DoppelherzTOD
letzter Tanz war vorbei. Brigitta bedankte sich bei ihm mit einem Kuss. Der Diskjockey spielte Frank Schöbel: Blonder Stern, blonder Stern, wo bist du geblieben?
»Mein blonder Stern, ich lasse uns ein Taxi rufen.«
»Das ist doch nicht mehr wie im Osten. Lass uns ein paar Schritte gehen. Wir finden auf der Straße sicher genügend Taxen, die uns heimbringen.« Ehrlicher sah die Lust in Brigittas Augen. »Außerdem bin ich sehr lange nicht mehr mit einem Mann nach Hause gelaufen.«
Ehrlicher versuchte nicht, einen anderen Vorschlag zu machen. Sie verließen das Ringcafé. Auf der Treppe fiel Brigitta in seine Arme, wahrscheinlich mit Absicht. Dann küssten sie sich.
Eng untergehakt, gingen sie an den auf Fahrgäste wartenden Taxen vorbei. Die Stadt war noch voller Leben. Vor den Diskotheken rauchten die Nachtschwärmer. Ehrlicher musste Brigitta schon wieder küssen, nur schwer konnten sie sich voneinander lösen. Ehrlicher bemerkte die Frau nicht, die ihnen plötzlich im Weg stand.
»Das glaube ich nicht! Du Gockel!«
Mehr sagte Frederike nicht und schlug zu. Die Ohrfeige brannte auf seiner Wange. Woher kam denn Frederike so plötzlich? Ein Blick auf die Uhr zeigte, dass sie längst ihren Laden geschlossen haben musste. Feierabend. Sie war auf dem Heimweg. Ehe er sich fassen konnte, war Frederike verschwunden. Er sah sie nicht mehr und zweifelte, dass sie es überhaupt gewesen war, die ihm die Ohrfeige verpasst hatte. Er rieb sich die schmerzende Stelle. Brigitta bedeckte seine Wange mit Küssen.
»Nach Hause wirst du es heut nicht mehr schaffen. Und in mein Bett passen wir beide.«
Brigitta stellte sich auf die Straße. Die nächste Taxe hielt an.
»Wohin soll’s denn gehen?«
»Haus Roseneck, bitte.«
14.
Der Frühling durchzog die Stadt. Noch vor ein paar Tagen hatte Schnee auf blühenden Forsythien und Lämmerschwänzen gelegen. Jetzt schien die Sonne. Ein leichter Wind hauchte über Parks und Straßen. Es war ein guter Morgen.
Die Tür des Waschsalons war offen, als Kain zu seinem Dienst erschien. Dabei waren es noch fast zwei Stunden Zeit bis zur offiziellen Öffnungszeit. Kein Gast war im Raum. Blumenvasen, Salz und Zucker standen noch nicht auf den Tischen. Hinter der Theke wurden Kisten geschoben. Frederike ordnete Spirituosen und Saftflaschen neu. Sie blickte ihn an, aber sie redete kein Wort. Frederike sah man ihre schlechte Laune an. Kain nahm darauf keine Rücksicht.
»Morgen, Frederike. Gut geschlafen?«
Eine Reaktion auf seine fröhlichen Worte erfolgte nicht. Das Grunzen war weder als Gruß noch als eine Antwort interpretierbar.
Kain war überrascht, seine Chefin bei der Arbeit zu sehen. Offensichtlich hatte sie es zu Hause nicht mehr ausgehalten. »Was machst du denn schon hier? Du stehst doch erst ab 18 Uhr im heutigen Plan.«
»Ich habe eben den Plan geändert.«
»Soll ich wieder gehen?«
»Tu, was du willst.«
»Bin ich gekündigt, oder wie verstehe ich das?« Auf diese Art war kein vernünftiges Wort mit Frederike zu wechseln. Kain musste die Strategie ändern.
Frederike hob einen Karton mit teurem Wermut hoch auf die Theke. Aus diesem Sortiment hatte, seit Kain hier bediente, niemals ein Kunde bestellt. Zwei Flaschen stellte die Chefin aufs Bord über den Tresen, wo schon andere Flaschen standen. Frederike hielt kurz inne, und Kain hätte es nicht gewundert, wenn sie sich einen eingeschenkt hätte. Auf seine Frage gab sie keine Antwort.
»Kann ich dir helfen? Ich wollte sowieso heute Morgen mal die Anlage überprüfen. Nicht, dass der Bierhahn tropft.«
»Die Hygiene hat nie etwas in meinem Laden bemängelt.«
Kain konnte Frederikes frostige Reaktionen nicht deuten. So schlecht gelaunt hatte er sie noch niemals gesehen. Selbst wenn Bruno oder er üblen Frust geschoben hatten über depperte Vorgesetzte, ignorante Staatsanwälte oder nur einfach in ihren Ermittlungen festgehangen hatten, hatte Frederike stets ein freundliches Wort für sie gehabt. Hatte ungefragt ihr Bier gezapft und ihnen den Teller mit Kartoffelsuppe und Schnippelwurst hingestellt. Heute war von dieser Freundlichkeit nichts zu spüren. Kain legte seine Jacke auf einen Stuhl.
»Die Garderobe für Angestellte befindet sich die Treppe nach oben im Büro. Ich habe allen Mitarbeitern die Hausordnung zum Lesen gegeben.«
Kain handelte ohne Widerspruch, anweisungsgemäß. Ein harter Tag stand ihm bevor, wenn Frederike in dieser Laune durchhielt. Er könnte sich ins Büro setzen. Oder er könnte
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