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Dornenkuss - Roman

Dornenkuss - Roman

Titel: Dornenkuss - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: script5
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Mit einer ausladenden Geste wedelte sie eine Fliege fort, die sich auf ihrem Kuchen niedergelassen hatte. Unter ihren Achseln hatten sich dunkle Flecken auf ihrem Shirt gebildet.
    »Du hast keine Schulden mehr«, berichtigte Paul sie. »Ich hab das Geld ans Finanzamt überwiesen.«
    »Du hast – was?!« Gianna schnappte nach Luft. »Woher weißt du überhaupt, dass … ach, so ist das. Der Geldadel hält zusammen.«
    Ich zuckte nur mit den Schultern. Ja, ich hatte Paul eine Kopie des Finanzamtsschreibens geschickt, das Mama und ich gemeinsam mit Gianna studiert hatten, um irgendeine Gesetzeslücke zu finden, die ihr die Nachzahlungen ersparen konnten. Erfolglos allerdings. Danach hatte ich es an Paul gefaxt und ihm in wenigen Sätzen erklärt, in welcher Zwangslage Gianna steckte. Von mir hatte sie das Geld ja nicht annehmen wollen. Wie es aussah, nahm sie von niemandem gerne Geld an.
    Sie ging Paul nur deshalb nicht an den Kragen, weil Mama zu uns an den Tisch kam und mir eine frische Kanne Tee vor die Nase setzte. Kaffee machte meine Kopfschmerzen nur noch schlimmer, und dass sie nun von allein auf die Idee gekommen war, extra für mich Pfefferminztee zuzubereiten, ließ mich betreten auf die Fransen der Tischdecke blinzeln. Wir schlossen Mama aus, obwohl es hier um ihren Mann ging. Anständig war das nicht.
    Die Stimmung war so aufgeladen, dass wir alle zusammenfuhren, als es an der Tür klingelte.
    »Macht euch keine Mühe, ich gehe schon.« Mama verbeugte sich übertrieben und rauschte aus dem Wintergarten.
    »Oh nein …«, stöhnte ich. »Er hat es also tatsächlich ernst gemeint und ist in den Westerwald gefahren …«
    »Wer?«, riefen Gianna, Tillmann und Paul im Chor.
    »Lars. Er hat mir heute Morgen schon damit gedroht. Seine Frau hat ihn verlassen und seitdem stalkt er mich.«
    »Lars, der Gorilla?« Giannas Nase kräuselte sich. Die Ablenkung war ihr willkommen. »Den wollte ich doch schon immer kennenlernen.«
    »Mir hat einmal gereicht. Oh, bitte nicht …« Schon näherten sich Mamas Schritte und das Klappern von Lars’ wild gemusterten Cowboystiefeln. Fluchtartig erhob ich mich, um in Papas Büro Asyl zu suchen. »Sagt ihm, dass es mir nicht gut geht und ich …« Zu spät. Sie standen schon hinter mir. Giannas Augen weiteten sich. Ja, Lars’ Anblick war kein ästhetischer Genuss. Modetechnisch war er in den Neunzigern hängen geblieben. Dazu sein Schumacher-Kinn und die niedrige Stirn – fertig war der Proll. Ich legte den Finger an meine pochende Schläfe und drehte mich langsam um. »Lars, ich hab dir doch gesagt, ich … oh mein Gott.«
    »Colin genügt vollkommen, danke.« Er zwinkerte mir jovial zu und widmete seine Aufmerksamkeit den anderen drei, die es nicht schafften, ihre Münder geschlossen zu halten. »Gianna, Tillmann, Paul.« Die Art, wie Colin ihre Namen nannte, nahm uns für einige Augenblicke gefangen. Er sprach sie so bedeutsam und wissend aus – es war mehr als eine Begrüßung. Ich sah, dass Gianna sich aufrichtete, etwas, was sie selten tat. Meistens hielt sie sich krumm wie ein Fragezeichen. Colin schien unsere Reaktion nicht zu kümmern. Er setzte sich ungerührt auf den freien Stuhl neben meinem. Zögernd nahm ich ebenfalls wieder Platz.
    »Ach, wie schön. Kirschkuchen. Darf ich?«, fragte er höflich und bedachte Mama mit einem glitzernden Blick. Da draußen gerade ein Schauer niederging, ersparte das düstere Wetter uns feuerrotes Haar und hellgrüne Augen. Colins dunkler Schopf – nun wieder etwas kürzer, aber immer noch länger als bei unserem Kennenlernen – war von kupfer- und tizianroten Strähnen durchsetzt und seine Augen waren ein irisierendes Muster aus Braun und dunklem Türkis. Ansonsten präsentierte er sich uns geschmackvoll, aber eigentümlich wie eh und je: ausgetretene Stiefel, schmale dunkle Hose, ein Hemd aus dem vorigen Jahrhundert; dazu das breite Lederband am Arm, ein abgewetzter Gürtel und eine ganze Riege silberner Ringe in beiden Ohren.
    Mama nickte knapp, die Arme verschränkt, ihre Miene eine einzige Anklage. Colin ignorierte sie und lud sich ein Stück Kuchen auf den Teller. Fassungslos sah ich dabei zu, wie er sich mit der Gabel den ersten Bissen in den Mund schob, kaute und schluckte. Er aß!
    »Köstlich«, lobte er Mamas (und Giannas) Backkunst mit einem anerkennenden Nicken. Ich konnte beim besten Willen nicht sagen, ob er uns auf den Arm nahm oder es ernst meinte. Diese Situation war so bizarr, wie ich es sonst nur in

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