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Doppelgänger

Doppelgänger

Titel: Doppelgänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Brunner
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Lagerhalle und hatte im Lauf der Zeit Jazz-Clubs, Skiffle-Clubs und eine erfolglose Striptease-Show beherbergt; das letzte Projekt war eine Show, die sich ›Total Environment‹ nannte und eine kaleidoskopartige Folge von Lichteffekten, Filmausschnitten und Pop-Gruppen bot, die von acht Uhr abends bis acht Uhr früh dauerte. Das Unternehmen hatte sich als unerwartet profitabel erwiesen, doch die Mitglieder der ›Hermetic Tradition‹ schätzten vor allem die Aufgeschlossenheit des Publikums. Die Menschen, die in den Mellow Cellar kamen, waren bereit, Ragas, Jazz, Pop und Lyrik zu hören und gaben ihnen Gelegenheit, selbst die ausgefallensten von Ruperts Experimenten über sich ergehen zu lassen. Bei ihrem letzten Engagement hatten sie seine selbstgebaute Lasry-Bachet-Orgel mitgebracht, ein Instrument, das aus Glasstäben bestand, die mit angefeuchteten Fingern in Schwingungen versetzt wurden, und heute wollten sie ein paar Masken-Nummern ausprobieren, bei denen Gideon und Liz Texte vor dem Hintergrund rhythmischer Musik sprachen. Rupert hatte festgestellt, dass Sprechgesang bis jetzt sehr vernachlässigt worden war.
    Während der Pause zwischen dem Auftritt der ›Sceneshifters‹ und dem ihren war ein Teil des Publikums zu den Soda-Theken und Snack-Bars gegangen. Bruno hatte Seadeath als erste Nummer bestimmt, weil der Song bekannt war und sie dem Publikum vorstellen würde. Silberige Akkorde, wie das Plätschern winziger Wellen an einem Strand, tönten aus Ruperts Orgel, und das Dröhnen von Brunos Bass klang wie die Schritte eines näher kommenden Verhängnisses. Gideon trat zum Mittelmikrofon und begann zu singen, während Liz über ein anderes Mikrofon einen melodischen Kontrapunkt sang. Glenn unterstrich die Konfrontation der beiden gegensätzlichen Themen mit schleifenden Jazzbesenschlägen auf der kleinen Trommel.
    Nur knapp die Hälfte der Menschen auf der quadratischen Fläche vor der Bühne tanzte. Die meisten von ihnen wiegten sich nur im Rhythmus des Songs und sahen dem Spiel grünlicher Lichter zu, das die Projektoren über die Bühne gleiten ließen. Da sie die meisten ihrer Nummern schon bei früheren Engagements gespielt hatten, brauchte Bruno dem Mann, der die Projektoren bediente, nur ein paar Stichworte zu geben; ihre neue Nummer würde von einem Filmausschnitt begleitet werden, den Rupert irgendwo ausgegraben hatte.
    Doch jetzt war das meiste konventionelles Zeug, abgesehen von den im Licht der Scheinwerfer glitzernden Handschuhen für Nighthound , einem Song, bei dem die Saiten von Brunos Bass mit Hilfe eines Zusatzgeräts, das Rupert konstruiert hatte, wie wahnsinnig gewordene Löwen aufbrüllten und das Publikum unter dröhnenden, röhrenden Akkorden erzittern ließen.
    Bruno begann sich bei der gewohnten Tätigkeit, in der vertrauten Atmosphäre, zu entspannen, den Ärger des heutigen Tages zu vergessen und sich auf den zur Arroganz verführenden und doch willkommenen Beifall zu freuen, als Dick auf die Bühne zutrat und seinen Blick suchte. Als sie die Nummer beendet hatten, winkte er Bruno zu sich und flüsterte: »Was habe ich dir gesagt? Die Bullen sind hier. Ein Sergeant Branksome aus der Gegend, in der ihr gestern Nacht gewesen seid. Er wartet in meinem Büro auf dich. Sieh zu, dass du ihn so rasch wie möglich loswirst.«

 
10
     
    Zwei Männer warteten in Dicks Büro: Sergeant Branksome, der nun sogar noch müder aussah als in der vergangenen Nacht, und ein junger Mann in einem dunklen Anzug, der sich als Sergeant Jenkins von Scotland Yard vorstellte. Branksome war hier auf fremdem Territorium, also musste er natürlich die Erlaubnis der Londoner Polizei einholen, wenn er hier tätig werden wollte.
    Bruno setzte sich betont lässig den beiden Polizisten gegenüber, blickte sie über Dicks Schreibtisch hinweg herausfordernd an, steckte sich eine Zigarette zwischen die Lippen und sagte kurz: »Okay, was wollen Sie?«
    »Haben Sie eine alte Frau namens Miss Beeding getroffen, als Sie gestern Ihr Strandpicknick abhielten?« fragte Branksome ohne jede Einleitung.
    »Ja. Sie hat mit uns gesprochen. Wir haben ihr eine Flasche Bier von dem Vorrat gegeben, den wir an den Strand mitnehmen wollten, und sie damit anscheinend recht glücklich gemacht.«
    »Und das war alles?«
    »Natürlich.«
    »Und sie ist dann wieder in ihr – in ihr Haus gegangen?«
    »Nehme ich an. Jedenfalls ist sie mit ihrem Bier abgezogen«, sagte Bruno.
    »Verstehe.« Branksome starrte auf das Telefon und fuhr mit

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