermaßen in seinen Bann gezogen, dass wir alles andere darüber vergessen haben. Und als wir dann endlich wieder einen klaren Gedanken fassen konnten, war es bereits zu spät. Der dunkle Funke hatte bereits ein Plätzchen in meiner Gabe gefunden.«
    »Ich hätte nicht gedacht, dass es so leicht ist, sich den dunklen Funken anzueignen.«
    »Das hat wohl niemand gedacht, nicht einmal Typhus. Ich habe vor ein paar Tagen mit ihr darüber gesprochen. Die Verdammte hat mir erklärt, es sei keineswegs ein
Kinderspiel,
das bisherige Gewebe der Gabe zu durchstoßen. Dafür bräuchte man viel Erfahrung, außerdem müsse man mit dem gebotenen Ernst vorgehen«, sagte sie. »Wir alle haben

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