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Doppelte Schuld

Titel: Doppelte Schuld Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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Besonderes.« Sie strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und atmete tief ein. »Die Ruhe nach dem Sturm sozusagen. Ich frage mich nur …« Sie biß sich auf die Lippen. Dann blieb sie stehen und drehte sich ihm zu. »Kann ich heute nacht bei dir bleiben? Du hast getan, was du konntest, aber es ist nicht richtig gemütlich. Ich habe Zeus zu Hause gelassen, falls – du weißt schon.«
    Er nahm sie in den Arm. »Mach dir keine Sorgen. So was passiert nicht zweimal.« Sie erstarrte, und er verfluchte seinen Mangel an Empathie. »Aber sicher ist sicher«, fügte er hastig hinzu.
    Die Holztreppe im Traiteurshaus knarzte unter seinem Tritt, aber unter ihren Schritten gab sie keinen Laut von sich. Katalina war weder klein noch schmal oder zerbrechlich, aber sie schien keinerlei Erdenschwere zu haben. »Nur Schwermut«, hatte sie einmal gesagt. Aber die, fand Moritz, zählte nicht.
    Als sie am Küchentisch saß, die Tasse in der Hand mit dem Tee, den er ihr eingegossen hatte, sah er ihr an, wie erschöpft sie war.
    »Was ist bloß los?« Sie stellte die Tasse wieder ab, nur genippt hatte sie. »Erst soll ich einen mir völlig unbekannten Mann umgebracht haben, dann bricht man bei mir ein. Und Susi …«
    Das Massakrieren des Ferkels war die reine Bosheit gewesen, ebenso, daß die Täter dem Tier ein Ohr abgeschnitten hatten.
    »Habe ich Feinde hier? Will mich jemand verjagen?« Ihre Augen glänzten verdächtig.
    Er wußte nicht, was er sagen sollte. Er konnte ihr nicht von Frank Beyer erzählen, der eigentlich Benjamin Dimitroff hieß – und erst recht nicht von seinen eigenen Aufträgen an die Detektei Hermes. Was der Mann bei Gregor gewollt hatte, war ihm ebenso unklar wie die Sache mit den Geldgebern, die der Alte plötzlich aus dem Ärmel geschüttelt hatte.
    Daß Blanckenburg zum Treffpunkt von Gewaltkriminellen geworden war, glaubte er nicht. Schon eher, daß diejenigen, die Dimitroff umgebracht hatten, auch verantwortlich waren für den Einbruch im Kutscherhaus. Hatten die Täter ihren Frust ausgetobt, weil Katalina nicht zu Hause gewesen war? Und was hätten sie mit ihr gemacht, wenn sie sie angetroffen hätten? Moritz wurde erst heiß und dann kalt vor Zorn.
    »Es will mich nicht mehr, dein Blanckenburg«, sagte Katalina leise.
    »Aber ich will dich«, sagte er, zog sie vom Stuhl hoch und nahm sie in die Arme. Langsam nur löste sich die Spannung, die ihren Rücken steif und ihre Muskeln hart gemacht hatte. »Geh nicht«, sagte er nach dem ersten langen Kuß. Sie kämmte ihm mit den Fingern die Haare aus dem Gesicht und lächelte. Endlich lächelte sie wieder.
    »Aber ich gehe immer«, sagte sie dann.
    Er küßte ihren Hals. »Nicht jetzt.« Er nahm sie an der Hand und ging mit ihr ins Schlafzimmer.
    Sie schob ihm die Hand unters Hemd und ließ ihre Fingerspitzen über seinen Rücken gleiten, bis sich die zarten Härchen aufstellten. Hastig zog er sich das Hemd über den Kopf und trug sie hinüber zum Bett. Dann schob er ihr T-Shirt hoch und küßte sie, bis sie sich unter ihm wand und kleine Schreie ausstieß.
    »Ich hab’ dich vermißt«, flüsterte Moritz. Katalinas Haut war seidig und kühl, und ihr Körper bog sich ihm entgegen. Er spürte ihre Hände, erst zärtlich, dann packten sie zu.
    Sie sprachen nicht mehr viel an diesem Nachmittag. In einem Anfall von Schamhaftigkeit gestand sich Moritz ein, daß er es begrüßte, daß sie Zeus zu Hause im Kutscherhaus gelassen hatte. Der Hund wußte ohnehin zuviel.
5
    Die Stadt war zum Leben erwacht, nichts war mehr zu spüren von der Friedhofsruhe der letzten Tage. Mary ließ sich von Lux führen, die Hündin hatte sichtlich Spaß daran, sich wieder in ihrer Rolle zu üben.
    Auf der Langen Straße standen sie zu zweit, zu dritt, zu viert und redeten aufeinander ein, Mary hatte selten so viele Menschen auf der Straße gesehen. Vor der Drogerie versammelte sich ein ganzer Pulk. Über dem Eingang des Geschäfts hing noch immer, wie früher, eine Laterne, auf deren Milchglasscheiben »Kosmetik, Chemikalien, Schädlingsbkm. Foto« stand. Lux zog es zu einem grauen Weimaraner, dessen Frauchen einen auffallenden Hut aus dunkelrotem Samt trug. Und der Hund – Mary unterdrückte ein undamenhaftes Prusten. Der Hund trug eine Sonnenbrille, wie sie Spürhunde im Schnee tragen müssen. Oder schlappohrige Beifahrer in einem Kabrio.
    In der Apotheke stand man Schlange. Mary musterte die Anwesenden. Eine Mutter mit einem quengelnden Kind. Eine auffallend große Frau mit

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