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Dornen der Leidenschaft

Dornen der Leidenschaft

Titel: Dornen der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ma2
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dich sehen kann …«
    Bei ihren Worten setzte sein Herz für einen Augenblick aus. Seine Hoffnung, daß sie gesund würde, erwies sich als falsch. Wie sollte er ihr die Wahrheit beibringen? Gütiger Himmel, was konnte er ihr sagen? Salvador schaute das goldene Sonnenlicht an, das durch die offene Balkontür ins Schlafzimmer flutete und das bleiche, schöne Gesicht seiner Frau vergoldete.
    »Ach, querida« ,begann er, unterbrach sich dann aber, weil sein Herz vor Mitleid schmerzte. »Ach, querida …«
    Aurora, seine schöne, geliebte Aurora, war blind.

31. KAPITEL
    Doktor Farolero seufzte, als er die brennende Kerze nah an Auroras Auge hielt und sie dann hin und her bewegte. Es war genau so, wie er befürchtet hatte. Die Pupillen der jungen Frau reagierten nicht auf den Lichtschein.
    Er löschte die Kerze und stellte den Leuchter auf dem Tisch ab.
    »Nun?« fragte Aurora, obwohl sie die Antwort schon wußte und fürchtete.
    »Es kann zwei Gründe haben«, antwortete der Arzt. »Sie können an hysterischer Blindheit leiden, sie tritt auf, wenn der Patient etwas so Grauenhaftes erlebt hat, daß er es nicht wahrhaben will. Diese Art von Blindheit vergeht meist, sobald der Patient in der Lage ist, das schreckliche Ereignis zu verarbeiten.
    In Ihrem Fall glaube ich aber weniger an hysterische Blindheit. Es tut mir leid, Ihnen das sagen zu müssen, Doña Aurora, aber ich fürchte, daß durch den Unfall Ihr Sehnerv in Mitleidenschaft gezogen worden ist. In welchem Ausmaß, kann ich Ihnen unmöglich sagen. Es kann sein, daß er langsam wieder heilt, dann werden Sie wieder sehen können. Es kann aber auch sein, daß Sie lebenslänglich blind sein werden.«
    »Ich … ich verstehe. Vielen Dank für Ihre Ehrlichkeit, Doktor Farolero. Bitte haben Sie Verständnis dafür, daß ich jetzt allein sein möchte.«
    »Aber natürlich. Ich komme in ein paar Tagen wieder, um nach Ihnen zu schauen. Buenos días, Señora. «
    Nachdem der Arzt das Zimmer verlassen hatte, saß Aurora eine Zeitlang völlig niedergeschmettert da. Es konnte nicht wahr sein. Es konnte einfach nicht wahr sein!
    Blind. Sie war blind – vielleicht für den Rest ihres Lebens. Sie starrte in die Dunkelheit, die sie umgab. Vielleicht war diese undurchdringliche Schwärze alles, was sie jemals noch sehen würde.
    Sie schloß ihre Augen, zwang sich zur Ruhe, atmete tief durch und saß eine Zeitlang reglos da. Wenn ich meine Augen öffne, dann kann ich wieder sehen, und es stellt sich heraus, daß alles nur ein böser Traum war, dachte sie.
    Aber es stimmte nicht.
    Aurora hatte entsetzliche Kopfschmerzen. Sie fühlte sich nicht gut und wollte sich hinlegen. Sie erhob sich vom Stuhl, auf den Salvador sie gesetzt hatte und tastete sich in Richtung ihres Bettes. Sie stieß an einen Beistelltisch, stolperte und fiel hin. Die kleinen Porzellanfiguren zerschellten auf dem Boden. Sie suchte nach etwas, an dem sie sich festhalten und wieder hochziehen konnte, fiel noch einmal über den umgefallenen Tisch und schnitt sich an einer Porzellanscherbe. Diesmal blieb sie liegen und weinte bitterlich.
    Als Salvador, der vom Nebenzimmer aus den Lärm gehört hatte, zu ihr eilte, schrie sie ihn an: »Laß mich allein! Verlaß sofort den Raum! Ich möchte allein sein!«
    Der Visconde, dem das Herz vor Mitleid brach, wußte nicht, was er tun sollte. Er fühlte sich völlig hilflos, respektierte jedoch den Wunsch seiner Frau und verließ leise den Raum.
    Aurora hatte das Gefühl, daß ihr junges Leben zu Ende war. Sie blieb auf dem Boden liegen und weinte sich in den Schlaf.
     
    Obwohl sie den ersten Schock überwunden hatte und nicht mehr ganz so verzweifelt war, hatte ihr Lebensmut sie verlassen. Sie lag deprimiert im Bett und war unfähig, sich auf irgend etwas zu freuen. Sie hatte keine Lust aufzustehen, sich zu waschen oder anzuziehen. Nachdem ihr erster Versuch, allein zu essen, völlig fehlgeschlagen war, nahm sie ausschließlich Suppe aus einer Tasse oder Brot zu sich und weigerte sich, Besteck auch nur anzufassen.
    Aurora, die sich früher so sorgfältig gepflegt hatte, ließ sich jetzt gehen, und sie achtete nicht mehr auf ihre Erscheinung. Ihr schwarzes Haar war strähnig und verfilzt. Das Nachthemd, das sie Tag und Nacht trug, war verschwitzt und von Suppenflecken übersät. Das Bett, in dem Salvador und sie sich einst geliebt hatten, war genauso verwahrlost. Da sich Aurora jede Hilfe verbat, waren das Laken und der Bezug seit Wochen nicht mehr gewechselt worden.
    Der

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