Dorian
Zubereitung der Weihnachtsgans zu machen, beteten die Menschen für ihr Überleben. In den Stunden des Untergangs rückten sie zusammen und spendeten sich gegenseitig Trost und Hoffnung.
„Diese Stimmung macht einen völlig irre.“
Da wo sich Kyle sonst eine funkelnde Skyline bot, befand sich jetzt der Anblick von hässlich grauen Gebäuden durch dessen Straßenschluchten sich eine dicke weiße Decke schlängelte.
„Der Anfang vom Ende. Diese Stille ist unheimlich.“ seufzte er und dachte an seine Heimat und an das was er zurück lassen musste.
„Meinst du, es sieht überall so aus?“
Dorian kam mit seinem Schwert aus dem Trainingsraum. Andächtig überprüfte er die scharfe Klinge für ihren Einsatz. Der eingravierte Spruch sollte ihn für seinen Kampf stärken aber sein Selbstvertrauen hing plötzlich am seidenen Faden und war zum zerreißen gespannt. Dennoch lies er sich vor seinem Freund nichts anmerken.
„Du denkst an deine Eltern, oder?“
Kyle beugte sich über die Brüstung als würde er sich jede Sekunde hinabstürzen wollen.
„Ich hatte nicht mal die Möglichkeit mich von ihnen zu verabschieden.“
Er trat einen Schritt zurück und warf wütend sein Handy in die Dunkelheit.
„Soviel zum Thema überall und immer erreichbar.“
„Hey, schau mich nicht so vorwurfsvoll an. Wir wussten beide, dass der Tag irgendwann kommen wird.“
„Ja… ich seit drei Tage im Gegensatz zu deinen dreihundert. Wo bleibt denn da die Gerechtigkeit?“
Dorian machte sich schon genug Gedanken über das was heute Nacht auf dem Spiel stand. Die Aussicht darauf dass morgen die Sonne wieder aufging war eher gering und die Hoffnung auf das zu retten was sie liebten schwand von Stunde zu Stunde mehr. Kyles negatives Verhalten war für den Vampir nicht gerade die erhoffte Unterstützung. Dorian fühlte sich nicht als Erlöser sondern eher als der Depp, der sich diesen Blödsinn hat einreden lassen.
„Ich will dich ja bei deinen Vorbereitungen nicht stören, aber hast du wenigstens einen Hauch von einem Plan?“
Kyle kam ins Penthouse zurück und versuchte die Rollos manuell nach unten zu bewegen.
„Nein, ich weis nicht wo alles stattfindet bzw. wie und wann. Ich weis nur Tess ist irgendwo in den Hamptons und Lascar ist heiß darauf mir zu zeigen das er als Gewinner aus der Sache herausgeht.“
„Tolle Aussichten… echt. Du setzt also auf den Überraschungsmoment?“ nörgelte Kyle und streckte sich auf dem Sofa aus.
„So sieht´s aus. Man Kyle… du machst es mir nicht gerade leicht.“
„Sorry… Du weißt, du hast meine Unterstützung, wie immer die auch aussehen mag… aber ich glaube mit diesen altmodischen Waffen werde ich so meine Probleme haben.“
Zweifelnd schaute er sich Dorians zurecht gelegtes Kampfarsenal aus Messern und Dolchen an.
„Warum denn? Zielen und werfen… mehr ist da nicht.“
„Lass mal, ich halt mich da an altbewährtes. So, ich ziehe mich dann mal Vampirwürdig an… um festliche Garderobe wurde ja gebeten.“ Kyle entfernte die angestaubte Kleiderhülle. „Hoffe nur ich passe in den alten Smoking noch rein. Das letzte Mal als ich den getragen hatte war zum Polizeiball 2008.“
„Warst du bei dir zuhause?“
Dorian zeigte auf das lederne Reisegepäck an der Tür.
„Ja… schon merkwürdig wie schnell man sein Leben in einen einzigen Koffer packen kann. Ich werde den Rest der Heilsarmee zukommen lassen… falls es die noch geben sollte. Jedenfalls ist die Wohnung zum ersten gekündigt… keine Ahnung, vielleicht gehe ich auch nach Texas zurück.“
„Du willst mir damit doch nicht sagen, dass du mich verlassen willst?“
Kyles Pläne kamen für Dorian völlig unerwartet.
„Sein wir doch ehrlich… gehen wir mal davon aus, das du deine Frau zurückbekommst… wie stellst du dir das vor? Ihr habt eure Zweisamkeit echt verdient.“
„Du denkst zu vorschnell. Es ist nicht das perfekte Timing für solche Entscheidungen.“
Dorian musste unwillkürlich lachen als er wenig später seinen Freund wie James Bond posierend vor dem Spiegel sah.
„Glaube mir, so cool wirst du die wenigste Zeit aussehen.“
„Was für eine Schande… bei den geilen Weibern, die da sein werden.“
Dorian verdrehte die Augen. Der Himmel sei Dank, sein Zögling war wieder der Alte.
Sorgfältig gesichert steckte Kyle seine Smith and Wesson in den Hosenbund. Viel konnte er damit gegen die Vampire nicht ausrichten, aber es gab ihm ein Gefühl von Sicherheit. Ein letztes Mal schaute er sich
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