Doppelbelichtung
liebsten laut aufgelacht hätte. »Dann meinst du also, daß die Dinge zwischen uns zu weit gegangen sind?«
»Sie sind nicht zu weit gegangen. Aber sie hätten zu weit gehen können.«
4
Er ging, und Corey sah ihn erst zu Thanksgiving wieder. Und als er endlich auftauchte, hatte Corey das untrügliche Gefühl, ihn beim besten Willen zu keiner Minute des Alleinseins verlocken zu können. Sie sagte sich, daß er sich nicht so wachsam verhalten würde, wenn ihn der Kuß am Swimmingpool kalt gelassen hätte.
Dieser Logik konnte sich auch Diana nicht verschließen, und wieder versicherte sich Corey ihrer Hilfe beim nächsten Schritt zur Verwirklichung ihres Traums. Bewußt gab sie sich während Spencers Besuch den Anschein, ein wenig abgelenkt und sogar eine Spur enttäuscht zu sein. Und als sie dann sicher war, daß Spencer das nicht entgangen sein konnte, ließ Corey ihn mit Diana im Wohnzimmer allein. »Arme Corey«, seufzte Diana wenig später.
»Was ist denn los?« erkundigte sich Spencer schnell und unüberhörbar besorgt.
»Sie freut sich nun schon seit Monaten auf den Weihnachtsball in der Schule. Sie ist sogar im Ausstattungskomitee. Und sie hat auch schon das Kleid, das sie dabei tragen will.« »Und wo ist das Problem?«
»Das Problem besteht darin, daß Doug Johnson sie begleiten wollte - er ist im Footballteam von Baylor -, aber heute früh rief er an und erklärte, daß seine Eltern über Weihnachten nach den Bermudas fliegen und ihn unbedingt dabeihaben wollen. Corey tut mir furchtbar leid.«
»Sie sollte sich ohnehin nicht mit Schulsportlern abgeben. Du weißt doch, wie die sind und was die von einem Mädchen erwarten, das sie mit ein paar Stunden ihrer Freizeit beehren.«
»Du warst doch auch ein Schulsportler«, wandte Diana lachend ein.
»Deswegen weiß ich es doch so genau.«
»Das Entscheidende ist, daß sie nun nicht hingehen kann. Dieser Ball ist eine ganz große Sache, besonders für den Abschlußjahrgang.«
»Warum bittet sie nicht einen anderen, sie zu begleiten?« fragte er, nun doch ein wenig verdutzt, daß sich Diana mit dem Problem ausgerechnet an ihn wandte.
»Corey hat jede Menge Freunde, aber die sind bereits verabredet.«
»Willst du mir damit etwa nahelegen, daß ich einspringe?« fragte Spencer nach einer Weile, die Diana wie eine Ewigkeit vorkam.
»Das mußt du selbst wissen.« Diana stand auf und verließ das Wohnzimmer. Als sie im Eßzimmer Corey begegnete, reckte sie triumphierend den Daumen. Corey stand bereits auf der Schwelle zum Wohnzimmer, als ihr auffiel, daß sie noch immer selig grinste. Hastig bemühte sie sich um eine ernstere Miene. Aber Spencer hätte es ohnehin nicht bemerkt. Er zog sich gerade sein Sakko an, um zu gehen. »Meine Mutter kommt über Weihnachten zu uns«, verkündete er.
»Wie schön.«
»Ich freue mich schon sehr auf sie«, gab er zu und wirkte eine Spur verlegen über seine Sentimentalität. »Schließlich«, fuhr er schnell fort, »habe ich sie seit drei Jahren nicht gesehen. Diana erwähnte, daß du keinen Begleiter für den Weihnachtsball hast. Also wenn du nichts dagegen hast, daß dich ein alter Mann zu deiner Tanzerei begleitet und du keinen anderen finden kannst, stehe ich gern für dich bereit.« Corey hatte das Gefühl, vor Glück im Boden versinken zu müssen, hütete sich aber, ihn das merken zu lassen. »Wie nett von dir, mir das anzubieten.«
»Ich fahre jetzt nach Dallas zurück. Wenn ich in der Weihnachtswoche wieder nach Houston komme, kannst du mir ja sagen, ob du Wert auf meine Begleitung legst.«
»Oh, das tue ich«, versicherte ihm Corey schnell. »Der Ball findet am einundzwanzigsten Dezember statt. Könntest du mich um sieben Uhr abholen?«
»Sicher. Kein Problem. Und wenn du ein besseres Angebot bekommst, laß es mich wissen.«
»Du bist ein wirklicher Schatz, Spencer«, sagte Corey auf eine sehr gewagte, erwachsene Art, als er sich vor der Haustür noch einmal umdrehte und den Reißverschluß seiner Winterjacke zuzog.
Statt einer Antwort griff er ihr zärtlich unter das Kinn, als wäre sie eine Sechzehnjährige und ging.
Als Corey am einundzwanzigsten Dezember um sieben Uhr in ihrem dunkelblauen Seidenkleid die Treppe herunterkam, fühlte sie sich nicht wie ein Kind und sah auch nicht so aus. Sie war eine junge Frau, in deren Augen Liebe und Vorfreude schimmerten. Sie war Cinderella auf dem Weg zu ihrem Ball und wartete am Fenster des Wohnzimmers auf ihren Prinzen.
Der Prinz verspätete sich.
Als er auch
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