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Dornenkuss - Roman

Dornenkuss - Roman

Titel: Dornenkuss - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: script5
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Nachtmahr, der sich ein Wachmachergetränk bestellte. »Den brauchst du doch gar nicht.«
    »Aber er schmeckt nun mal gut.« Angelo zwinkerte mir schäkernd zu, dann griff er nach seinem Mikro und zog es zu sich. Ich verstand nicht alles, was er hineinplapperte, doch es war anscheinend ganz amüsant, denn ab und zu lachten die Leute, bis sein Tonfall ernster und weicher wurde und er nach einer kleinen Pause etwas anfügte, was auch für mich problemlos zu übersetzen war. »Das nächste Lied ist für Betty.«
    Ja, auch das war irgendwie klar gewesen. Ein Mann wie Angelo war nicht allein. Ich gönnte ihm seine Freundin, es hätte mir fast leidgetan, wenn es anders gewesen wäre; ich wurde nur schon wieder neidisch, weil bei ihm alles leicht von der Hand zu gehen schien und ich mir vorkam wie ein Elefant im Porzellanladen. Ich hatte sogar das Gefühl, einen dicken Hintern zu haben, als ich mich umdrehte und zurück zu Colin stiefelte. Ich hatte keinen dicken Hintern. Ich wusste das. Aber mein Körper hing schwer und ungelenk an meinem übervollen Kopf.
    »Ich werde mich mit ihr treffen.«
    »Ich werde mich mit ihm treffen.«
    Unsere beiden Sätze überschnitten sich, weil wir sie im exakt gleichen Moment aussprachen, und wir blickten uns einige Sekunden zweifelnd an, bis wir begriffen, was der andere meinte. Colin würde sich mit Charlotte treffen? Noch einmal? Er hatte doch eben erst mit ihr geredet!
    »Das tust du nicht, Ellie. Du triffst dich nicht mit ihm. Das ist lebensmüde.«
    »Du bist lebensmüde, wenn du dich mit ihr triffst«, gab ich drohend zurück. »Was willst du denn noch? Du hast hier mit ihr geredet, das genügt. Oder stehst du neuerdings auf klimakterische Britinnen mit Übergewicht?«
    »So, es reicht jetzt.« Colin warf einen Geldschein auf den Tisch, obwohl ich nicht einmal an meiner aranciata genippt hatte, und nahm meine Hand, um mich mit sich zu ziehen. Ich schüttelte sie ab, eine störrische Geste, die erneut die Blicke der Gäste auf uns zog. Mit hängenden Armen folgte ich Colin ein paar Schritte, dann blieb ich wieder stehen. Colin atmete tief durch.
    »Liebe Elisabeth, ich habe noch nie einer Frau eine öffentliche Szene gemacht, aber du bist kurz davor, es zu erleben«, warnte er mich in leisem, aber umso beschwörenderem Ton.
    »Ich will nur die Musik hören, bitte.« Das wollte ich wirklich. No need to run and hide, it’s a wonderful, wonderful life … Was war das für ein Lied? Warum hatte ich es früher nie gehört? Es passte zu mir. Schöner, sehnsüchtiger Text, traurige Melodie – wie konnte Colin von mir verlangen, jetzt zu gehen? Er konnte. Er hatte bessere Tricks als ich. Ich trippelte ihm hinterher wie ein Lämmchen seiner Herde, zum zweiten Mal, und versuchte gähnend, mir den Text zu merken, um den Song irgendwann googeln und kaufen zu können. Ich musste ihn haben.
    Wir stritten die gesamte Heimfahrt über. Es war ein Machtspiel. Wir wollten beide das Gleiche und keiner war bereit, es dem anderen zu gönnen. Schließlich gab ich nach, aus taktischen Gründen, obgleich ich eine höllische Angst hatte vor dem, was Colin bei diesem Treffen widerfahren konnte. Charlotte war immer noch eine hübsche Frau und Erinnerungen konnten mächtig sein. Siehe Grischa. Ich wusste, wovon ich redete. Bei Colin und Charlotte war sogar Liebe im Spiel gewesen, nicht nur eine einseitige Teenagerschwärmerei und Tagträume …
    Im Gegenzug hatte ich kein einziges gutes Argument, mit dem ich Colin überzeugen konnte, mich allein zu Angelo gehen zu lassen, aber er hatte unzählige gute, warum ich ihm das Treffen mit Charlotte erlauben sollte – mal die Tatsache außer Acht lassend, dass er gar nicht erst um Erlaubnis bat. Ich musste aufgeben. Und ich tat es auch deshalb, weil ich es verabscheute, mit ihm zu zanken.
    »Wir führen uns schrecklich auf. Für so ein Paar würde ich mich normalerweise fremdschämen«, sagte ich schließlich geschafft, als ich merkte, dass die Streiterei keinen Sinn hatte. Noch immer saßen wir nebeneinander in Colins Auto, das er schon vor zehn Minuten in der Einfahrt unseres Hauses geparkt hatte.
    »Du kannst mitkommen, wenn du magst, Ellie. Du bist meine Freundin und ich bin für sie der Sohn von Jeremiah. Es spricht nichts dagegen.«
    »Danke, nein«, lehnte ich kategorisch ab. »Das möchte ich mir lieber nicht antun.«
    »Und wie kann ich mir sicher sein, dass du nicht zu Angelo spazierst und wieder einmal dein Leben aufs Spiel setzt?«
    Ich schwieg

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