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Dornen der Leidenschaft

Dornen der Leidenschaft

Titel: Dornen der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ma2
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zudem leicht erwiesen, was nötig war, da die Boote an flachen Stellen des Flusses immer wieder getragen werden mußten. Aurora hatte auch gelernt, die Indianer zu schätzen und ihnen zu vertrauen. Da die meisten von ihnen gegen Entgelt Kaufleute den Amazonas hinauf und hinunter fuhren, sprachen fast alle sowohl Spanisch als auch Portugiesisch, und außerdem natürlich ihre Eingeborenensprache. Im Lauf der Zeit wuchs ihr besonders Mario ans Herz, ein Mischling, der einen portugiesischen Vater und eine indianische Mutter hatte. Solche Menschen wurden Mestizen genannt.
    Als Mario am ersten Tag der Reise Auroras blasse Haut gesehen hatte, hatte er lächelnd den Kopf geschüttelt.
    »Sie werden bei lebendigem Leibe geröstet, Señorita«, hatte er gesagt. »Ihr Hut wird Ihnen nicht viel nützen. Sie werden den Jívaros gut schmecken, wenn Sie ihnen in die Hände fallen.«
    »Den Jívaros?« hatte Aurora zögernd gefragt, weil sie vermutete, daß sie gar nicht genauer Bescheid wissen wollte.
    »Das sind Kopfjäger, und außerdem Kannibalen, Señorita«, hatte Mario grinsend geantwortet.
    Aurora war das nicht besonders lustig erschienen.
    »Dann bleibe ich in meiner Hütte, Mario«, hatte sie gesagt. In der Mitte jedes Kanus war eine kleine Schutzhütte gegen die heftigen Regenfälle errichtet. »Und wenn die Wilden uns tatsächlich angreifen, würde ich ihnen zeigen, wieviel fetter Sie sind als ich!«
    »Ich weiß nicht, ob das viel nützen würde, Señorita«, hatte Mario schlau geantwortet. »Die hätten sehr viel mehr Arbeit, meinen dicken Kopf in einen Schrumpfkopf zu verwandeln als Ihren!«
    Daraufhin hatten alle gelacht, Nicolas besonders laut. Und Aurora war Mario dankbar gewesen, daß er ihren Bruder zum Lachen gebracht hatte. Seit der Abfahrt aus Spanien war Nicolas so niedergeschlagen, daß sie befürchtete, daß er nie mehr so ausgelassen und lustig werden würde wie früher.
    Obwohl sie es behauptet hatte, schaffte es Aurora nicht, in der kleinen Hütte zu bleiben. Es gab viel zuviel zu sehen, alles war ungewohnt, exotisch und faszinierend.
    Noch nie im Leben hatte Aurora solche Pflanzen und Tiere gesehen. Den wild wuchernden Pflanzen ging es hauptsächlich darum, einen Platz an der Sonne zu erreichen. Unter den Urwaldriesen wucherten Unmengen von größeren und immer kleineren Bäumen, die von Schlingpflanzen, Orchideen, Farnkräutern und Moos bewachsen waren.
    Wenn abends am Ufer ein Camp errichtet wurde, sah sie Tausende von kleineren und größeren Tieren. Am Lagerfeuer ängstigten die Indianer Aurora mit ihren Geschichten von den riesigen Anakondas. Diese Schlangen konnten ausgewachsene Männer verschlingen. Nachts war der Urwald so laut, daß die Geschwister nur schwer einschlafen konnten. Der Wald war voller Wunder, faszinierend, beängstigend und voller Überraschungen.
     
    Nach vielen langen Wochen legten die Einbäume am Bootssteg von Basilios Plantage an. Die Indianer waren ungewöhnlich still, luden das Gepäck ihrer Passagiere aus und machten sich gleich wieder an die Abfahrt. Ihre Augen wirkten ängstlich und traurig, als sie sich von Aurora und den anderen verabschiedeten.
    »Mario«, fragte Aurora, »warum verhalten sich die Indianer so komisch? Sie sind doch sicher froh, daß sie wieder heimfahren können.«
    »Sí, sí, Señorita, das stimmt«, antwortete der Mestize. »Aber sie haben Angst, Sie hier zurückzulassen.«
    »Aber – aber warum?«
    »Die Plantage Ihres Bruders, Señorita … Man glaubt, daß ein böser Fluch auf ihr lastet.« Mario zuckte mit den Achseln. »Ich denke, daß das nur ein Aberglaube ist, aber die anderen fürchten sich. Adiós, Señorita. Gott sei mit Ihnen.«
    Nachdem die Indianer weggefahren waren, schaute sich Aurora ängstlich um. Auf der Plantage war es totenstill. Und nachdem sie Nicolas und Lupe gebeten hatte, auf das Gepäck aufzupassen, ging Aurora den gewundenen Weg zum Haus hinauf. Sie fühlte sich alles andere als gut. Es kam ihr so vor, als ob sie beobachtet würde, und sie konnte dieses unangenehme Gefühl nicht abschütteln.
    »Unsinn«, sagte sie entschlossen und straffte ihre Schultern.
    Aber für alle Fälle hob sie einen kräftigen Stock auf, der am Wegrand lag. Jetzt hatte sie wenigstens eine Art Waffe, dachte sie. Sie hatte Sor Patrocinio eine Feuerzange über den Kopf geschlagen. Mit einem Stock konnte sie sich sicher ebenso gut verteidigen.
    Wie ein Band wand sich der ungepflasterte Weg zu Basilios Plantage. Im Lauf der Jahre war der Urwald

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