Doppelkinnbonus: Gesamtausgabe (German Edition)
Flasche gefüllt – an seinem rechten Zeigefinger herunterhängt, steht er lächelnd im Hausflur.
„Was machst du denn hier?“, frage ich.
„Ich dachte, wenn du nicht zu mir kommen kannst, komme ich eben zu dir.“ Er flüstert. „Schläft die Kleine schon?“
„Seit ein paar Minuten“, antworte ich verwirrt. „Veronika ist aber leider noch immer nicht da.“
Er schaut sich suchend um, dann geht er in die Küche und stellt die Lasagne und den Wein auf den Tisch. „Dann hoffe ich, dass wir wenigstens ein paar Minuten für uns haben, bevor sie nach Hause kommt.“
Er holt zwei Teller aus dem offenen Wandregal. „Den Rest, sollte es tatsächlich einen geben, kann gerne deine Freundin haben. Ich bin sicher, dass es ihr schmecken wird.“
„Davon bin ich überzeugt, aber …“ Ich schaue ihm dabei zu, wie er die Schubladen nach dem Besteck durchsucht, „bist du allen Ernstes nur wegen mir hergekommen, damit ich etwas von der Lasagne abbekomme?“
„Wir waren zum Abendessen verabredet, und – Tadaa!“ Er zieht einen imaginären Hut vom Kopf. „Abendessen! Und zwar das beste im Umkreis von zehn Kilometern.“
Es fällt mir schwer, meine Verunsicherung zu verbergen. „Das ist wirklich total süß von dir, Alex. Aber so leid mir der misslungene Abend auch tut, unter einem romantischem Dinner mit dir habe ich mir irgendwie etwas anderes vorgestellt als ein Schnellmenü am Küchentisch meiner besten Freundin.“
„Ich dachte, du freust dich.“
„Ich freue mich ja auch – über dich . Das mit dem Essen ist jetzt aber viel zu spät und außerdem absolut unnötig. Ich wäre ohnehin in spätestens einer Stunde bei dir gewesen.“
„Aber das ganze Essen, es wäre einfach schade drum. Ich habe zwei Stunden in der Küche gestanden, um es zuzubereiten.“
„Ich weiß. Und das tut mir auch leid. Aber wir könnten es doch auch morgen essen, oder? Sagst du nicht selbst immer, dass eine richtig gute Lasagne erst einen Tag durchziehen muss, bevor sie richtig schmeckt?“
„Aber für morgen Abend habe ich bereits ein anderes Menü geplant. Außerdem hast du heute noch kein vernünftiges Abendessen bekommen. Es ist wichtig, dass du was Richtiges isst.“
„Du hast ja recht, aber …“ Ich gerate ins Stocken. „Moment mal. Was meinst du damit, es ist wichtig, dass ich etwas Richtiges esse?“
Ich mustere ihn skeptisch, während er mit jedem meiner Blicke unruhiger wird.
„Na ja“, sagt er. „Jeder muss doch etwas essen, oder? Nicht nur morgens und mittags, sondern auch abends. Das ist nicht nur wichtig für die Gesundheit, sondern auch für die Seele.“
„Und warum habe ich dann das Gefühl, dass es weniger um meine Seele als um meine Hüften geht?“
„Ich weiß nicht, was du meinst.“ Seine Verlegenheit ist ausnahmsweise alles andere als charmant.
„Oh doch, Alex. Das weißt du sogar sehr genau.“
„Romy.“
„Du bist so besessen davon, dass ich wieder zunehme, dass du mir sogar zu so später Stunde mit einer Lasagne im Wagen hinterherfährst, nur um sicherzugehen, dass ich stattdessen nicht einen fettarmen Joghurt esse.“ Ich halte kurz inne. „Seit unserer Versöhnung liegen – rein zufällig natürlich – immer irgendwelche Schokoherzen herum oder du rührst in irgendwelchen dickflüssigen Soßen, die nur darauf warten, ohne Umwege direkt auf meinen Hüften zu landen. Vielleicht hatte Veronika doch nicht so ganz unrecht, als sie dich den Hüftrollenflüsterer nannte. Du folgst deiner Mission subtil, aber mit Bestimmung.“
„Nein, Romy, so ist das nicht. Ehrlich. Ich finde nur einfach, dass du zu wenig isst und dass du nach einem langen Tag auch darauf achten solltest, dass du satt wirst.“ Er legt die Hände auf meine Oberarme. „Du wirst immer dünner und denkst auch noch, dass es gut aussieht.“
Seine Worte treffen mich wie Peitschenschläge. Da ist sie also, die sonst so sorgsam versteckte Wahrheit. Nur wenige Tage nach unserer Versöhnung kommt sie in all ihrer Unbarmherzigkeit erneut zum Vorschein: Er findet mich unattraktiv. Er findet mich zu dünn. Er findet mich dünn und unattraktiv.
Dass beide Adjektive in einem Satz stehen können, habe ich immer für unmöglich gehalten. Alexander beweist jedoch, dass das Unmögliche möglich ist. Und somit auch, dass das Unvorstellbare vorstellbar wird: Er ist nicht der Richtige für mich!
Unfähig, etwas zu sagen, lasse ich mich auf einen der Metallstühle fallen. Alexander, der von Minute zu Minute nervöser wird,
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