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Donnergrollen: Der fünfte Fall für Jan Swensen (German Edition)

Donnergrollen: Der fünfte Fall für Jan Swensen (German Edition)

Titel: Donnergrollen: Der fünfte Fall für Jan Swensen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wimmer Wilkenloh
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der Drachen beim Start gehalten wurde, stellten sich schnell als nicht ideal
heraus.
    »Wir brauchen
eine Art Lenkstange«, schlug Niels vor, »so ähnlich wie der Gabelbaum beim Windsurfen.«
    An Kilians
Haus fanden sie eine gebogene Mastspitze, womit die beiden Leinen zusammengehalten
werden konnten. Weitere, noch entscheidendere Fragen taten sich auf:
    »Kann unsere
Idee, ein Surfbrett von einem Drachen ziehen zu lassen, wirklich funktionieren?«
    »Und ist
es möglich, wenn das Segel einmal ins Wasser stürzt, es allein wieder in die Luft
zu bringen?«
    Dann kam
endlich der Tag, an dem sie sich bereit fühlten, mit ihrem Kite aufs Meer zu gehen.
Oleander hatte beschlossen, dass Niels die Ehre gebührte, als Erster das Modell
in der Praxis zu erproben. Er startete in einem großen Bogen von dem Schlauchboot
aus, mit dem sie hinausgefahren waren.
    »Das ist
vollkommen!«, schrie er hinüber. »Du hebst den Kopf, vor dir ist nichts und du denkst,
dass Himmel und Meer nur nach dir Ausschau halten!«
    Er schoss
mehrere 100 Meter dahin, bis eine Windböe den Kite erfasste und aufs Wasser knallte.
Trotzdem jubelten beide: »Es funktioniert! Es funktioniert!«
    Sie fühlten
sich wie James Cook und Christoph Kolumbus zusammen, waren sich sicher, gerade die
dritte Dimension entdeckt zu haben
     
    *
     
    Der Beerdigungsunternehmer führt
Maria Teske an das Stehpult. Die erste Seite im Kondolenzbuch ist leer. Die Journalistin
nimmt den Kugelschreiber und setzt schwungvoll ihre Unterschrift auf das weiße Blatt.
Die Stühle in der Kapelle sind ebenfalls leer. Auf einer kleinen Säule steht eine
hellblaue Urne mit gelbem Blumengesteck. Daneben brennen zwei große Altarkerzen.
In der ersten Stuhlreihe liegen rote Gesangbücher auf den Sitzflächen. Maria Teske
nimmt mit dem Gefühl »Was soll ich eigentlich hier« in der Mitte Platz. Sie schaut
über ihre Schulter, aber es scheint kein Mensch mehr zu kommen, nicht ihre Mutter,
nicht einmal ihre Schwester, die sie vor eineinhalb Wochen angerufen und der sie
den Tod der Großtante mitgeteilt hatte.
    »Wer ist
gestorben? Hertha Dullweber? Wer ist Hertha Dullweber?«
    »Das ist
die Ehefrau von Omas verstorbenem Bruder, deine Großtante!«
    »Meine Großtante.
Den Namen hör ich heute zum ersten Mal. Wieso weiß ich nichts von ihr?«
    »Keine Ahnung,
das musst du Mama fragen! Ich wusste auch nichts von der Großtante, bis mich ein
Notar angerufen hat und mir eröffnete, dass ich ihren Nachlass erbe.«
    »Du erbst?
Ist das viel?«
    »Ein paar
alte Möbel, nichts Besonderes, gut für einen Trödelmarkt. Aber es gibt etwas Bargeld,
einige tausend Euro!«
    »Und wieso
erbst du das allein? Warum hat sie das nicht unserer ganzen Familie vererbt?«
    »Weil es
so in ihrem Testament steht.«
    »Ach so!
Und wie kommt dein Name in dieses Testament?«
    »Zufall,
Isabelle, reiner Zufall. Ich hab vor geraumer Zeit ein Interview mit ihr geführt,
ohne zu wissen, wer sie ist, über die Nazi-Zeit in Husum. Wir hatten uns richtig
gut verstanden, uns ein wenig angefreundet. Nachdem der Artikel in der Rundschau
erschienen war, haben wir uns noch ein paar Mal privat getroffen. Damals hab ich
mir nichts dabei gedacht, dass sie unbedingt alles über meine Familie wissen wollte.
Das ist über vier Jahre her.«
    »Und du
willst mir erzählen, dass sie dir nicht gesagt hat, wer sie ist, Maria?«
    »War aber
so.«
    »Erzähl
mir nichts, du hast es mir verschwiegen, mit Absicht, damit du alles allein erben
kannst!«
    »Isabelle,
deine Geldgier geht wieder mit dir durch.«
     
    So ist sie, die kleine Schwester,
denkt Maria Teske enttäuscht. Die Großtante vermacht ihr kein Geld für Parfüm und
Lippenstifte, schon hat sie auch keinen Bock auf ein letztes Geleit.
    »Sie sind
eine Angehörige?«, fragt eine leise Stimme. Die Journalistin schreckt aus ihren
Gedanken, dreht den Kopf, hat nur schwarzen Stoff vor Augen und schaut nach oben.
Vor ihr steht ein sehr großer Mann im Talar, über dem schneeweißen Beffchen thront
ein rundes Gesicht.
    »Die Verstorbene
war meine Großtante«, flüstert Maria Teske und fügt fast entschuldigend hinzu, »es
sieht so aus, als würde ich die Einzige bleiben.«
    »Es kommt
nicht auf die Anzahl an. Gottes Liebe gilt jedem einzelnen«, spricht der Pastor
salbungsvoll, schüttelt der Journalistin die Hand und stellt sich neben die Urne.
»Liebe Trauernde, auch wenn sich keine Gemeinde versammelt hat, lebte Hertha Dullweber
in ihrer Mitte, 90 Jahre lang. Viele Tage für einen

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