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Doppeltes Spiel (German Edition)

Doppeltes Spiel (German Edition)

Titel: Doppeltes Spiel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Hille
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zu einem Thema ›für uns Frauen.‹ Während sie weitersprach, wurden Bilder eingeblendet, die Lysette das Blut gefrieren ließen. »Auf der diesjährigen Fashion Week in Rom kam es zu einem ungewöhnlichen Showact. Ettore Bocconcello, der Inhaber und künstlerische Kopf des Labels »PocoBocco« überraschte sein hingerissenes Publikum mit einer ganz besonderen Ankündigung.« Über den Bildschirm schritten schrecklich dünne, blasiert dreinschauende Models in extravaganter Brautmode und gruppierten sich im Schlussbild um einen nicht mehr ganz jungen, aber attraktiven und athletisch wirkenden Südländer. Der strahlte über das ganze braun gebrannte Gesicht, warf Kusshände ins Publikum, schleuderte seine grau melierte Lockenmähne zurück und winkte dann gebieterisch einer Frau am Rande des Catwalks zu.
    Lysette ächzte. Die Moderatorin fuhr fort: »Bocconcello, den seine Freunde »Bocco« nennen, verkündete seinen Entschluss, eine vierte Ehe einzugehen, und zwar mit dem deutschen Exmodel Margot Kelling, die in den letzten Jahren unter dem Namen »Margo« internationale Anerkennung als Modefotografin ...«
    Lysette hörte nicht zu. Sie starrte wie hypnotisiert ihre Schwester an, die strahlend in Boccos Armen lag, und der eins der hochbeinigen Models gerade neckisch ihren ausgefallenen Brautschleier auf den Kopf setzte. Der Brautmarsch aus Lohengrin schepperte aus den Lautsprechern.
    Das Bild stoppte. Drei Augenpaare wandten sich Lysette zu, spießten sie auf. Das Schweigen dröhnte sogar noch lauter, als der Fernseher es gerade noch getan hatte.
    Geneviève war die erste, die Worte fand: »Wenn das dort Margo ist - wer sind dann Sie, junge Frau?«
    Lysette konnte sich nicht erinnern, wie sie es geschafft hatte, sich ins Badezimmer zu flüchten und die Tür abzuschließen. Durch das laute Brausen in ihren Ohren hörte sie die erregten Stimmen nebenan in Philippes Zimmer. »Sofort die Polizei holen«, hörte sie eine Männerstimme ausrufen, »Betrügerin« und »Hochstaplerin». Sie klammerte sich am Waschbecken fest und war kurz davor, sich zu übergeben. Das Gesicht, das ihr aus dem Spiegel entgegenblickte, war das einer Fremden: Totenblass, mit riesigen, panikerfüllten Augen und dunklen Schatten darunter.
    »Reiß dich zusammen«, zischte sie ihrem Spiegelbild zu. »Lysette, du brauchst jetzt deinen Verstand. Du darfst nicht zusammenklappen.«
    Sie ließ das kalte Wasser laufen und schaufelte sich ein paar Hände voll davon ins Gesicht. Zitternd und nach Luft ringend trocknete sie sich ab und blieb dabei mit Philippes Ring an dem flauschigen Handtuch hängen. Sie nestelte ihn fahrig vom Finger, legte ihn auf den Waschtisch und sah sich um.
    Jemand klopfte ungeduldig gegen die Tür. »Was machen Sie? Kommen Sie heraus.« Philippe oder Nicholas, sie konnte es nicht erkennen.
    »Bitte, einen Moment noch«, rief sie und verlieh ihrer Stimme einen hilflosen, ängstlichen Klang, wofür sie sich nicht besonders anstrengen musste. »Mir ist schrecklich übel. Ich komme gleich wieder zu Ihnen.«
    Sie hörte das Gemurmel draußen, konnte aber nicht verstehen, was gesprochen wurde. Mit fliegenden Fingern brachte sie ihr Make-up wieder so weit in Ordnung, dass sie nicht aussah wie ein Clown, der in den Regen gekommen war, dann schloss sie so leise wie möglich die Tür zu ihrem Zimmer auf und ging hinein. Ihr blieb keine Zeit, ihre Habseligkeiten einzupacken, also griff sie nur nach ihrer Jacke und ihrer Handtasche, schlüpfte in die bequemen, flachen Schuhe und ging leise aus dem Zimmer. Sie schloss es hinter sich ab, legte den Schlüssel ein paar Schritte weiter auf ein kleines Schränkchen und lief auf leisen Sohlen die Treppe hinunter.
    Raniya, die den Tisch im Patio abräumte, sah sie fragend an. »Ich vertrete mir noch ein wenig die Füße«, erklärte Lysette atemlos.
    Die Haushälterin nickte gleichgültig und belud weiter ihr Tablett. Lysette flüchtete zur Haustür und hinaus auf die Straße.
    Erst, als sie ein gutes Stück von Tante Genevièves Haus entfernt über einen winzigen Platz lief, begann sie sich zu fragen, ob es nicht dumm gewesen war, einfach davonzulaufen. Sie hätte zu den Gaillards gehen und ihnen alles erklären können. Aber dann dachte sie an Nicholas und wie er sie angesehen hatte - misstrauisch, ungläubig, finster. Die Wut in Philippes Miene. Tante Genevièves kalt taxierende Augen. Lysette schüttelte sich.
    Sie stand vor einem kleinen Café, das mit seiner grellen Reklame und den

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