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Donner unter der Kimm

Donner unter der Kimm

Titel: Donner unter der Kimm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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nicht von seinem Gestank befreien. Bolitho stand neben der Koje und schaute auf Inchs blasses Gesicht hinab. Er schien nicht bei Bewußtsein zu sein. Bolitho fröstelte, als er den blutigen Verband sah, wo einst Inchs Arm gewesen war.
    Tuson zog die Decke beiseite und sagte: »Hier hat er einen Metallsplitter erwischt, Sir. Der Arzt behauptet, ihn entfernt zu haben.«
    Erst da merkte Bolitho, daß Inch die Augen aufgeschlagen hatte und ihn anstarrte. Er schien seine ganze Kraft auf das Erfassen und Erkennen dessen, was um ihn herum vorging, zu konzentrieren.
    Bolitho beugte sich über ihn und ergriff seine Hand. »Ich bin bei Ihnen, alter Freund.«
    Inch befeuchtete sich die spröden Lippen. »Ich wußte, daß Sie kommen würden.« Er schloß die Augen und packte Bolithos Hand fester, als der Schmerz ihn durchfuhr. Doch sein Griff war schwach.
    »Es waren drei Linienschiffe«, sagte Inch. »Wäre die
Barracouta
nicht gekommen…«
    »Ich bitte Sie, Sir«, flüsterte Tuson. »Er ist sehr geschwächt und wird seine ganze Willenskraft brauchen, um die nächste Operation zu überleben.«
    Bolitho drehte sich um. »Ist sie denn unbedingt notwendig?«
    Tuson zuckte die Achseln. »Wundbrand, Sir.« Mehr brauchte er nicht zu sagen.
    Bolitho beugte sich wieder über die Koje. »Geben Sie nicht auf, Francis. Sie haben noch viel Gutes vor sich.« Er hätte Inch gerne über die französischen Schiffe ausgefragt, aber das war jetzt ausgeschlossen.
    Carcaud, Tusons Assistent, wartete mit zwei Gehilfen an einer umgestürzten Kanone. Bolithos Augen brannten. Sie würden Inch festhalten, während Tuson sein blutiges Werk tat.
    Bolitho senkte den Kopf, brachte es nicht fertig, Inch anzusehen, den Mann, der soviel Mut und soviel Glück gehabt hatte. Wer scherte sich um sein Schicksal? Seine hübsche junge Frau vielleicht und ein paar alte Kameraden.
    Inchs Blick ging an ihm vorbei und erfaßte Allday. Sein langes Gesicht verzog sich zum Schatten eines Lächelns.
    »Sie haben diesen Gauner ja immer noch bei sich«, flüsterte er.
    Dann wurde er ohnmächtig. Tuson bellte: »Jetzt!« Er warf Bolitho einen kurzen Blick zu. »Ich schlage vor, daß Sie sich entfernen, Sir.«
    Bolitho erkannte Tuson kaum wieder. Er hatte den kalten Blick des von seinem Metier Besessenen.
    Bolitho ging zurück nach oben und sah, daß ein junger Leutnant das Setzen zweier Stagsegel überwachte. Sie würden dem Schiff kaum mehr geben als Steuerfähigkeit, bis die Rahen wenigstens teilweise ersetzt waren. Bolitho sah sich noch einmal Back und Poopdeck an. Das Schiff war aus nächster Nähe beschossen worden und zwar offenbar mit Kartätschen.
    Der Leutnant erkannte ihn und salutierte. »Addenbrook, Sir«, sagte er. »Fünfter Offizier.«
    »Wo standen Sie während des Gefechts?« Bolitho sah in dem rußgeschwärzten Gesicht wieder Angst und Emotionen aufflackern. Er schätzte ihn auf achtzehn Jahre.
    »Im unteren Batteriedeck, Sir«, erwiderte Addenbrook.
    »Die Franzosen fielen ab und konzentrierten ihr Feuer auf uns. Schwere Geschütze und alles, was sie sonst noch hatten.« Er schien in die brüllende, isolierte Welt des unteren Batteriedecks zurückzukehren. »Wir hörten, daß die Masten weggeschossen wurden, feuerten aber weiter, so wie es von uns erwartet wurde.«
    »Ich weiß. Kapitän Inch ist ein tapferer Mann.«
    Der Leutnant hörte kaum, was er sagte. »Sie beschossen uns mit Kugeln, bis die halbe Mannschaft am Boden lag, Sir. Dann kamen sie dichter heran und setzten Kartätschen ein.«
    Er griff sich an die Stirn. »Mein Gott, hab' ich gedacht, warum hören sie denn nicht auf? Unser Vorgesetzter fiel, aber die Männer waren wie von Sinnen, brüllten Hochrufe, luden und feuerten. Ich erkannte sie nicht wieder.«
    Kartätschen auf kürzeste Distanz. Damit war die totale Verwüstung erklärt. Zu diesem Zeitpunkt konnte kaum eine Geschützmannschaft noch in der Lage gewesen sein, das Feuer zu erwidern.
    Der Leutnant betrachtete seine fleckige Uniform und konnte offenbar immer noch nicht glauben, daß er ohne einen Kratzer überlebt hatte.
    »Wir waren allein, bis
Barracouta
eingriff, Sir.« Er schaute auf und sagte plötzlich verbittert: »Wir hatten keine Chance!« Einen Augenblick verdrängte Stolz den Schmerz in seinen Augen. »Aber die Flagge gestrichen haben wir nicht, Sir!«
    Neben der Bordwand platschte es, und Bolitho sah, wie Carcaud sich auf dem Seitendeck die Hände an der Schürze abwischte. Er erriet, was da ins Meer geworfen worden war, und

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