Doppelgänger
ziemlich geschmacklosen Reklametrick. Entweder das, oder die Burschen haben irgendein Zeug genommen, das Halluzinationen hervorruft. Ein Mann, dem das halbe Gesicht vom Wangenknochen bis zum Kinn weggefressen ist, kann nicht mehr leben, wenn er so lange im Wasser getrieben hat … wann ist die Maschine abgestürzt? Vor drei Tagen? Vier? Er wäre längst am Blutverlust gestorben, oder meinen Sie nicht?«
Branksome zögerte. Schließlich sagte er: »Das kann ich nicht sagen. Dazu weiß ich nicht genug über Medizin.«
»Sie können mir glauben, dass es stimmt«, sagte Leigh-Warden.
»Ich denke, wir sollten der Sache trotzdem nachgehen«, sagte Branksome nach einigem Überlegen. »Rodge, fahren Sie mit den Leuten zu der Stelle, wo sie den Mann beobachtet haben, und sehen Sie sich dort um. Wenn Sie glauben, dass wir der Sache nachgehen sollten, rufen Sie hier an, okay?«
»Jawohl, Sarge.« Sellers nahm seinen Helm vom Wandhaken und setzte ihn auf.
»Aber der Mann stirbt vielleicht«, sagte Bruno noch einmal eindringlich.
»Ich bin nicht bereit, die gesamte Küstenwache von Kent für eine mitternächtliche Suchaktion zu alarmieren!« sagte Branksome scharf.
»Aber …« Bruno unterbrach sich und wandte sich resigniert zum Gehen. »Okay, okay! Wir werden versuchen, ihn zu finden.«
»Haben Sie einen Wagen?« fragte Branksome.
»Und was für einen«, sagte Leigh-Warden kichernd. »Er steht auf der anderen Straßenseite. Ein Alptraum auf Rädern!«
»Sie fahren sicher einen vergoldeten Rolls-Royce«, sagte Bruno wütend.
Einen Augenblick lang glaubte er, dass der Reporter ihn schlagen würde, doch dann beließ er es bei einem verächtlichen Grinsen und marschierte hinaus. Constable Sellers verließ ebenfalls die Station, und Bruno folgte ihm ziemlich niedergedrückt.
7
»Auf jeden Fall ist dies eine Abwechslung von dem ständigen Herumsitzen in der Station«, sagte Constable Sellers. Glenn war zu den anderen in den hinteren Teil des Lieferwagens gekrochen, und der Polizist hatte sich neben Cress gesetzt. Ihn schien die hautenge Nähe eines hübschen Mädchens in einem Minikleid nicht zu stören.
Bruno hielt den Blick auf die Straße gerichtet, die von den Jod-Quarz-Scheinwerfern, die er für ihre häufigen Nachtfahrten von einem Engagement zum anderen hatte installieren lassen, taghell erleuchtet wurde, und murmelte: »Das war ein ziemlich kühler Empfang, den ich bekommen habe, wie?«
»Aber nicht durch uns, Sir«, sagte Sellers entschuldigend.
»Was soll dieses alberne ›Sir‹?« fragte Glenn vom hinteren Teil des Wagens.
»Vorschrift«, sagte Sellers.
»Tun Sie mir einen Gefallen und vergessen Sie sie, hm? Ich heiße Glenn, Glenn Salmon. Und Sie?«
»Ich … ah … mein Name ist eigentlich Roger, aber die meisten Leute nennen mich Rodge.«
»Okay. Wer war es, der Bruno einen so kühlen Empfang bereitet hat, Rodge?«
»Er ist ein Reporter – sozusagen. Ein aufgeblasener eitler Affe. Er soll in seinem Job recht tüchtig sein, wird gesagt, aber er ist ein widerlicher Bastard. Und so gut kann er auch nicht sein, sonst wäre er in der Fleet Street bei einer der großen Zeitungen und würde nicht für Zeilengeld in der Provinz arbeiten. Meistens schreibt er saftige Skandalgeschichten: Sie kennen so was sicher: ›Führte Partnertausch während des Urlaubs zur Scheidung?‹« Er seufzte. »Ich wünschte, er wäre heute nicht in der Station gewesen. Der Sarge ist in Ordnung. Aber er übernimmt sich. Trauriger Fall: Seine Frau hat ihn verlassen, weil sie es nicht ertragen konnte, dass er jeden Abend so spät nach Hause kam. Und jetzt schindet er sich fast zu Tode, um nicht ständig daran denken zu müssen, vermute ich.«
»Und was war der kühle Empfang?« fragte Gideon.
»Der Bastard wollte uns unterstellen, dass wir alle high wären!« sagte Bruno.
Sellers räusperte sich. »Ich … ich hoffe, dass Sie kein …« Er zögerte. »Ich bin wirklich eine Art Fan von Ihnen und habe auch ein paar Platten, die Sie aufgenommen haben, und deshalb …«
»Der ist auch noch menschlich!« murmelte Glenn.
»Falls Sie mit dieser umständlichen Vorrede« – Bruno lenkte den Wagen so scharf um eine Kurve, dass die Reifen protestierten und die Passagiere sich festhalten mussten – »zu der Frage kommen wollten, ob wir Rauschgift an Bord haben, lautet die Antwort klar und deutlich: Scheiße, nein ! Ich würde kein Hasch oder Pot im Wagen haben, selbst wenn ich mir etwas aus dem Zeug machte, was nicht der
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