Dornen der Leidenschaft
viele Menschen zuvor.
»Sie – Sie waren es, der versuchte, Salvador zu töten, nicht wahr?« Aurora schaffte es endlich, die Teile des Puzzles richtig zusammenzufügen. »Und – Ijada … sie war Ihre Komplizin, oder? Deshalb wollte sie mich und Nicolas loswerden. Basilio hat sie zu Recht verdächtigt. Sie hat ihn vergiftet und Francisca auch. O Paul! Sehen Sie es nicht ein? Es war alles vergeblich! Was Sie suchen, existiert nicht und hat nie existiert. Bitte, bringen Sie mich nach Hause«, bettelte Aurora.
»Ich kann nicht. Jetzt erst recht nicht, nachdem Sie alles herausgefunden haben. Aber ich sage Ihnen, was ich vorhabe. Ich stelle für Sie einen Grabstein auf, gleich neben dem von Salvador, wenn er erst tot ist.« Er lachte. »Bringt sie fort, Männer. Ich bin sicher, daß Don Juan ihre Ankunft schon gespannt erwartet.«
Aurora war wie versteinert von den furchterregenden Worten des Holländers. Der Marqués war hier und erwartete sie. Nein! Das durfte nicht wahr sein!
»Nein«, schluchzte sie. »Nein!«
Plötzlich, bevor einer der Männer ihre Absicht erkannte, versuchte sie, über Bord zu springen. Allein die Tatsache, daß César gerade herankam, um Paul abzulösen, rettete sie vor dem Tod in den reißenden Fluten des Amazonas. Er machte einen großen Satz, packte sie an der Taille und zog sie zurück ins Boot. Aurora wehrte sich so heftig, daß die anderen fürchteten, das Boot würde kentern. César fesselte die junge Frau. Vor den Augen der anderen betastete er sie und verletzte sie mit anzüglichen Bemerkungen, was er mit ihr tun würde, jetzt, da Paul Van Klaas sie nicht mehr beschützen könne. Andrés und Ernesto lachten hämisch. Ricardo dagegen blieb ernst.
»Laßt sie in Ruhe«, befahl er. »Señor el Marqués hat gesagt, daß er jeden, der versucht, sie zu berühren, umbringt – oder habt ihr das vergessen? Er will die Frau selbst, unbesudelt von euch Dreckskerlen. César, kann es sein, daß dir dein Verstand in die Hose gerutscht ist, daß du dein Leben für etwas auf Spiel setzt, was du von jeder puta haben kannst?«
Fluchend stieß César Aurora zu Boden.
Während sie versuchte, die Aufmerksamkeit von sich abzulenken, kamen ihr die Tränen. Das Boot entfernte sie immer weiter von Esplendor – und von ihrem Geliebten.
»Nicolas! Wo bist du gewesen?« Salvadors Stimme war hart vor Ärger und Sorge. »Ist es nicht schlimm genug, daß Aurora entführt worden ist? Und jetzt verschwindest du auch noch!«
»Ich kann auf mich selbst aufpassen. Es gibt keinen Grund, daß du dir Sorgen machen mußt. Außerdem habe ich Jim Bescheid gesagt, daß ich hier in der Gegend ein bißchen jagen gehe. Dabei habe ich entdeckt, daß dieser bastardo von einem Holländer nicht mal eine Meile von hier sein Lager aufgeschlagen hat.«
»Nicolas, bist du ganz sicher?« Salvadors Stimme klang plötzlich hoffnungsvoll und angespannt.
»So sicher, wie ich hier sitze. Ich habe mich so nah wie möglich an das Lager herangeschlichen. Aurora habe ich allerdings nicht entdeckt. Wenn dieser Mistkerl sie geschnappt hat, dann ist sie jetzt nicht mehr bei ihm.«
»Woher weißt du das so genau? Der Holländer ist kein Narr. Er hat sie wahrscheinlich gut versteckt!«
»Ich sage dir, daß sie nicht dort bei ihm ist. Ich habe Bribon losgeschickt, um sie zu finden. Wenn sie dagewesen wäre, hätte er mich zu ihr geführt.«
»Verdammter Paul Van Klaas!« fluchte der Visconde, als er einsah, daß der Junge recht hatte. Der Affe war tatsächlich sehr schlau. Wenn Bribon Aurora in dem Lager des Holländers nicht hatte finden können, dann war sie auch nicht da. Daran gab es keinen Zweifel.
»Was glaubst du, haben sie mit ihr getan?« fragte Nicolas besorgt.
»Ich weiß es nicht«, antwortete Salvador kalt, »aber ich werde es herausfinden. Zeig mir, wo dieser cabrón campiert.«
Die schmale Sichel des Mondes stand am mitternächtlichen Himmel, als Nicolas leise durch das Gestrüpp zu Paul Van Klaas’ Lager schlich.
Der Haß brannte im Herzen des Visconde, als er schließlich das Zelt erspähte.
»Ich muß ihn von den anderen weglocken«, murmelte Salvador. »Irgendwie muß ich ihn allein erwischen.«
»Kein Problem«, grinste Nicolas. »Ich jage den Eingeborenen Angst ein!«
Bevor der Visconde etwas dagegen sagen konnte, stieß der Junge einen markerschütternden Schrei aus und schlug gleichzeitig mit seiner Machete krachend aufs Unterholz ein. Zu Salvadors Erstaunen sprangen die fünf Indianer auf und
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