Doppelspiel der Leidenschaft (German Edition)
ich mir selbst auch?“
„Hoffentlich nicht.“
Ehe Nicolò etwas erwidern konnte, tauchte eine Schwester auf. „Mr. O’Dell?“
„Wie geht es Kiley?“, erkundigte Nicolò sich sofort.
„Alles, was ich Ihnen sagen kann, ist, dass ihr Zustand stabil ist. Der Arzt möchte sowieso mit Ihnen sprechen, dann werden Sie mehr erfahren. Würden Sie bitte mit mir kommen?“
Erst als er mit ihr ein ganzes Stück die Flure entlanggegangen war, merkte er, dass er völlig vergessen hatte, sich von seinem Bruder zu verabschieden.
Schließlich deutete die Schwester auf eine Tür, und Nicolò betrat ein enges Zimmer, in dem der Arzt hinter seinem Schreibtisch saß und sich Notizen machte. „Ich bin Dr. Ruiz“, stellte er sich vor und erhob sich.
„Sagen Sie es mir bitte freiheraus: Ist sie am Leben?“, wollte Nicolò wissen.
„Ja, und ihr Zustand ist stabil“, bestätigte Dr. Ruiz. „Aber es war ein heftiger Aufprall. Es grenzt nahezu an ein Wunder, dass sie sich nichts gebrochen hat. Sie hat einige Platzwunden, die wir nähen mussten, und einen großen Bluterguss an der linken Hüfte. So etwas kann sehr schmerzhaft und in der ersten Zeit beim Laufen ziemlich hinderlich sein.“
„Ich nehme an, das waren die guten Nachrichten. Und jetzt die schlechten.“
„Wie Sie wissen, liegen eine Gehirnerschütterung und ein schweres Schädeltrauma vor. Eine kleinere Schwellung, die sich gebildet hat, drückt auf das Gehirn, doch das haben wir medikamentös gut im Griff.“
„Ist sie bei Bewusstsein?“
Der Arzt verneinte. „Sie ist nur einmal kurz aufgewacht, wobei sie aufgeregt und verwirrt wirkte.“
Nicolò besaß eine gute Menschenkenntnis, und manchmal schien es fast, als könnte er Gedanken lesen. „Verschweigen Sie mir etwas?“, fragte er.
Dr. Ruiz presste die Lippen aufeinander. „Tut mir leid, Mr. O’Dell, dass ich Ihnen nichts Besseres mitteilen kann. Ein Schädeltrauma kann tückisch sein. Welche Auswirkungen es haben wird, lässt sich noch nicht sagen. Ein leichter Gedächtnisverlust, was die unmittelbare Zeit vor dem Unfall angeht, liegt durchaus im Bereich des Möglichen. Oder auch ein ernstlicher Gedächtnisverlust. Rechnen Sie mit dem Schlimmsten, aber hoffen Sie das Beste.“
„Wann darf ich sie sehen?“
„Wenn Sie nicht lange bleiben, dürfen Sie zu ihr. Sie liegt auf der Intensivstation. Danach sollten Sie nach Hause gehen und sich etwas ausruhen. Wir rufen Sie an, wenn sich etwas Neues ergeben sollte.“
Kurz darauf wurde Nicolò von einer Schwester zu Kiley geführt, die klein und zerbrechlich in ihrem Bett lag. Sie war an verschiedene Schläuche angeschlossen. Im Hintergrund piepsten gleichmäßig die Überwachungsgeräte.
Wird sie wieder ganz gesund werden?, fragte sich Nicolò. Wenn sie doch die Augen öffnen würde! Wie sehnte er sich nach diesem lebhaften Grün, nach der aufregenden einzigartigen Mischung von Sehnsucht und Verstand.
Und selbst jetzt fühlte er sich zu ihr hingezogen, wünschte, ihre Hand zu halten, um die Verbindung zu spüren. Aber er konnte nicht. Wollte nicht.
Als würde sie ihn wahrnehmen, wurde sie trotz der Beruhigungsmittel unruhig. Ganz klar, das konnte nur am Inferno liegen. In ihrem Dämmerzustand murmelte sie etwas Unverständliches vor sich hin. Und sofort war eine Pflegerin bei ihr.
„Sie spürt Ihre Nähe“, sagte sie und lächelte Nicolò freundlich an. „Gehen Sie jetzt lieber. Und lassen Sie uns eine Telefonnummer da, unter der wir Sie erreichen können.“
Er tat, wie ihm geheißen. Doch am nächsten Morgen hielt er es nicht mehr aus und fuhr in die Klinik. An den lächelnden Gesichtern der Schwestern erkannte er sofort, dass sich etwas verändert haben musste. Er eilte in Kileys Zimmer und hörte den Arzt gerade sagen: „Da kommt ja Ihr Mann.“
Nicolò und Kiley erschauerten und schauten einander lange an. Dann schüttelte Kiley ungläubig den Kopf und erklärte entschieden: „Das kann nicht sein. Auf keinen Fall ist das mein Mann.“
Nicolò unterdrückte ein Fluchen. „Dr. Ruiz –“
„Kein Grund zur Aufregung, Mr. O’Dell“, versicherte ihm der Arzt. „Ich habe Ihnen ja gesagt, dass Gedächtnislücken auftreten können.“
„Nein“, ließ Kiley sich vernehmen. „Ich wüsste es, wenn ich ihn geheiratet hätte.“
„Schon gut, Mrs. O’Dell“, beschwichtigte sie Dr. Ruiz. „Wegen des Unfalls können Sie sich nicht mehr daran erinnern.“
Nicolò schloss seine Augen: Zeit, alles zuzugeben. „Sie ist nicht
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