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Donner unter der Kimm

Donner unter der Kimm

Titel: Donner unter der Kimm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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stürmisch. Doch seinen Kommandanten schienen keine Zweifel zu plagen. Die Tür schloß sich hinter dem Ersten, und Augenblicke später verkündeten schrille Pfiffe und stampfende Füße, daß das Schiff sich rüstete.
    »Der Franzose wird fliehen, Sir?« fragte Tuson.
    Keens Gedanken kehrten wieder in die Kajüte zurück.
    »Bestimmt.« Er lächelte. »Aber ich bin ein schlechter Gastgeber. Weswegen sind Sie gekommen?«
    Tuson stand auf und ging mit wiegenden Schritten übers schräge Deck. »Ich wollte Ihnen über die Ausfälle der vergangenen Nacht berichten, Sir. Zehn Verletzte insgesamt, meist Knochenbrüche. Es hätte viel schlimmer kommen können.«
    »Nur für den armen Teufel nicht, der über Bord ging.
    Aber haben Sie vielen Dank. Sie wissen, wie sehr ich Ihre Hilfe zu schätzen weiß.«
    Tuson ging zur Tür. In seinem schwarzen Rock und dem weißen Haar, das ihm ordentlich gekämmt über den Kragen hing, sah er eher wie ein Geistlicher aus. Im Gegensatz zu vielen anderen Schiffsärzten betrank er sich nie. Keen hatte seinen Abscheu gesehen, wenn die Gläser gefüllt wurden. Tuson mußte in der Vergangenheit ein entsetzliches Erlebnis gehabt haben.
    Als die Tür sich geschlossen hatte, sagte er leise: »Ein guter Mann.«
    Sie schauten einander über den Tisch hinweg an.
    Zenoria sprach zuerst. »Ich gehe jetzt.« Sie stand auf und schaute auf ihre bloßen Füße nieder, die auf dem karierten Bodenbelag sehr klein wirkten. »Was soll bloß aus uns werden?«
    Er wartete, bis sie ihn erreicht hatte, und sagte dann: »Ich werde Sie lehren, mich zu lieben.«
    Wieder ein Ruf des Ausguckpostens. Das mußte Chaytor sein, der Zweite Offizier.
    »Er setzt mehr Segel, Sir!« Das französische Schiff wollte also die Distanz halten.
    Zenoria legte ihm eine Hand an die Wange. Als er Anstalten machte, sie zu ergreifen, zog sie sie rasch zurück. Aber ihr Blick ließ ihn nicht los, und was sie sah, schien sie zu ermutigen. Zufrieden mit dem, was sie entdeckt hatte, fragte sie: »Kann Ozzard mich begleiten?«
    Keen nickte. Sein Mund war trocken. »Vergiß mich nicht.« An der Tür wandte sie sich noch einmal um und schaute ihn an. »Das könnte ich niemals.«
    Ozzard öffnete die Tür, und sie war verschwunden.
    Keen ging in der Kajüte umher und berührte Gegenstände, ohne sie zu sehen. Dann blieb er vor dem neuen Sessel stehen und lächelte. Was hätte Bolitho an seiner Stelle getan?
    Schließlich begab er sich an Deck und sah Paget und den wachhabenden Offizier besorgt den Stand der Segel prüfen. Die mächtige Großrah krümmte sich unter dem Winddruck wie ein riesiger Bogen. Der Master warf ihm einen warnenden Blick zu.
    Ein Midshipman rief:
»Rapid
hat bestätigt, Sir!« Da gewahrte er Keen und schwieg verwirrt.
    Keen verschränkte die Hände unterm Rockschoß, ihn fror plötzlich.
    »Der Franzmann setzt mehr Segel, Sir!« rief Leutnant Chaytor von oben.
    Keen schaute Paget an. »Segel kürzen. Untersegel aufgeien.« Er sah Erleichterung in ihren Gesichtern.
    Icarus
folgte dem Beispiel des Flaggschiffs.
    Die Minuten gingen zäh dahin. Vielleicht hatte er sich geirrt. Wenn der französische Kommandant nun rangehen und kämpfen wollte? Es stand zwei zu eins dagegen, aber ausgeschlossen war es nicht. Erleichtert atmete er aus, als es aus dem Ausguck rief: »Er kürzt ebenfalls Segel, Sir.«
    Keen ging zum Fuß des Großmastes und berührte die Piken, die dort in einem runden Ständer warteten. Dieser Franzose will, daß ich ihn verfolge, dachte er. Er lockt mich. Warum? Die Erkenntnis war ein Schock.
    »Sobald
Rapid
nahe genug ist, signalisieren Sie: ›alle Segel setzen und
Suprème
suchen‹. Quarrell wird den nächsten Ankerplatz auf seiner Karte verzeichnet haben.«
    Paget beobachtete ihn reserviert, denn er wußte, wie scharf Keen war, wie seine Stimmung umschlagen konnte.
    »Unser Admiral muß wissen, daß wir beschattet, aber nicht verfolgt werden. Und für eine schriftliche Meldung ist nicht genug Zeit.« Wieder fröstelte er. Der französische Kommandant hatte ihn zu einer Verfolgungsjagd verleiten wollen, die ihren Verband noch weiter aufgesplittert hätte.
    »Rapid
soll sich beeilen. Sobald Quarrell bestätigt hat, setzen wir alle Arbeitssegel.« Er warf einen Blick auf die Masten und fügte hinzu: »Und wenn es uns die Spieren runterreißt.«
    Später, in der Achterkajüte, hörte er Paget durchs Sprachrohr seine Befehle wiederholen.
    Rapid
würde ihrem Namen Ehre machen. Trotzdem war er plötzlich besorgt,

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