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Donner: Die Chroniken von Hara 3

Donner: Die Chroniken von Hara 3

Titel: Donner: Die Chroniken von Hara 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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Nekromantin wirkte freundlich, abgesehen vielleicht von den ernst dreinblickenden Augen, die noch dazu mit schwarzer Farbe umrandet waren.
    Sie besah sich das verkohlte Schloss und die Rußspuren am Türpfosten. Anschließend wanderte ihr Blick über die Truhe, hinter der sich Algha verborgen hielt. Trotzdem bemerkte sie die junge Frau nicht. Die Abdrucke nackter Füße in dem staubigen Boden entgingen der Nekromantin allerdings nicht.
    »Komm lieber freiwillig heraus, dann könnte die Sache durchaus glimpflich ausgehen«, forderte sie Algha mit einem angenehmen östlichen Akzent auf.
    Gleichwohl misstraute Algha ihr. Sie wusste, dass sie einer Nekromantin des Sechsten Kreises nichts entgegenzusetzen hatte. Dennoch trat sie einen Schritt vor, einzig von der Hoffnung auf eine günstige Gelegenheit und Meloths Gnade erfüllt.
    Mittlerweile war Algha ein weiterer Kampfzauber eingefallen, ein kleines, kaum zu erkennendes Geflecht, das die Waagschale jedoch zu ihren Gunsten senken konnte. Gilara hatte ihr diesen uralten Zauber beigebracht, ohne den Rat der Schule davon wissen zu lassen, ja, selbst ohne die Billigung der Mutter einzuholen. Nur sie hätte jedoch darüber entscheiden können, ob Algha ihn überhaupt kennen durfte. Doch Gilara hatte wie stets ihren eigenen Kopf durchgesetzt …
    Algha ging zum Angriff über. Die Nekromantin wehrte die zitronengelben Nadeln mit ihrem Hilss jedoch mühelos ab und setzte ihrerseits an, auf Algha einzuschlagen.
    Doch kaum hatte sie den Hilss gehoben, als ihr Körper sich krümmte. Sie fiel zu Boden, ihr Leib zuckte in Krämpfen, immer wieder stieß sie mit dem Hinterkopf oder den Ellbogen auf.
    Mit rachsüchtiger Freude beobachtete Algha, wie ihre Gegnerin an jenem Zauber erstickte, der eigentlich für sie, die Schreitende, bestimmt gewesen war.
    Als die Alte endlich reglos dalag, stieß Algha den Hilss mit dem Fuß weg und beugte sich über die Nekromantin. Sobald sie sich überzeugt hatte, dass diese tot war, löste sie flink den blauen Gürtel und nahm der rasch erstarrenden Leiche mit einiger Mühe den Umhang ab. Den Blick auf die Tür gerichtet, zog sie ihr Kleid aus und hüllte sich in den Umhang.
    Zwar war er ihr zu groß, aber ihr blieb jetzt keine andere Wahl. Sie schloss den Gürtel, wenn auch nicht in der vorgeschriebenen Weise, und streifte sich die Kapuze über, um ihr Gesicht zu verschatten. Diese lächerliche Maskerade würde ihre Feinde vermutlich kaum täuschen – doch im Gewand der Schreitenden hatte sie erst recht keine Chance. Den Hilss an sich zu nehmen getraute sie sich freilich nicht, denn sie hatte schon allerlei Geschichten darüber gehört, welche Folgen es haben konnte, wenn man diesen Stab auch nur berührte.
    Sie schielte ein letztes Mal auf die tote Frau, ging zum Fenster hinüber, schaffte es unter Aufbietung all ihrer Kräfte, den Bronzegriff zu bewegen, kletterte aufs Fensterbrett, reckte sich zum oberen Griff hoch, drehte auch diesen, öffnete das Fenster und schaute vorsichtig hinaus.
    Nach wie vor regnete es. Die Luft roch angenehm nach nassem Laub. Und da, was für ein Glück! Etwas weiter rechts erblickte sie das Südtor, dessen Gitter weit offen stand. Nirgends war jemand auszumachen. Auch der schmale Weg, der hinter dem Turm des Südtors zu einem der zahllosen Eingänge ins Schulgebäude führte, war menschenleer, zumindest soweit sie ihn einzusehen vermochte. Bis zum Boden waren es nicht mehr als eineinviertel Yard. Sie wagte den Sprung. Im Schutz der Mauern pirschte sie sich an das rettende Tor heran.
    Niemand hielt sie auf, rief oder entdeckte sie. Den Turm, hinter dem der Feind jederzeit auftauchen konnte, behielt sie fest im Auge. Doch Meloth erwies ihr seine Gnade: Sie war und blieb allein. Schon hatte sie das Tor erreicht und eilte hindurch – als sie sich drei Nabatorern gegenübersah, die sich um ein Dutzend Pferde kümmerten.
    Sofort verbeugten sie sich vor ihr, einer fragte sie ehrerbietig etwas in seiner Sprache – und starb auf der Stelle. Zusammen mit seinen Gefährten.
    Algha wunderte sich über sich selbst, dass sie den Tod dieser unbekannten Menschen so ungerührt hinnahm, weder Mitleid noch Bedauern oder Furcht verspürte. Das waren ungebetene Gäste, die mit dem Schwert zu ihnen gekommen waren. Damit hatten sie ihr Schicksal gewählt …
    Sie hoffte inständig, dass Dagg und Mitha ihre Verfolger ebenfalls hatten abschütteln und sich aus der Schule hatten schleichen können. An die anderen, vor allem an Gilara, wollte

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