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Donner unter der Kimm

Donner unter der Kimm

Titel: Donner unter der Kimm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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»Offiziere können sich alles leisten, was, Jungs? Und wir armen Teerjacken haben das Nachsehen!« Diesen vorwitzigen Gesellen hatte Allday mit der Faust zum Schweigen gebracht, aber es gab noch viele andere, die so dachten.
    »Wenn wir wieder daheim sind«, sagte er, »nehme ich dich mit in sein Haus. Es ist ein richtiger Palast, aber sie haben mich trotzdem dort untergebracht, als gehörte ich dazu.«
    Beim Gedanken an Falmouth wurde ihm unbehaglich. Er wußte nur zu gut, daß etwas, das Lady Belinda gesagt oder getan hatte, Bolitho tief verärgert hatte. Allday war bereit, sich auch in aussichtsloser Lage ganz für Bolitho einzusetzen, empfand aber auch Mitgefühl für seine schöne Frau. Es mußte schwer sein, in Cheneys Schatten zu stehen.
    Er riß sich mit einem Ruck aus dieser Stimmung, als ihm der Duft nach Rum in die Nase stieg.
    »Recht so, einen kräftigen Schluck können wir jetzt vertragen.«
    Der Schiffsarzt stand gleich hinter der Tür der improvisierten Kabine und wischte sich die kräftigen Finger an einem Tuch ab, als Keen erschien. Die Luft war trotz der Sonnensegel heiß und stickig.
    »Wie geht es ihr?«
    Tuson musterte ihn einige Sekunden lang. »Ich habe den Verband abgenommen, Sir.«
    Keen trat an ihm vorbei und sah das Mädchen mit gelöstem Haar, das seine Schultern bedeckte, auf einem Hocker sitzen. »Tut es noch sehr weh?« fragte er.
    Sie schaute zu ihm auf. »Es ist erträglich, Sir.« Vorsichtig bewegte sie die Schultern unterm Hemd und verzog schmerzlich das Gesicht. »Ich bin noch etwas steif.« Sie schien zu merken, daß sich das geborgte Hemd geöffnet hatte, und zog es rasch zusammen.
    »Ich habe gehört, was heute vorgefallen ist«, sagte sie dann. »Mich betreffend.« Er sah die nackte Angst in ihren Augen. »Will man mich zurück auf dieses Schiff schicken, Sir ? Lieber bringe ich mich um!«
    »Nein. Reden Sie nicht so«, sagte Keen.
    Tuson schaute von der Tür aus zu. Den großen, eleganten Kapitän und das langhaarige Mädchen auf dem Hocker trennten Welten, dennoch schien sie etwas zu verbinden. Er räusperte sich. »Ich hole Salbe für die Narbe.« Mit einem Blick auf Keen fügte er leise hinzu: »Bin in zehn Minuten zurück, Sir.« Dann war er verschwunden.
    »Wollen Sie sich nicht setzen, Sir?« Sie wies auf eine große Truhe und lächelte. Keen sah zum ersten Mal, wie sich ihr Gesicht dabei erhellte. Er senkte den Blick auf ihre Hände im Schoß und hätte sie am liebsten ergriffen.
    »Ich wollte, ich könnte es Ihnen bequemer machen.« Sie schaute ihn fest an.
    »Was wollen Sie von mir?« Das klang weder zornig noch verängstigt. Offenbar erwartete sie, daß er rundheraus von ihr verlangte, was ihr schon mit brutaler Gewalt abgerungen worden war.
    »Ich möchte für Sie sorgen.« Keen starrte zu Boden. Würde sie nun nach dem Posten rufen oder – schlimmer – ihn wegen seiner Tölpelhaftigkeit auslachen?
    Wortlos erhob sie sich vom Hocker, kniete vor ihm nieder und legte ihren Kopf auf seine Knie.
    Keen merkte, daß er ihr langes Haar streichelte, daß er unzusammenhängende Dinge sagte und alles tat, um diesen unglaublichen Augenblick zu verlängern.
    Schritte auf dem Niedergang. Vor der Tür ließ der Posten den Kolben seiner Muskete auf die Planken knallen. Tuson kam zurück.
    Da schaute sie zu ihm auf, und er sah, daß ihr Gesicht tränennaß war. Jetzt spürte er auch die Feuchtigkeit durch den Stoff seiner weißen Hose.
    »Meinen Sie das ernst?« flüsterte sie.
    Keen stand auf und zog sie hoch. Ohne Schuhe reichte sie ihm kaum bis an die Brust.
    Er berührte ihr Gesicht und hob dann ganz behutsam ihr Kinn an. »Bitte glaub mir. Nie ist mir etwas so ernst gewesen.«
    Dann, als Tusons Schatten zwischen sie fiel, trat er durch die Tür.
    Tuson hatte sie beobachtet und war überrascht, daß er nach allem, was ihm sein Beruf zugefügt hatte, noch so gerührt sein konnte. Ihm war, als teile er ein Geheimnis. Aber eins, das nicht lange geheim bleiben würde.
    Ozzard und seine Helfer hatten zusätzliche Laternen in die Achterkajüte gebracht, so daß die Fenster vergleichsweise schwarz wirkten. Zum ersten Mal waren alle Kommandanten von Bolithos Geschwader hier versammelt. Die Atmosphäre war locker, und es herrschte sogar Erleichterung, weil man dem Fieber fernblieb.
    Keen wartete ab, bis alle Gläser gefüllt waren, und sagte dann: »Ich bitte um Ihre Aufmerksamkeit, Gentlemen.« Bolitho stand am Fenster, die Hände auf dem Rücken unterm Rockschoß gefaltet. Eine

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