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Don't worry, be German. Ein Ami wird deutsch

Titel: Don't worry, be German. Ein Ami wird deutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Doyle
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bildlich gesprochen in meiner »amerikanischen T-Shirt-Phase« befand und überhaupt noch nicht ahnte, dass es so was wie eine »Pulli-Phase« überhaupt gibt —, dass ich »die Kirche im Dorf lassen« sollte. Dieser Satz verwirrte mich völlig.
Ich soll was im Dorf lassen? Die Kirche?
Was mich zusätzlich total irritierte, war damals mein Bedürfnis, alles direkt ins Englische zu übersetzen, ganz nach dem Motto: Vielleicht verstehe ich ja dann alles viel besser. Aber der Satz »Leave the church in the village« half mir auch nicht weiter.
    Ich machte eine ähnliche Erfahrung ein paar Monate später mit einer alten Frau im Kölner Hauptbahnhof. In letzter Sekunde versuchte ich, meinen Zug zu erwischen. Während ich auf das Gleis zielstrebig zulief, stieß ich versehentlich eine ältere Dame an. Nachdem ich mich hastig mit damals starkem amerikanischen Akzent entschuldigt hatte,
antwortete sie leicht verärgert: »Junger Mann, eine alte Frau ist doch kein D-Zug.« Hätte ich damals besser Deutsch sprechen können, hätte ich ihr wahrscheinlich zugestimmt: »Ja, das ist richtig. Eine alte Frau ist tatsächlich kein D-Zug.« Aber weil mein Deutsch damals nicht so gut war, übersetzte ich schnell den ganzen Satz ins Englische: »Young man, an old woman is not a D-Train.« Leider hat mir die Übersetzung auch dieses Mal nichts gebracht. Abends lag ich dann im Bett und grübelte über den Sinn dieses Satzes nach. Ich fragte mich:
Gab es etwa mal Zeiten, in denen alte Frauen und D-Züge miteinander verwechselt wurden? Stell dir vor, du stehst auf dem Bahnsteig und fragst einen Mitreisenden direkt neben dir: »Entschuldigen Sie bitte, aber ist das, was jetzt kommt, ein D-Zug oder eine alte Frau? Das verwechsle ich immer wieder.«
     
    Auf meinem weiteren sprachlichen Weg nach oben gab es noch viele andere Redewendungen, die mich durcheinanderbrachten. Neben meinen Favoriten »Lass die Kirche im Dorf« und »Eine alte Frau ist kein D-Zug« gab es damals einen anderen Spruch, der mich ebenfalls verdutzte, als ich ihn das erste Mal hörte. Eines Tages sagte nämlich ein Passant in der Fußgängerzone von Bonn, dass ich ihn »in de Täsch« lecken sollte. Ich weiß nicht, warum er es ausgerechnet zu mir gesagt hat. Ich dachte deshalb damals, dass man das in Bonn morgens zur Begrüßung zueinander sagt. Und dann beging ich wieder den gleichen Fehler, den ich in solchen Situationen oft machte. Ich übersetzte den Satz wieder ins Englische, um mir Klarheit zu verschaffen. Aber auch die wörtliche Übersetzung »Lick me in the pocket« half mir ebenfalls nicht weiter.
    Ich weiß, dass Deutsche, die in die USA reisen, oft ebenfalls Probleme mit amerikanischen Redewendungen haben.
    Ein deutscher Freund, dessen Kind gerade ein Austauschjahr in Amerika absolviert hatte, erzählte mir, dass es ausgerechnet die Redewendungen waren, mit denen sein Sohn Tobias Schwierigkeiten hatte. Die Schimpfwörter waren für ihn überhaupt kein Problem. Wie leider nicht anders zu erwarten, kam Tobias mit Begriffen wie ›fuck‹ und ›shit‹ in allen erdenklichen Kombinationen und Variationen ziemlich gut klar. Aber man kann als Nicht-Muttersprachler tatsächlich seine Englischkenntnisse auch auf der Schimpfwortebene verbessern. Das Wort »shit« zum Beispiel hört man ziemlich oft, wenn man in den USA unterwegs ist:
    Es regnet und die Leute sagen: »Oh, shit.«
    Ein Hurricane fliegt gerade vorbei, und die Leute sagen: »Oh, shit.«
    Man wird überfallen und sagt: »Oh, shit! Not again.«
     
    Das Wort »fuck« ist die Steigerungsform von »Oh, shit«, das ebenfalls viele Gestaltungsmöglichkeiten bietet. Hier sind nur einige:
    Oh, fuck!
    I'm fucked.
    I'm really fucked
    Fuck you!
    Fuck me!
    Fuck this!
    Fuck that!
    Fucked up! (Ein »Fucked down« gibt es, glaube ich, nicht.)
    Und dann gibt es noch »Fuck« als Teil einer Frage:
    »How the fuck are you?«
    »What the fuck is wrong with you?«
    »Are you fucking crazy?«
    Und dann gibt es noch die Leute, die einander sogar mit »Motherfucker« begrüßen. Der eine sagt: »Hey, motherfucker. How are you doing?« Und der andere antwortet: »Great, motherfucker. And you?«
    Andere Leute, die so was hören, fragen sich vielleicht: »Warum sagen die beiden ›Motherfucker‹ zueinander? Und warum umarmen sie sich dabei?« Wenn man so was in Deutschland zu jemandem sagen würde, bekäme man höchstens ein »Sind Sie bescheuert?« zur Antwort. Die Umarmung kann man gleich vergessen.
    Aber solche Sprüche darf

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