Doppelgänger
gefallen ist? Er war völlig durchnässt – richtig mit Wasser voll gesogen, kam es mir vor, als wenn er mit Wasser gefüllt wäre; er war unheimlich schwer, als wir ihn auf die Beine stellten.«
»Danke, Sir«, sagte Jenkins sarkastisch. »Aber wir brauchen wirklich keine Anweisungen, wie wir unseren Job zu tun haben.«
Bruno starrte ihn an, zuckte die Achseln und ging hinaus.
Roger Sellers war durch seinen Job vorzeitig zum Zyniker geworden. Als er festgestellt hatte, dass niemand in der Umgebung der alten Warrinder-Farm Miss Beeding in letzter Zeit gesehen hatte, die Station anrief und ihr Verschwinden meldete, rechnete er fest damit, dass Doreen sich darüber beschweren würde, wie er sie wegen seines Jobs vernachlässigte, selbst wenn er offiziell dienstfrei hatte, und darauf bestehen würde, in die Stadt zurückgebracht zu werden, wo sie sich mit einem anderen ihrer Freunde treffen könnte, der mehr Zeit und Aufmerksamkeit für sie aufbrachte. Zu seiner Überraschung sagte sie jedoch: »Das ist genau so, wie man es im Film und Fernsehen sieht, nicht wahr?«
»Wie meinst du das?« fragte er verwundert.
»Nun, du musst immer bereit sein, etwas zu tun und anderen Menschen zu helfen, selbst wenn du nicht im Dienst bist.« Sie sah ihn nachdenklich an.
Sellers zögerte. Schließlich sagte er: »Klingt ein bisschen schnulzig, aber das ist es, was mir an meinem Job wirklich gefällt. Das meiste ist ziemlich scheußlich: Strafzettel an falsch geparkte Autos stecken, alte, leicht senile Frauen verhören, die beim Ladendiebstahl erwischt worden sind, und so weiter. Aber – nun, diese Sache entschädigt einen irgendwie für alles, verstehst du, was ich meine?«
Sie nickte.
»Hast du Lust, mitzukommen?« fragte er, und nach kurzem Zögern nickte sie noch einmal.
Also erlebte sie das Geschehen am Rande mit, als zuerst ein Wagen der örtlichen Feuerwehr eintraf und dann ein Streifenwagen mit Sergeant Branksome. Der Feuerwehrmann inspizierte die verdreckte Küche, vergewisserte sich, dass keine Brandgefahr mehr bestand, und fuhr wieder fort. Branksome sah sich ebenfalls gründlich um, ihn interessierten jedoch vor allem das Zeug, das auf dem Boden verstreut lag. Schließlich sagte er: »Bemerken Sie etwas Ungewöhnliches, Rodge?«
»Ja, da ist irgend etwas … Aber es ist eine solche Unordnung … Warten Sie! Ich glaube, ich weiß, was Sie meinen. Hier hat ein Kampf stattgefunden, nicht wahr?«
»Sehr wahrscheinlich«, sagte Branksome. »Nicht nur der zerbrochene Spiegel lässt darauf schließen. Hier liegen auch die Scherben einer Bierflasche, sehen Sie.« Er stieß mit der Spitze seines Schuhs in einen verkohlten Bogen Zeitungspapier, der zu Asche zerbröckelte. Unter ihm wurden glitzernde Glasstücke sichtbar. »Und die aus den Angeln gerissene Tür.«
Sellers warf einen Blick darauf.
»Und niemand erinnert sich, sie heute gesehen zu haben?« fuhr Branksome fort.
»Nein, Sarge. Und ich habe mit allen Leuten gesprochen, die ich antraf.«
»In dem Fall«, murmelte Branksome, »gibt es vielleicht wirklich einen Mann, der aus der See kam …«
Er richtete seinen übermüdeten Körper auf, als ob ihm gerade jetzt bewusst geworden wäre, dass er zusammengesunken dastand wie ein alter Mann.
»Wir müssen sie suchen«, sagte er.
Es war schon fast Nacht geworden, als es Sellers endlich gelang, sich für eine Weile freizumachen und mit Doreen zu dem einzigen Restaurant Brindowns zu fahren, das um diese Zeit noch geöffnet hatte – ein chinesisches, von denen es im heutigen England gottlob recht viele gibt. Doreen war erregt über die Ereignisse dieses Tages und sprach ununterbrochen, während er über die Nachteile seines Jobs nachdachte, wenn es darum ging, eine Freundin zu finden und zu halten.
Gegen halb elf, als an einem schönen Sommerabend wie diesem nicht nur ein paar Nachtschwärmer in den Pubs ausgeharrt hatten, sondern bei Anbruch der Sperrstunde eine ziemlich große Menschenmenge aus ihren Türen drängte, traten auch Roger und Doreen auf die Straße und gingen auf den Parkplatz zu, auf dem er seinen Roller abgestellt hatte.
Arm in Arm schoben sie sich durch das Gewühl von Menschen, die in die gleiche Richtung gingen oder ihnen entgegenkamen, auf dem Weg zur Busstation. Sie schlenderten ohne Eile und grinsten einander hin und wieder an.
Doch plötzlich blieb Sellers stehen.
»Da ist sie ja!« rief er.
»Was?«
»Hast du sie nicht gesehen? Ach, Quatsch, du kennst sie ja gar nicht. Ich
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