Dornen der Leidenschaft
zu sein, war etwas Intimerem und Intensiverem gewichen.
Er war kein Jüngling mehr, er war jetzt ein Mann. Ein Mann, dessen Augen sie geradezu verschlangen, als er auf sie zukam.
»Was – was ist los, mi vida?« fragte Aurora zögernd und legte eine Hand an ihren Hals. »Was ist geschehen?«
»Ich gehe weg«, sagte er langsam und starrte sie dabei an.
»Weg!« rief sie entsetzt. »Aber … Wohin?«
»Nach Südamerika, um mein Glück dort zu machen. Dein Vater hat endlich unserer Ehe zugestimmt, vorausgesetzt, daß ich das verlorene Vermögen meiner Familie in drei Jahren wiederbeschaffen kann.«
»Lieber Gott«, flüsterte Aurora bewegt. »Lieber Gott.«
»St« ,sagte ihr Geliebter bitter. »Dein Vater hat nicht gerade ein weiches Herz.«
»Ach, mi alma! Nimm mich mit!« jammerte Aurora. »Ich glaube ich kann es nicht ertragen, von dir getrennt zu sein – niemals!«
»Du mußt es ertragen«, erklärte er fest, obwohl sein Gesicht Unglück und zugleich Wut über seine Hilflosigkeit offenbarte. »Du könntest im Amazonasdschungel nicht überleben. Du bist so zart und zerbrechlich. Manchmal habe ich Angst um dich.«
In letzter Zeit hatte sie so blaß und krank ausgesehen – und auch der Husten, den sie nicht loswurde, machte ihm Sorgen.
»Dann bist du gekommen, um mir … Lebewohl zu sagen«, flüsterte sie.
»Si, aber nicht nur deshalb.« Er schaute auf ihren Mund. »Ich werde lange Zeit fort sein, querida« ,flüsterte er zärtlich, »und wer weiß, was in den nächsten Jahren passieren wird? Vielleicht werde ich dich niemals wiedersehen.« Er hatte tatsächlich die entsetzliche Vorahnung, daß es so sein und daß sie schon lange tot sein würde, wenn er nach Spanien zurückkäme. »Te quiero, muñeca mía. Jetzt. Heute nacht. Comprendes? Schlag mir das nicht ab«, bat er leidenschaftlich.
Jung und ängstlich, wie sie war, schaute Aurora ihn an, und fühlte die widerstreitendsten Gefühle in ihrer Brust. Ihr Leben lang war ihr beigebracht worden, daß sie sich für ihren Ehemann aufsparen solle, daß alles andere eine Todsünde sei. Aber drei Jahre Trennung waren wirklich eine lange Zeit, und vielleicht würden sie sich niemals wiedersehen. Auch sie hatte böse Ahnungen. Obwohl sie immer versucht hatte, ihre Krankheit herunterzuspielen, wußte sie doch genau, daß ihr Husten immer schlimmer wurde. Jeden Tag fühlte sie sich schwächer. Wenn ihr Vater nicht so streng gewesen wäre, hätte sie ihre letzten Jahre mit ihrem Liebsten verbringen können. Aber wie es nun einmal war, hatten sie nur die heutige Nacht, um miteinander glücklich zu sein.
»Ja, mi amor« ,flüsterte Aurora, »ich bin dein.«
Dann wandte sie sich ab und wußte nicht, was sie tun sollte. Langsam öffnete sie mit seiner Hilfe ihr Seidenkleid, das zu Boden glitt. Von hinten legte der Mann seine Hände auf ihren Körper und schob die Ärmel ihres Unterkleides hoch, bis ihre Schultern nackt waren. Dann preßte er seine Lippen auf ihren Nacken. Ein lustvoller Schauer lief ihr über den Rücken, und Aurora wehrte sich nicht, als er sie plötzlich umdrehte und fest in seine Arme schloß.
Es schien ihr, als ob er sie eine Ewigkeit küßte, so wild und leidenschaftlich, bis sie schwach und atemlos vor Verlangen war. Er küßte ihre Wangen, ihre Augen, ihre Schläfen, ihr ebenholzschwarzes Haar. Dann preßte er wieder seine Lippen auf die ihren und erkundete mit seiner Zunge jeden Winkel ihres Mundes. Sie glaubte, vergehen zu müssen. Nichts war mehr wichtig – nur der Mann, den sie liebte, und die Gefühle, die sie für ihn hegte.
Ihr wurde schwindlig, und sie wäre umgefallen, wenn er sie nicht so fest gehalten hätte. Einen Augenblick später hob er sie hoch und trug sie zum Bett. Er legte sie behutsam hin, richtete sich wieder auf und traute seinen Augen kaum. Diese wunderschöne Frau war sein! Wieder küßte er ihren Mund, der schon gerötet und geschwollen von seinen Küssen war.
Die Schlagader an Auroras Hals pochte wie wild. Der Mann fühlte Begehren in sich aufsteigen. Er wollte sie – und er würde sie haben. Jetzt. Heute nacht. Er würde nicht länger warten.
Er liebkoste ihr Ohrläppchen mit seinem Mund und flüsterte ihr die schönsten, leidenschaftlichsten Liebeserklärungen ins Ohr. Ihre Arme schlossen sich um seinen breiten Rücken.
Was hatte er gesagt? Sie wußte es schon nicht mehr. Sie begehrte ihn so sehr. Ihre bisherige Schüchternheit war verschwunden. Sie wollte ihn haben, welchen Preis auch immer sie dafür
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