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Dornenkuss - Roman

Dornenkuss - Roman

Titel: Dornenkuss - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: script5
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Seite und blinzelte ihn streng an. »Eine Sekte. Mensch, das war keine Sekte.«
    »Jo, kräht doch kein Hahn nach, der Typ wollte dich jedenfalls haben und benutzen, und echt, Sturm, ich hatte dir ’nen besseren Geschmack zugetraut, wenn du schon den armen Blacky alleine lassen musst. Dieser Typ war nix für dich, aber der andere von euch, der mit der halblangen braunen Matte …« Er wedelte mit seinen behaarten Pranken neben seinen Ohren herum. »Der mit den braunen Haaren und den blauen Augen. Der ist in Ordnung. Der wäre was für dich.«
    »Lars, das ist mein Bruder.«
    »Ja. Weiß ich doch. Ich meine ja nur … der ist okay. Aber bitte nicht so ein Frauenversteher … Das sind die schlimmsten. Bevor du dich noch mal an so einen ranschmeißt, nimmste lieber den guten alten Lars. Kapiert?«
    »Kapiert«, wiederholte ich schwach. »Du hast also nichts verstanden. Warum wundert mich das nicht?«
    Lars packte mich an den Schultern und hob mich ein Stückchen hoch, sodass ich in seine eng stehenden Gorillaaugen gucken musste. Die Überdosis Gel, die er seinen Haaren gegönnt hatte, kitzelte süßlich in meiner Nase.
    »Ey, ich hab vielleicht nur ’nen Hauptschulabschluss und bin ein einfacher Handwerker, aber das da oben …« Er wackelte mit den Brauen, um auf seine niedrige Stirn zu deuten. »Das funktioniert wie geschmiert. Solche Sackgesichter gibt’s überall und wird’s immer geben, ich kenn diese Schlaffis, die haben selbst nichts zu bieten und nehmen es sich dann von anderen, weil sie total hohl und leer sind. Warum haste mich eigentlich nicht angerufen, damit ich diesem Troubadix mal ordentlich die Fresse poliere, hm? Na, wenigstens hab ich dich jetzt auch mal nackt gesehen. Geiler Hintern. Hatte die beste Sicht von allen.« Lars lachte dreckig und ließ mich zurück auf den Boden fallen, um einen seiner dicken Finger in meine Haare zu stecken. »Aber kämmen sollteste dich mal wieder, Stürmchen. Siehst aus wie der Struwwelpeter.«
    »Danke fürs Gespräch«, sagte ich würdevoll. »Ich werde jetzt wieder reingehen und weiterschlafen.« Falls ich das nach dieser absurden nächtlichen Begegnung überhaupt konnte.
    »Nee, nee, Fräulein, das wirste nicht. Du hast dir eben in die Hose gemacht, oder? Als du mich gehört hast?«
    Ich rieb meine Oberarme, an denen ich Lars’ festen Griff immer noch spürte. »Kann sein.«
    »Dann komm mit. Ich zeig dir was. Na, komm schon … Wollte ich dir die ganze Zeit schon zeigen, aber deine Mutti hat mich ja nicht gelassen.«
    Er löste sich von der Mauer, an die er sich während unseres Gesprächs gelehnt hatte, und schritt forsch voraus, der Unterführung entgegen. Aber dort wollte ich nicht hin. Dort ging es hinauf zur Straße, zur Tankstelle und … zu Angelo. »Komm!«, forderte Lars mich erneut auf. »Los, Bewegung! Und keine Ausreden! Ich hab dir gesagt, dass Ausreden bei Lars nicht zählen.«
    »Ich kann nicht.«
    »›Ich kann nicht‹ liegt auf dem Friedhof und ›Ich will nicht‹ liegt nebendran.« Lars kehrte zu mir zurück und griff nach meiner Hand. »Hat mein alter Herr immer gesagt. Kriegen meine Schüler täglich zu hören. Du kommst mit.«
    Ich wollte um diese späte Stunde keinen Aufruhr anzetteln. Außer mir schliefen zwar alle anderen nach hinten raus; Mama und Herr Schütz übernachteten sowieso in einem nahe gelegenen Hotel (hoffentlich in getrennten Zimmern). Aber wenn Lars und ich weiter miteinander stritten, würden Gianna und Paul aufwachen und ich hatte ihnen genug Ärger bereitet. Also ließ ich mich seufzend hinter Lars herschleifen. Das Laufen war ungewohnt; mehr als die Strecke zum Klo und gestern Abend nach oben zu Tillmann hatte ich in den vergangenen acht Tagen nicht zurückgelegt. Doch meine Muskeln begannen sich recht schnell wieder an das zu erinnern, was sie konnten, und meine Schritte wurden flüssiger und kraftvoller, je näher wir der Tankstelle kamen. Vielleicht wollte mein Körper auch nur fluchtbereit sein. Denn Lars nahm tatsächlich die Biegung zu Angelos Haus.
    Er wollte zu ihm! Ich schloss meine Augen, ein reiner Schutzreflex. Wenn ich ihn nicht sehen konnte, konnte er mich nicht sehen, schon als Kind hatte ich damit schwierige Situationen zu überbrücken versucht – dabei konnte er sowieso nichts mehr sehen. Doch in der Dunkelheit und an Lars’ Hand, die ich nun umklammerte wie ein kleines Mädchen und von der ich mich weiterführen ließ, fühlte ich mich sicherer. Schon nach wenigen Schritten kam er wieder

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