Doppelkinnbonus: Gesamtausgabe (German Edition)
zu ignorieren. Es ist nämlich gerade etwas … ungünstig .“
„Sorry, aber du musst das Schäferstündchen mit deinem Hüftrollenflüsterer für eine Weile unterbrechen. Ich brauche deine Hilfe, Romy. Du bist meine letzte Rettung!“
Hüftrollenflüsterer. Nervös versuche ich an Alexanders Gesichtsausdruck abzulesen, ob er hören kann, was Veronika sagt. Keine Reaktion. Seine Ohren scheinen denen von Columbo nicht das Wasser reichen zu können.
„Sag schon, was ist passiert?“, frage ich sie.
„Casper hat irgendetwas mit dem Magen. Keine Ahnung, ob er was Falsches gegessen hat. Ich muss dringend mit ihm zum Tierarzt und weiß nicht, wohin mit Mary. Franjo ist auf Dienstreise und meine Mutter liegt mit nem gebrochenen Bein zu Hause. Kannst du herkommen? Nur für zwei Stunden, höchstens drei.“
Ich überlege kurz, obwohl es nichts zu überlegen gibt. Sie ist meine beste Freundin und Mary fast genauso wichtig wie mein eigenes Kind.
„Klar“, sage ich schließlich. „Ich bin in zehn Minuten da.“
„Oh Gott, Romy. Danke! Ich weiß nicht, wie ich das wieder gutmachen soll.“
„Am besten du probierst es erst gar nicht.“
„Bis gleich.“
Ich lege auf und werfe das Telefon in meine Handtasche.
„Hüftrollenflüsterer?“ Alexander verschränkt die Arme vor der Brust.
So viel zum Thema Columbo.
„Ähm. Tut mir leid. Veronika ist manchmal etwas direkt. Ich habe ihr erzählt, dass du mich mit Hüftgold lieber magst als ohne. Seitdem nennt sie dich manchmal so. Ist aber wirklich nicht böse gemeint.“
„Na, dann will ich nicht wissen, wie sie jemanden nennt, wenn sie es böse meint.“
„So ist sie eben.“ Ich lächle gequält. „Sorry, aber ich muss jetzt wirklich los. Ihre Tochter Mary ist erst Vier und kann nicht allein bleiben, und Veronika muss dringend mit ihrem Welpen zum Tierarzt.“
„Und unser Abendessen?“
„Das muss ja deswegen nicht ausfallen.“ Ich schaue auf meine Uhr. „Spätestens um halb Acht bin ich wieder hier.“
Kapitel 4: Die Sahne nicht vergessen!
Kinder sind die reinsten Engel, vor allem, wenn sie schlafen. Dieser Gedanke geht mir durch den Kopf, als ich Marys Zimmertür vorsichtig schließe und die letzten Töne der Spieluhr langsam verstummen. Nach dreieinhalb Stunden nervenaufreibender Debatten über die Frage, ob Ernie aus der Sesamstraße Mädchen oder Junge ist und warum das Krümelmonster blau ist und nicht braun wie die Kekse, die es verschlingt, falle ich erschöpft in Veronikas Zebra-Look-Sessel.
Es ist bereits nach halb Neun und die Tatsache, dass ich Veronika nicht auf dem Handy erreiche, macht mich gleichermaßen unruhig wie wütend. Noch nervöser macht mich allerdings die Tatsache, dass Alexander auf meine SMS, dass es etwas später wird, noch immer nicht geantwortet hat.
Er ist wütend, ganz sicher. Und wenn nicht wütend, dann zumindest enttäuscht. Welche Frau hat schon das Glück, von einem der besten Köche der Stadt verwöhnt zu werden, noch dazu bei romantischem Kerzenlicht und Rotwein? So war es zumindest geplant. Und was mache ich? Ich ziehe einem unvergesslichen Essen mit Alexander einen nicht enden wollenden Abend mit einer Vierjährigen vor, inklusive Erdbeersoße auf dem Kragen meiner Bluse, einem abgebrochenen Fingernagel und einem Fernseher, der scheinbar nicht mehr als sieben Kanäle hat.
Mein Handy meldet sich zu Wort.
Alex?
Nein, Veronika. Eine SMS.
Sorry, stecke mitten im Chaos. Der Tierarzt hatte die nötige Medizin für Casper nicht da, weswegen wir ewig warten mussten, und jetzt stecke ich im Stau auf der Hochbrücke. Ich hoffe, dass ich in spätestens einer halben Stunde wieder da bin. Hoffe, bei euch ist alles okay.
Ich atme tief ein und beginne zu schreiben.
Alles okay. Bis gleich.
Alles okay ist maßlos übertrieben. Andererseits war Veronika mehr als einmal mein nächtlicher Rettungsanker, wenn ich heulend vor ihrer Tür stand, weil ich wieder mal unglücklich verliebt oder versetzt worden war. Ist es da zu viel verlangt, die eigenen Interessen hintanzustellen, wenn sie mich braucht?
Nein.
Trotzdem hält sich meine Begeisterung für den Abend in Grenzen.
Ein Klopfen an der Tür, leise, aber doch nicht zu überhören, reißt mich aus der Lethargie. Hoffentlich nicht der schmierige Nachbar mit dem geföhnten Haarkranz, schießt es mir durch den Kopf, als ich langsam die Tür öffne.
„Alex!“
Mit einer gläsernen Auflaufform in den Händen und einer Plastiktüte, die – scheinbar mit einer
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