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Donner: Die Chroniken von Hara 3

Donner: Die Chroniken von Hara 3

Titel: Donner: Die Chroniken von Hara 3 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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innerlich zu verbrennen, schlug sie zu.
    Ein heißer Wind beleckte ihre Haut. Von dem Nekromanten blieb nur eine kleine Lache übrig, aus der Dampf aufstieg. An der Stelle, wo er gestanden hatte, waren die Wände ausgeblichen, der Bernstein, der diese Ecke geschmückt hatte, war geschmolzen und zu Boden geflossen.
    »Wir haben es geschafft!«, stieß Dagg erleichtert aus. »Wir haben es tatsächlich geschafft!«
    Doch mit einem Mal erschauderte er und fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. Entgeistert starrte er auf das Blut, das an ihr klebte. Ein schmaler Strom rann ihm aus der Nase, nach einer Weile sickerte etwas aus seinen Ohren, schließlich tropfte es ihm sogar aus dem Mund. Er warf Mitha einen verängstigten Blick zu, verdrehte die Augen und rutschte an der Wand zu Boden.
    Mitha indes taumelte zurück, wie gebannt eine Frau anstarrend, die lautlos aus einer der Türen herausgetreten war.
    Sie trug ein teures, streng geschnittenes schwarzes Reitkostüm mit Silberstickerei an Ärmeln und Kragen, mit silbernen Knöpfen und einem tiefen Ausschnitt, der ihre vollendete Figur unterstrich. An ihrem funkelnden Silbergürtel hing ein leichtes Schwert. Sein Griff war schlicht, das Heft dagegen aufwändig gearbeitet. Die prachtvollen, silbern schimmernden Haare waren in zwei Zöpfen um den Kopf gelegt. Eine Maske aus Grohaner Silber, dessen Weiß an Porzellan gemahnte, verbarg das Gesicht von Daggs Mörderin.
    Diese Maske mit den fest zusammengekniffenen, blutroten Lippen, der geraden Nase, der hohen Stirn, den scharf hervortretenden Wangenknochen und den dunklen Augenschlitzen jagte Mitha nackte Angst ein. Durch sie schien das Reich der Tiefe selbst zu lugen.
    Die Verdammte Blatter neigte nachdenklich den Kopf und musterte Mitha, die sich nicht vom Fleck rührte.
    Schritte. Schritte im Gang.
    Algha schmiegte sich rasch gegen die Wand und hielt die Luft an. Panik ließ ihr Herz hämmern – und zwar, wie sie meinte, so laut, dass es jedes andere Geräusch übertönte.
    Algha dämmte ihren Funken ein, da sie fürchtete, er werde sie verraten. Angestrengt spähte sie in das Halbdunkel des Ganges, den sie eben durchquert hatte. Der Verfolger, dem sie bisher glücklich entkommen war, stellte sich als ausgesprochen hartnäckig heraus, blieb ihr auf der Spur, während er Dagg und Mitha völlig vergessen zu haben schien.
    Sie wartete nicht, bis er sie entdeckt hatte, sondern zog lautlos ihre Schuhe aus, nahm sie in die linke Hand und huschte barfuß über die kalten Platten. Am liebsten hätte sie vor Wut und Verzweiflung aufgeschrien: Sie hatte sich verirrt!
    In diesem Teil der Schule war sie noch nie gewesen. Der Skulptor hatte ihn in unvordenklichen Zeiten geschaffen. Ihr war schleierhaft, wo das Südtor lag, das heute niemand mehr benutzte.
    Stundenlang könnte sie durch dieses Labyrinth von Räumen und Stockwerken irren. Womöglich würde sie dabei nicht nur einem Nekromanten, sondern auch einer oder einem Verdammten in die Arme laufen. Oder irgendwelchen Ausgeburten aus dem Reich der Tiefe. Deshalb musste sie schnellstens eine Entscheidung treffen. Sollte sie durch den Gang zurückgehen, um wieder in jenen Teil der Schule zu gelangen, den sie seit ihrer Kindheit kannte? In dem Fall bestand die Gefahr, ihrem Verfolger zu begegnen …
    Deshalb lief sie geradeaus weiter, rüttelte dabei jedoch an jeder Tür: Alle waren verschlossen. Als sie um die nächste Ecke bog, fand sie sich in einer Sackgasse wieder.
    In ihren Fingerspitzen kribbelte es abermals unangenehm. Sie stöhnte leise auf vor Angst – und wagte es: Vor der nächstliegenden Tür ließ sie ihren Funken aufflammen, zerstörte das Schloss und suchte in dem Raum dahinter Zuflucht.
    In dem kleinen, halbrunden Zimmer standen allerlei Truhen unterschiedlicher Größe und Form, über die sich zahllose Spinnweben zogen. Zwei Fenster, die nicht minder verstaubt waren als der Rest der Einrichtung, fesselten Alghas Aufmerksamkeit. Sie schlängelte sich auf einem schmalen Pfad zwischen all den Kisten zu ihnen hindurch.
    In diesem Augenblick knarrte die Tür hinter ihr, wenn auch sehr, sehr leise. Sofort duckte sie sich hinter eine der Truhen. Nach einer Weile fasste sie sich ein Herz und spähte hinter ihrem Versteck hervor.
    In der Tür stand eine Frau, die in einen regennassen, weißen Umhang gehüllt war, den ein blauer Gürtel zusammenhielt. In ihren Händen ragte der Hilss auf, der sie als Angehörige des Sechsten Kreises auswies. Das volle Gesicht der angejahrten

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