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Dornen der Leidenschaft

Dornen der Leidenschaft

Titel: Dornen der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ma2
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stürzte zu Boden, das letzte, was sie spürte, war ein gewaltiger elektrischer Schlag. Dann war alles dunkel.
    Es ging so schnell, daß niemand sie warnen konnte. Alle sahen, vor Entsetzen starr, wie der schwere Ast auf sie zuflog und mit voller Wucht ihren Kopf traf.
    »Aurora! Aurora!« rief Salvador und rannte auf seine regungslos auf dem Boden liegende Frau zu. »Großer Gott, Aurora!«
    Sein Herz krampfte sich vor Angst zusammen, als er sich über sie beugte und verzweifelt nach einem Lebenszeichen suchte. Er fühlte einen schwachen Herzschlag. Gott sei Dank, sie lebte! Er riß sein durchnäßtes Hemd in Streifen und versuchte, damit das Blut zu stillen, das aus der Wunde an ihrem Hinterkopf strömte. Dann hob er sie vorsichtig hoch, trug sie nach Esplendor und rief nach Doktor Farolero.
    Großer Gott, wo war er nur? Wußte der Arzt nicht, daß jede Minute, daß jede Sekunde das Schicksal seiner Frau besiegeln konnte?

VIERTES BUCHS TARKE B ANDE

30. KAPITEL
Esplendor, Peru, 1850
    »Wird sie – wird sie es überleben?«
    Doktor Farolero seufzte und schüttelte den Kopf, als er den verzweifelten Mann anschaute.
    »Ich muß ehrlich mit Ihnen sein, Don Salvador«, antwortete er ruhig. »Ich weiß es nicht. Ich habe alles getan, was in meiner Macht steht, aber sie hat einen sehr schweren Schlag abbekommen. Es ist ein Wunder, daß sie sich nicht den Hals gebrochen hat. Auch das Gehirn scheint nicht verletzt zu sein. Deshalb kann ich mir das Koma Ihrer Frau nicht erklären. Sie hätte eigentlich das Bewußtsein schon wieder erlangt haben müssen. Ich finde keinen Grund, warum sie immer noch bewußtlos ist. Vielleicht liegt doch ein Hirnschaden vor.«
    Der Doktor wandte sich ab und legte seine Instrumente zurück in seinen Arztkoffer. Der Visconde war froh, einen Augenblick lang Zeit zu haben, seine Fassung wiederzuerlangen. Und der Arzt gönnte sich eine kurze Pause. Er nahm die Brille ab und putzte die Gläser. Wie für alle anderen waren auch für ihn die letzten Tage sehr anstrengend gewesen. Er hatte grauenvolle Verletzungen gesehen und behandeln müssen – Hände mit abgequetschten Fingern, zerfetzte Beine, und ein paar Verunglückten hatte er überhaupt nicht mehr helfen können.
    »Ich muß Ihnen leider noch mehr sagen, Don Salvador«, fuhr der Arzt fort, weil er es für seine Pflicht hielt, dem Ehemann der jungen Frau die volle Wahrheit zu sagen. »Wenn meine Diagnose stimmt – und ich habe keine Grund, an ihrer Richtigkeit zu zweifeln –, dann muß ich Sie warnen. Falls Doña Aurora sich von diesem Schlag jemals wieder erholt, dann kann es gut sein, daß sie nicht mehr die Frau ist, die sie bislang war. Kopfverletzungen sind äußerst schwierig zu behandeln. Im besten Fall kommt der Verletzte mit einer mehr oder weniger schweren Gehirnerschütterung davon. Aber es gibt auch Fälle, bei denen der Verunglückte für den Rest seines Lebens teilnahmslos dahinvegetieren muß. Es kann sein, daß sie ihr Gedächtnis verloren hat und wochenlang unter schweren Kopfschmerzen und Schwindelanfällen zu leiden hat. Auch die totale Verwirrung und Depressionen sind nicht auszuschließen. Krämpfe und Konzentrationsschwächen können auftreten, vielleicht fällt ihr das Sprechen schwer. Sie müssen sich auch auf Lähmungen gefaßt machen.
    Falls Doña Aurora aus dem Koma aufwacht, können all die aufgezählten Störungen nach einer unbestimmten Zeit von allein wieder verschwinden. Aber selbst, wenn sie gesund zu sein scheint, muß sie noch unter Einhaltung völliger Ruhe ein paar Tage lang das Bett hüten. Die Gewöhnung an einen normalen Tagesablauf muß langsam und schrittweise erfolgen. In jedem Fall sind alle Aufregungen von ihr fernzuhalten.
    Ich kann leider keine günstigere Prognose stellen, Don Salvador. Es bleibt nicht viel mehr zu tun übrig, als zu beten und abzuwarten. Wie ich gesagt habe, kann es sogar sein, daß Doña Aurora das Bewußtsein niemals wiedererlangt.«
    »Ich verstehe, Doktor Farolero«, antwortete der Visconde ernst, aber ruhig. »Vielen Dank, daß Sie gekommen sind. Die letzten Tage müssen für Sie noch schwerer gewesen sein als für alle anderen.«
    »Sí, das stimmt«, antwortete der Doktor. »Wir müssen Gott danken, daß der Regen etwas nachgelassen und der Damm bisher gehalten hat. Gott war tatsächlich gnädig.«
    »Si« ,antwortete Salvador mit bitterer Stimme.
    Wenn Gott nicht diesen endlosen Regen geschickt hätte, wäre der Amazonas nicht über seine Ufer getreten, und sie hätten

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