Doppelt gebloggt hält besser (German Edition)
Sehr stark zieht. Nicht so schlimm wie bei der Grete, aber das könnte noch schlimmer werden. So ist die Liese nämlich. Erzähl ihr von einer körperlichen Krankheit und sie bekommt sie. Also nicht wirklich. Aber beinahe. Also so schlimm, dass sie als Helferin im Grunde ausfällt.
Wie gut dass die Grete den Herrn Heinevetter mit seinem Späherblick und den neuen Nachbarn hatte. Die Liese wäre ihr, wie gesagt, keine Hilfe gewesen. Gut, natürlich hätte sie sie stützen können und selbst in ihrem hypochondrischen Zustand hätte sie zur Apotheke laufen können, aber wehe, ihr wäre dort ein Notfall begegnet und hätte ihr in allen Einzelheiten sein körperliches Problem geschildert. Vielleicht wäre sie gar nicht mehr zur Grete zurückgekommen.
Die Liese selbst würde natürlich niemals von Hypochondrie in ihrem Fall sprechen. Sie sagt, sie fühlt extrem stark mit dem Leidenden, der berichtet, was er hat. Die Menschen erzählen nämlich am liebsten was sie HABEN. Auch den Ärzten erzählen sie heutzutage was sie haben. Das hätte ein Arzt aus früherer Zeit gar nicht hören wollen. Der fragte seine Patienten "Was fehlt ihnen?" und war damit, wie die Liese meint, auf einer guten Spur. Wäre damals jemand zu ihm gekommen und hätte gesagt. "Hallo, ich habe Schmerzen, Hexenschuss heißen die", hätte er vielleicht gelächelt und gesagt: "Dann ist es also Beweglichkeit die fehlt."
So ein Arzt aus den Geschichtsbüchern, in denen das Lieschen gerne liest, hätte vielleicht noch Zusammenhänge erahnt zwischen der Psyche und dem Körper. Der hätte vielleicht auch ein Schmerzmedikament für den ersten Moment gegeben, aber die rigorose Benennung nach Krankheitskatalog hätte er sich vielleicht verkniffen oder noch gar nicht gekannt. Solche Sachen hat die Liese jedenfalls schon manches Mal gelesen. Und sie stellt sich vor, dass dieser Arzt aus alter Zeit, in der es noch Zeit für Patienten gab, vielleicht mit dem Menschen, der offensichtlich problembeladen in seine Praxis gekommen war, ein wenig geredet hätte. Über Beweglichkeit im Allgemeinen und Besonderen. Über die Umstände zu Hause. Über Sorgen, die der Patient möglicherweise hat. Im Falle des unteren Rückens hätte er vielleicht in Richtung materieller Sorgen gefragt und vermutet, dass es dem Menschen auch auf diesem Gebiet an Beweglichkeit fehlen könnte. Kurzum. Er hätte sich Zeit genommen, gute Fragen gestellt, dem Patienten die Möglichkeit gegeben zu Erkenntnissen zu kommen und dann hätte er sich vielleicht die Wirbelsäule ohne Geräte, aber mit Kennerblick angesehen und ein bisschen Hand angelegt. Zur Unterstützung, so träumt die Liese weiter, hätte er dann wohl ein paar Kräuter gemischt, jemanden gerufen, der den Patienten nach Hause begleitet, diesem ein paar Anweisungen mit auf den Weg gegeben und hätte sich ziemlich sicher sein können, dass er diesen im Moment leidenden Mitmenschen schon in ein paar Tagen quietschvergnügt auf dem Marktplatz sehen wird.
Mag sein, denkt die Liese nach diesem Traum, an den sie so gerne glauben möchte, dass es das doch niemals gab und es immer schon wie heute war. Hexenschuss aha. Spritze. Orthopäde. Kommt es häufig vor, Operation. Der Nächste bitte.
Lieschen weiß ja an sich, dass sie Gretes Hexenschuss nicht hat und sie ahnt auch, dass der Arzt morgen nicht besonders viel Zeit für sie erübrigen kann. Also macht das Lieschen jetzt das, was sie kann. Sie wird aufstehen, zum Telefon gehen, die Grete anrufen und sie wird all die Fragen stellen, die der antike Arzt ihrer Fantasie gestellt hätte. Beginnen wird sie mit "Ach, was fehlt dir denn?" Und dann wird sie der Grete zuhören. Auch wenn die erst mal nur stöhnt. Sie wird warten. Zeit hat sie ja. Vielleicht wird ihr das helfen. Wer weiß. Möglich isses.
Euer Lieschen
Donnerstag, 5. September 2013
Von plattem Kuchen, Lammspießen und jeder Menge Spaß
Wie gut, dass das Fräulein Grete Meier am Mittwochmorgen in ihren Kalender geschaut hat. Und dank der Ibuprofen von Klaus Wenig, die Rückenschmerzen fast gänzlich verschwunden waren. Dort stand nämlich dick und fett, so ganz in Rot: Lieschen anrufen, Cafe wegen Umbauarbeiten geschlossen! Beinahe hätte die Grete das doch vergessen. Kein Wunder bei dem Rückendrama. Flugs hat die Grete dann noch beim Lieschen angerufen, bevor sie bis mittags ins Büro fuhr. Eine Alternative, vor allem weil beide die Sonne noch ausnutzen wollten, war schnell gefunden. Picknick am Flussufer. Stellt auch
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