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Dornenkuss - Roman

Dornenkuss - Roman

Titel: Dornenkuss - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: script5
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Wange, die warm und kalt meine Haut berührte. Warm und kalt? Wie konnte das sein? Mit den Fingerspitzen schob ich seine Lider nach oben. Tot und leer blickten seine schlafenden Augen mich an, nur für einen Herzschlag, bis sie mich erkannten und mit einem Male ihre Farbe wechselten, wie wenn jemand einen Schalter angeknipst hätte. Ein blaues Schimmern breitete sich in ihnen aus, blautürkis, und verlieh dem Braun ungeahnte Tiefe und ein irisierendes Glitzern. Sein Mund wurde voller und weicher, die Haut blühender, sein Ausdruck jugendlicher, als würde sich ein anderes Gesicht unter seinen Zügen erheben und sie vergehen lassen. Blitzschnell riss ich meinen Blick von ihm los und barg seinen Kopf mit beiden Armen an meiner Brust, dicht an meinem Herzen.
    »Das bist nicht du!«, flüsterte ich in sein Ohr. »Es ist jemand anderes und ich werde dafür sorgen, dass er verschwindet. Ich verspreche es dir! Das bist nicht du, hörst du?«
    Ich gab ihn wieder frei und ließ ihn zurück ins Kissen sinken, wo seine Lider herabfielen und er sich endgültig seinen Träumen überließ. Auch seine Freundin war ruhiger geworden. Ein Lächeln kräuselte ihre blassen Lippen. Für eine kurze Nacht hatte ich ihnen Frieden geschenkt.
    Ich stürzte aus dem Zimmer, rannte mit geflügelten Schritten über den Hof, durch die ausgestorbene, dunkle Stadt und die Stufen hinunter zum Meer, bevor Angelo bemerken konnte, was ich gesehen hatte.
    Ich rannte um mein Leben.

A USERWÄHLT
    »Hat er mich gesehen? Weiß er, dass ich es weiß?«, rief ich, sobald ich die Höhle erreicht hatte. Wenn Angelo es wusste, war es sowieso egal, ob ich schrie oder nicht. Ich musste den Gefühlen, die in mir tobten, Luft machen. Ich verstand nichts mehr; ich wusste nur, dass Grischa mit hineingezogen worden war, von Beginn an. »Wieso ist er in ihm drin, warum?«
    »Also ist es wahr …«, sagte Morpheus wie zu sich selbst.
    Er saß an der gleichen Stelle und in der gleichen Haltung auf dem Boden der kahlen Höhle, wie ich ihn gestern angetroffen hatte. Vermutlich sah so sein Leben aus, seit Hunderten von Jahren. Er saß in dieser Höhle, in der es nichts gab und von der aus man nichts sehen konnte als die Wellen, die gegen die Felsen schlugen, und stieg nur ab und zu hinauf in die Stadt, um sich zu ernähren. Das war alles. Doch er hatte mich nicht zufällig durch die Gassen Oias geschickt. Er hatte eine Ahnung gehabt, dass ich etwas finden würde. Und deshalb musste er mir Rede und Antwort stehen.
    »Wird er jetzt kommen und mich holen, weil ich es entdeckt habe? Was ist überhaupt geschehen? Hallo, kannst du mir mal bitte antworten?!« Meinen letzten Satz brüllte ich so laut, dass mein eigener Schall in meinen Ohren schepperte. Die Höhle war zu klein für meine Stimme. Morpheus reagierte nicht. Ich wollte ihn an den Schultern packen und schütteln, doch mein Respekt hielt mich davon ab.
    In Ordnung, er dachte lieber nach, anstatt zu antworten, beschwichtige ich mich gehetzt atmend. Deshalb ging ich optimistisch davon aus, dass Angelo nicht auf dem Weg zu uns war. Aber was hatte all das dann zu bedeuten? Seine Ausstrahlung, sein Charisma und seine Schönheit – jene Dinge, die mich an beiden gereizt und geschwächt hatten – zeigten sich in Grischas Gesicht, wenn er mich erblickte! Wie konnte das sein?
    Weil die Höhle zu begrenzt war, um darin auf und ab zu laufen, lehnte ich die Stirn an den rauen, kalten Fels und schlug meine flachen Hände rhythmisch gegen das Gestein, um meine Gedanken besser kanalisieren zu können. Es war alles viel abartiger und verkommener, als ich geahnt hatte.
    »Er war immer da, oder? Er hat mich seit meiner Jugend beobachtet, ist das richtig? Und er hat Grischa benutzt, damit ich mich erst unglücklich und hoffnungslos in ihn verliebe und es später wie eine Erlösung empfinde, wenn ich jemandem begegne, der so ist wie er? Jemandem, der mich wahrnimmt?«
    Denn genau das war passiert. Nur deshalb hatte Angelo eine solche Macht über mich erlangen können. Weil seine Gegenwart den Schmerz, den Grischas Unerreichbarkeit in mir ausgelöst hatte, zu heilen schien. Grischa war zu keinem Zeitpunkt meiner elendigen und einsamen Jugend der gewesen, als den ich ihn wahrgenommen hatte. Wenn ich ihn ansah, erblickte ich etwas, was ihm selbst nicht bewusst war, was er niemals hätte sein können. Angelo hatte ihn unterwandert.
    Endlich ließ Morpheus seinen rauschenden Atem abflachen, um mir zu antworten.
    »Er hat dich auf ihn

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