Dopingmixer
Sharp das erste Mal besucht habt?«
»Natürlich«, erwiderte Justus kauend.
»Einen Tag später habe ich sie besucht. Sie war ziemlich niedergeschlagen. Und da hatte ich eine Idee. Ich habe mich von ihr verabschiedet, und dann bin ich, bevor ich das Haus verlassen habe, in den Garten.« Tante Mathildas Gesicht glänzte vor Freude. »Und dann habe ich eine Viertelstunde lang –« Sie ging ins Wohnzimmer und kam mit ihrer Handtasche wieder zurück. Sie kramte darin. »Da ist er«, sagte sie triumphierend und hielt einen länglichen silbernen Gegenstand hoch. »Sieh mal, was ich hier habe.«
»Einen Lippenstift.« Justus sah seine Tante verständnislos an.Sie wird sich doch nicht für die Einbrecher fein gemacht haben, überlegte er und musste sich auf die Unterlippe beißen, um nicht zu grinsen.
»Sehr gut«, lobte sie ihn. »Und damit bin ich herumgegangen und habe alle exotischen Pflanzen markiert, von denen ich dachte, sie könnten vielleicht beim nächsten Mal die Beute dieser Verbrecher werden.« Tante Mathilda setzte sich und rückte ihren Stuhl ganz nah an den Ersten Detektiv heran. Dann zog sie die Azalee, die in der Mitte des Küchentischs stand, zu sich. »So«, sagte sie, während sie die großen Blätter hochhob und an der Stelle des Stamms einen kräftigen roten Kringel machte, wo der Stängel des untersten Blatts austrat. Dann ließ sie die Blätter wieder herunterfallen. Von der Markierung war nichts mehr zu sehen.
»Toll«, sagte Justus. »Wirklich toll.« Es hätte etwas begeisterter herauskommen sollen, als es das tat. Denn erstens schätzte es Justus eigentlich nicht, wenn ihm Laien in die Quere kamen, und zweifellos war seine Tante Mathilda das, was man einen blutigen Laien nannte. Schließlich wird man ja auch nicht dadurch selbst schon ein Detektiv, dachte Justus, dass man einen in der Verwandtschaft hat. Aber davon ganz abgesehen kam ihm Tante Mathildas Methode, die Grünzeug-Räuber zu fangen, einigermaßen banal vor.
»Gestern Nachmittag«, sagte Tante Mathilda feierlich, »habe ich mehrere dieser Pflanzen wiedergesehen. Auf dem Blumenmarkt in Los Angeles.«
Viel hätte nicht gefehlt, und Justus wäre sein Schinkenbrot aus dem Mund gefallen. Aber dann gelang es ihm doch, seine Verblüffung zu verbergen.
Draußen ertönte das laute Motorgeräusch eines Lastwagens und dann quietschende Bremsen. Ein Schatten huschte am Küchenfenster vorbei. Dann wurde mit lautem Knall eineTür zugeschlagen, und wenige Augenblicke später stand Onkel Titus vor ihnen.
»Stellt euch vor«, rief er, »ich bin diesen wurmstichigen Kleiderschrank doch tatsächlich losgeworden. Ende des neunzehnten Jahrhunderts, eine ganz seltene Antiquität, hat der Experte gesagt.«
»Wie viel?«, wollte Tante Mathilda wissen. Wenn es um Preise und Einnahmen ging, konnte sie unglaublich nüchtern sein. Nach Justus’ Meinung hätte sie allerdings ruhig mehr Vertrauen in die geschäftlichen Künste ihres Gatten haben können. Der stand jetzt mit hochgekrempelten Ärmeln am Waschbecken und schleuderte sich prustend und schnaubend kaltes Wasser ins Gesicht.
»Wie viel?«, wiederholte Tante Mathilda.
»Wie viel, wie viel«, echote Titus Jonas mürrisch. »Man braucht Geduld in dieser Branche. Die haben ihn doch nur in Kommission genommen.« Er warf Tante Mathilda einen missbilligenden Blick zu und marschierte mit einem leichten Kopfschütteln hinaus. Kurz darauf knallte wieder eine Tür, ein Motor sprang an, dann entfernte sich das Geräusch des Lastwagens.
»Morgen ist Sonntag«, sagte Tante Mathilda in verschwörerischem Tonfall zu Justus. »Und sonntags früh ist Blumenmarkt in Los Angeles.«
Sie stand auf und begann wieder zu singen.
Am Nachmittag hielten die drei ??? in einem Eiscafé in Rocky Beach eine Krisensitzung ab. Justus hatte sie spontan einberufen, da Tante Mathilda darauf bestand, dass Justus und seine Freunde am Sonntagmorgen auf dem Blumenmarkt in Los Angeles die Pflanzendiebe zur Strecke zu bringen hätten. Und außerdem hatte sich Peter telefonisch aus Santa Barbara gemeldet und angekündigt, er bringe interessante Neuigkeitenmit.
»Eigentlich wollte ich morgen früh vor dem Rennen noch mal richtig ausschlafen«, beschwerte sich Peter, nachdem Justus von Tante Mathildas Geniestreich mit den roten Markierungen an Mrs Sharps Grünzeug berichtet hatte. »Wie soll ich das machen, wenn wir vorher noch diese Pflanzendiebe einsammeln müssen?« Missmutig löffelte er eine Kugel Vanilleeis in sich hinein, die
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