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Don't worry, be German. Ein Ami wird deutsch

Titel: Don't worry, be German. Ein Ami wird deutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Doyle
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will, muss man dorthin gehen, wo diese gesprochen wird. Vor allem muss man gut zuhören. Ich finde es besonders erstaunlich, wie viel man hier in Deutschland lernen kann, wenn man sich in öffentlichen Räumen aufhält. Deshalb ging ich früher oft in Cafes, wo viele Rentner anzutreffen waren. Denn wenn man jeden Tag dort auftauchte, wurde man auch irgendwann von ihnen angesprochen. Und dann wiederum irgendwann den anderen Gästen vorgestellt, und so lernte ich nicht nur Deutsch zu sprechen, sondern noch viel mehr. Zum Beispiel hat mir Heinz den Satz beigebracht: »Draußen gibt's nur Kännchen!« Meine erste Reaktion war: »Entschuldigung, Heinz, aber was bedeutet das überhaupt?« Er hat es mir erklärt. Eine halbe Stunde lang. Und als er damit fertig war, kam ich mir irgendwie privilegiert vor. Denn wie viele Amerikaner werden heutzutage schon in die größten Geheimnisse der deutschen Sprache eingeweiht?
     
    Letztendlich kannst du überall Deutsch lernen, wenn du nur Augen und Ohren aufsperrst. Zum Beispiel in der Deutschen Bundesbahn. Da ich schon damals oft mit dem Zug unterwegs war, lernte ich schnell Sätze wie: »Wir bitten Sie um Ihr Verständnis« und »Leckere Speisen erwarten Sie in unserem Bordrestaurant«.
    Von netten Punkern lernte ich: »Hast du einen Euro?« oder »Können Sie mir aus meiner momentanen finanziellen Notlage helfen?« und »Schönen Tag noch!«
    Von Tagesschau-Moderatoren: »Guten Abend, meine sehr verehrten Damen und Herren« und »Jetzt die Lottozahlen«.
    Beamte lehrten mich schnell das Wort »Mahlzeit« und die Aufforderung »Erst anklopfen!« oder »Bitte warten Sie draußen, bis Sie aufgerufen werden!« Und halb nackte Frauen aus der Fernsehwerbung brachten mir die Sätze »Ruf mich an!«, »Mach mich nass!« oder »Eine Oma will dich verwöhnen« bei.
    Okay, zugegeben. Solche Sätze sind im ganz normalen Alltag ziemlich schwer unterzubringen, aber ich gab mir damals zumindest viel Mühe.
     
    Ich finde es herrlich, dass so viele Menschen hier in Deutschland Englisch sprechen. Darüber hinaus wirken viele auch noch sehr bescheiden, wenn sie darauf angesprochen werden. Wenn ich früher einen Deutschen fragte: »Excuse me, but do you speak English?« dann hörte ich auf meine Frage nicht »Nein« oder »Yes, of course«, sondern »Just a little bit«. Und dann unterhielt ich mich mit eben diesen Leuten sofort sehr lebhaft und stellte fest:
Shit! They speak better English than me!
    Ich glaube tatsächlich, dass viele Deutsche die englische Sprache sehr gut beherrschen wegen der vielen Touristen, die sie die ganze Zeit fragen: »Excuse me, but do you speak English?« Ich selbst höre diesen Satz fast jeden Tag, wenn ich in Deutschland unterwegs bin und in den meisten Fällen von meinen eigenen Landsleuten. Amerikaner sind sicherlich die Nr. 1 aller Englischsprechenden, wenn es darum geht,
andere Völker zu fragen, ob sie ihre Sprache sprechen. Jedes Jahr fliegen zum Beispiel Tausende von Amerikanern nach Ägypten, um sich trotz Terrorgefahr und Verschleppungsangst die Pharaonengräber, Cleopatra und die Pyramiden anzuschauen. Und auf diesen Ausflügen löchern sie oft die Einheimischen, immer wieder mit derselben Frage: »Excuse me, but do you speak English?« Ich weiß, wovon ich spreche: Ich war auch einmal in Ägypten und habe ständig dasselbe getan.
    Wenn wir Amerikaner Osama bin Laden irgendwann in die Finger kriegen würden, könnte ich mir vorstellen, dass das Erste, was wir ihn fragen würden, wäre: »Excuse me, Osama, but do you speak English?«
    Kaum vorzustellen, dass andere Ausländer das genauso oft tun würden. Iraner zum Beispiel, die Urlaub in Montana machen und fragen: »Excuse me, but do you speak Farsi?« Oder Pakistaner, die ihre Verwandten in New York City besuchen und die Kassiererinnen im Supermarkt ansprechen mit: »Excuse me, but do you speak Urdu?«
    Wir Amerikaner können froh sein, dass es hier in Deutschland so viele Menschen gibt, die nicht nur Englisch sprechen, sondern auch total viel Lust haben, ihre Englischkenntnisse anzuwenden. Ich habe hier oft die Erfahrung gemacht, wenn ich Einheimische mit »Sprechen Sie Englisch?« ansprach, dass sich die Leute nicht erschreckten, sondern vermutlich eher dachten:
Prima, noch ein Amerikaner, mit dem ich mein Englisch üben kann!
Ich nehme an: Wenn meine Muttersprache Arabisch wäre oder Urdu, würde es wohl seltener vorkommen, dass Leute zu mir sagten: »Phantastisch! Du sprichst Urdu? Ich auch!«
    Ja, mit

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