Dornen der Leidenschaft
seinen Gürtel. »Mit meinem Blasrohr. Madre de Dios! Sieh dir das an!«
Salvador drehte sich um. Paul Van Klaas war tot. Mit Grauen beobachteten die beiden, wie die Schlange ihren Unterkiefer aushakte und sich daran machte, die Leiche zu verschlingen.
Als er seinen Blick von dem Unglücklichen abwandte, sagte Salvador: »Sie wird ihn nicht ganz verschlucken können, er ist zu groß. Du mußt mir helfen, den Körper dort rüber zu schaffen. Ich will ihn in den Sumpf werfen.«
»Warum?« fragte der Junge erstaunt. »Niemand wird uns einen Mord verdenken. Er wollte dich umbringen.«
»Ich weiß. Aber trotzdem will ich, daß von dem, was passiert ist, keine Spuren bleiben«, erklärte der Visconde. »Es würden Nachforschungen angestellt werden, und ich will nicht, daß Heidi Van Klaas erfährt, daß ihr Mann ein Verbrecher war. Sie ist ein guter Mensch, und sie wäre schockiert, wenn sie jemals herausbekäme, daß Paul ein Mörder war. Wenn wir nach Esplendor zurückkommen, werde ich Colonel de la Palma sagen, daß wir auf Van Klaas’ Lager gestoßen sind, und daß es von Jívaros angegriffen worden ist. Die Indianer werden es bezeugen, wenn überhaupt einer nach Capricho zurückkehrt.«
Der Junge nickte.
»Oh, und Nicolas«, sagte Salvador feierlich, während er dem Jungen die Hand reichte, »ich möchte dir danken, daß du mir das Leben gerettet hast.«
»Das war doch nichts«, murmelte Nicolas verlegen.
»Nein«, entgegnete der Visconde, »es war mehr, als ich je zurückzahlen kann. Wenn ich getötet worden wäre, wäre wahrscheinlich Aurora umgebracht worden, weil sie von meinem Halbbruder gefangengehalten wird. Er haßt mich und wünscht mir den Tod. Jetzt … Ich habe eine Chance, sie zu retten. Du hast mir diese Chance gegeben, Nicolas, und dafür bin ich dir dankbarer, als ich es je ausdrücken kann.«
Mario stand abseits im Schatten, als er Juan und seine Männer beobachtete, wie sie Aurora an Bord des Schiffes zerrten. Tagelang hatte Mario herauszufinden versucht, was der Marqués unter strengster Bewachung in dem Gebäude an der Küste hinter Schloß und Riegel versteckt hielt. Nun wußte Mario Bescheid. Es war Doña Aurora.
»Zur Hölle«, fluchte er leise in seinem Versteck. »Dieses Schwein hat Don Salvadors Frau!«
Wie krank und verängstigt sie aussah! Im Mondlicht konnte Mario erkennen, daß sie sehr blaß und verängstigt war. Er sah ihre Augenringe und eine Wunde auf ihrer Wange. Sie brauchte unbedingt Hilfe.
Mario schlich sich fort und rannte zu der Wohnung, die er mit seinem treuen Freund Bernardo teilte.
»Bernardo«, fragte Mario, während er ein paar Worte auf ein Stück Papier kritzelte, »wie gut kannst du Spanisch? Ich meine richtiges Spanisch, nicht den Dialekt, der hier gesprochen wird.«
»Ganz gut. Ich glaube, genug, um mich verständlich zu machen. Aber … warum?«
»Du mußt mir einen Gefallen tun. Einen Gefallen, für den du, wie ich Don Salvador kenne, gut bezahlt wirst. Ich möchte, daß du ihm diese Nachricht nach Esplendor bringst. Seine Frau, Doña Aurora ist von seinem Halbbruder entführt worden. Dieser gemeine Verbrecher hat sie an Bord der Rosa da Espania gebracht, die jetzt auf dem Weg nach Mexiko ist. Würdest du das für mich tun?«
»Aber natürlich«, sagte Bernardo. »Ich tue, was ich kann, um dir zu helfen, Mario.«
»Ich wußte, daß ich auf dich zählen kann. Gehen wir, bevor es zu spät ist.«
Aurora kauerte sich in ihrer engen Koje zusammen. Salvador würde sie niemals finden, falls er überhaupt noch am Leben war. Er mußte annehmen, daß Juan mit ihr auf dem Weg nach Spanien war. Und während ihr geliebter Mann sein Leben aufs Spiel setzen würde, um in ihre Heimat zu gelangen, würde Juan sie Tausende Meilen entfernt gefangenhalten.
Das Schrecklichste war jedoch der Gedanke, daß Juan ihr Kind töten würde, das einzige, was ihr von Salvador noch geblieben war.
Aurora lief es kalt den Rücken herunter, wenn sie sich an den widerlichen Mann erinnerte, den der Marqués in ihre Zelle in Belém gebracht hatte. Er hatte behauptet, er sei ein Doktor, doch sie bezweifelte, daß der Mann überhaupt jemals eine medizinische Schule besucht hatte. Während Juans Männer sie festhielten, hatte Doktor Perez sie mit seinen schmutzigen Händen untersucht.
Schließlich hatte er sich an den Marqués gewandt.
»Ich kann die Operation, die Sie wünschen, durchführen, Señor« ,hatte er gesagt, »aber ich muß Ihnen mitteilen, daß die
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