Doppeltes Spiel (German Edition)
heiraten?«
»Ja!«, kam ungeduldig zurück. »Du musst dich aber nicht ...«, es rauschte laut, »... sage es Philippe selbst.«
»Gut, dann ist ja alles in Ordnung«, antwortete Lysette verblüfft und ein wenig gerührt. Sie hätte nicht gedacht, dass Margo sich an ein Versprechen gebunden fühlte, wenn die Bedingungen dafür sich so grundlegend verändert hatten. Aber anscheinend hatte sie ihre Schwester völlig falsch eingeschätzt.
Sie rief einen Abschiedsgruß, hörte Margos abgehackte Antwort und unterbrach die Verbindung.
Jemand rief nach ihr. »Margo, wo bist du? Wir müssen los!«
»Ich komme«, antwortete sie laut und ging zum Haus.
Philippe stand neben seinem Auto und schaute ungeduldig auf die Uhr. »Da bist du ja endlich«, sagte er nicht besonders freundlich und öffnete ihr den Schlag.
»Ich muss mich noch verabschieden«, ließ Lysette ihn weiter schmoren und ging zum Küchenfenster. »Sandrine, auf Wiedersehen und danke für alles!«
Die Haushälterin beugte sich aus dem Fenster und gab ihr zwei schnelle Wangenküsse. »Kommen Sie gut heim, Madame Kelling. Esteve und ich freuen uns schon auf Ihre Rückkehr im Winter.«
»Danke, Sandrine«, erwiderte Lysette gerührt. »Grüßen Sie Ihren Mann von mir. Alles Gute!«
Philippe drückte ungeduldig auf die Hupe. Lysette winkte der Haushälterin noch einmal zu und lief zum wartenden Auto. Sie saß kaum und hatte sich noch nicht angeschnallt, als Philippe schon losfuhr. »Na, du hast dich ja schön beim Personal eingeschleimt«, sagte er spitz. »Ich kann mich noch erinnern, dass du dich beim letzten Mal bitter über Sandrine beschwert hast.«
»Man wird alt wie eine Kuh und lernt immer noch dazu«, gab Lysette heiter zurück. Sie hatte nicht vor, sich von seiner schlechten Laune anstecken zu lassen. »Was ist eigentlich mit Nicholas? Holen wir ihn ab oder fährt er dieses Mal nicht mit uns?«
»Nein«, schnappte Philippe. »Ich bin schließlich nicht der örtliche Taxidienst!«
Lysette verbarg ihr Lachen hinter einem Hüsteln. Anscheinend war Philippe auf seinen Bruder immer noch nicht besonders gut zu sprechen. Sie war wirklich gespannt, wie die beiden in Tante Genevièves Gegenwart miteinander und mit ihrem Konflikt umgehen würden.
Die Strecke nach Avignon kannte Lysette mittlerweile so gut, dass sie keine Probleme gehabt hätte, sie selbst zu fahren. Sie rollte sich ihre Jacke unter den Kopf und schloss die Augen zu einem Nickerchen.
Philippe setzte sie mit ihrer Tasche vor Tante Genevièves Haus ab und fuhr weiter zu seinem Stellplatz. Lysette öffnete die Tür und rief: »Da bin ich. Hallo, Tante Geneviève!«
Die Antwort kam dieses Mal aus dem Untergeschoss des Hauses. Lysette öffnete die Tür und trat in eine große, steingeflieste Küche, in der es zischte, dampfte und brodelte. Raniya, die am Herd stand, begrüßte sie mit einem Nicken und wies mit dem Kochlöffel auf eine zweite Tür, die aus der Küche in einen Nebenraum führte.
»Sehr gesprächig ist sie ja nicht«, sagte Lysette, als sie die Tür hinter sich schloss. »Hallo, Tante Geneviève.« Sie küsste die alte Dame rechts und links und wieder rechts auf die Wangen.
»Wer, Raniya? Nein, glücklicherweise nicht«, gab Geneviève zurück. »Sie kommen gerade recht, Margo. Ich kann mich nicht entscheiden, ob wir hier unser Mittagessen einnehmen sollen oder doch lieber oben im Salon.«
Lysette sah sich um. Sie standen in einem großen, dunklen und recht kühlen Kaminzimmer. In der Mitte des Raumes stand ein langer Eichentisch, ein Teppich milderte die Kälte, die von den Steinfliesen des Bodens aufstieg, die Wände waren weiß gestrichen und mit nachgedunkelten Bildern und Tapisserien bedeckt. »Das ist ein Zimmer für den Winter«, sagte Lysette spontan. »Es muss wunderschön sein, wenn im Kamin ein Feuer brennt und die Kerzen angezündet werden.« Dann fiel ihr ein, dass Margo das Kaminzimmer im winterlichen Schmuck wahrscheinlich kennen musste.
Geneviève nickte aber, ohne sich über ihre Worte zu wundern. »Ja, ich habe das Kaminzimmer auch am liebsten, wenn es auf Weihnachten zugeht. Schön, dann sind wir uns ja einig. Raniya? Wir essen im Salon!« Sie griff nach Lysettes Arm und stützte sich auf sie. »Danke, meine Liebe. Mir tun heute die Knochen weh - der verfluchte Wind!«
Lysette begleitete sie zur Treppe ins Obergeschoss. »Ach, meine Tasche«, sagte sie, denn die hatte sie an der Tür stehen gelassen.
»Raniya kümmert sich darum«, sagte Geneviève.
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