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Dornen der Leidenschaft

Dornen der Leidenschaft

Titel: Dornen der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ma2
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»Kannst du das alles sehen, Aurora?«
    Ihr Herz war schwer vor Glück, und sie verstand, was er meinte. Er konnte ihr das Augenlicht nicht wiedergeben, aber er bot ihr sein eigenes an. Aurora hatte ihren Mann nie so sehr geliebt wie in diesem kostbaren Moment, den sie ihr Leben lang nicht vergessen würde.
    »Si, ach ja, Salvador! Ich kann das alles sehen, weil du mir davon erzählst.«
    Der Visconde wandte sich seiner Frau zu und küßte sie leidenschaftlich, mit all der Liebe, die sein Herz und seine Seele erfüllte.
    »Du bist nicht blind, querida« ,murmelte er, »so wie du das Licht meines Lebens bist, so will ich das deine sein, jetzt und immerdar.«

32. KAPITEL
    »Nein. Versuch’s noch einmal, aber diesmal mach ganz normal große Schritte, querida. Das halte ich für sehr wichtig. Du wirst nämlich immer sicherer und wirst bald genauso schnell gehen wie früher, aber dann stimmt die Schrittzahl nicht mehr, die du jetzt für richtig hältst. Außerdem siehst du, wenn du so winzige Schrittchen machst, aus wie eins von diesen dämlichen Zuckerpüppchen am spanischen Hof.«
    Aurora kicherte und strahlte vor Freude. Weder sie noch Salvador hätten es für möglich gehalten, daß sie trotz ihrer Blindheit so viel Freude am Leben haben würden.
    »In Ordnung. Aber ich warne dich. Wenn ich noch einmal in die Badewanne falle, dann bist du schuld!«
    »Einverstanden«, antwortete Salvador, der überglücklich war, daß seine Frau endlich ihr Schicksal angenommen hatte und manchmal sogar darüber scherzen konnte. »Zähle«, forderte er, als sie mit großen Schritten auf die Badewanne aus Messing zuging, die im Schlafzimmer stand, das er jetzt wieder mit ihr teilte.
    »Eins, zwei, drei … sieben Schritte!« rief sie zufrieden aus, und ihre Hände fanden den Rand der Badewanne genau dort, wo sie ihn vermutet hatte. »Ich habe es gewußt, Salvador!« rief sie aufgeregt aus.
    »Bueno! « lobte er und applaudierte.
    Heute war ein ganz besonderer Tag. Aurora badete zum ersten Mal allein und zog sich allein an. Sie hatte ihrem Mann mit Freuden erlaubt, dabei zuzusehen, hatte ihn aber gebeten, ihr nicht sofort zu Hilfe zu eilen, wenn sie etwas nicht gleich fand. Schließlich sagte sie: »Ich bin fertig. Wie sehe ich aus?«
    Er wußte, daß sie nicht nur ein Kompliment hören wollte, wie die meisten Frauen. Für Aurora war es sehr wichtig zu wissen, daß alles an ihrer Kleidung in Ordnung war.
    »Du siehst wirklich wunderbar aus«, versicherte er ihr. »Sollen wir jetzt zum Essen hinuntergehen, Señora?«
    Das Essen, bei dem sie sich zum ersten Mal nicht helfen ließ, ging erstaunlich gut. Aurora hatte sich eine Anordnung der Speisen auf ihrem Teller ausgedacht, die sie in den vergangenen Tagen immer wieder eingeübt hatte. Sie wußte genau, wo alles lag: Den Teller stellte sie sich als eine Uhr vor. Weißes Gemüse – Kartoffeln, Reis oder Blumenkohl – lagen dort, wo es neun Uhr war. Gelbes oder rotes Gemüse – Karotten oder Mais – lagen dort, wo die Zwölf war. Das grüne Gemüse lag bei der Drei. Fleisch lag immer dort, wo die Sechs auf dem Zifferblatt stand. So war alles verhältnismäßig einfach, und Aurora fürchtete die Zukunft nicht mehr so sehr. Sie wußte sich von ihrem Mann geliebt, und das war ihr das Allerwichtigste.
    Nach dem Abendessen führte Salvador seine Frau auf die Veranda. Die Restaurierung von Esplendor war fast vollendet. Nur in der Kuppel waren noch einige Arbeiten nicht abgeschlossen. Als letztes sollte die Angelusglocke wieder aufgehängt werden. Dann würde Esplendor wieder so prächtig aussehen wie zu Lebzeiten des Bauherrn vor vielen hundert Jahren.
    Nein, dachte Salvador. Das stimmte nicht ganz. Die Plantage würde schöner sein als jemals zuvor, da nicht Traurigkeit und Tod dort wohnen würden, sondern Liebe und Leben. Hier würden er und Aurora ihr gemeinsames Leben verbringen. Hier würden ihre Kinder geboren werden, aufwachsen und ein eigenes Leben beginnen. Sie würden bleiben oder ihr Leben verbringen, wo sie wollten. Aber Salvador und Aurora würden Esplendor niemals verlassen. Sie gehörten hierher.
    Wenn Gott mich so lange leben läßt, dachte der Visconde, werde ich eines Tages zwei Schaukelstühle für diese Veranda bauen. Und wenn Aurora und ich sehr alt sind und in der Abenddämmerung hier sitzen, wissen wir, daß wir trotz aller schwerer Zeiten ein reiches Leben gehabt haben.
    »Woran denkst du, mi corazón?« fragte die junge Frau leise.
    Er lächelte sie an und umarmte

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