Dornenschwestern (German Edition)
geringsten Lärm von der Straße unter dem Fenster wieder fort.
«Ich wünschte bei Gott, er würde sie hinrichten lassen», sagt sie plötzlich. «Ihr ein Ende bereiten. Ihr und all ihren illegitimen Kindern.»
Ich schweige. Ihre Worte entsprechen so sehr meinen Gedanken, dass ich kaum wage, ihr zuzustimmen.
«Nicht einen friedlichen oder glücklichen Tag hatten wir, seit sie meinen Sohn Edward verhext hat», fährt sie fort. «Ihretwegen hat dein Vater sich von ihm abgewandt, ihretwegen konnte er keine ehrenwerte Ehe mehr eingehen, die uns den Frieden mit Frankreich gesichert hätte. Er hat die Ehre seiner Familie in den Wind geschlagen und ihre unbeugsame Brut in unser Haus gebracht, und jetzt wird sie eines ihrer Bälger auf unseren Thron setzen. Sie hat ihm eingeflüstert, George umzubringen – ich weiß es, ich war dort, als sie ihn dazu ermuntert hat. Von sich aus hätte Edward niemals ein Todesurteil gefällt. Ihre Spionin hat deine Schwester umgebracht. Und jetzt schmiedet sie Ränke, um meinen letzten überlebenden Sohn, Richard, zu töten. Wenn er wegen ihres Hexenwerks stirbt, hat sie mir alle meine Söhne genommen.»
Ich nicke und wage nicht zu sprechen.
«Richard ist krank», murmelt sie. «Ich schwöre, das ist ihr Werk. Er sagt, seine Schulter schmerzt, und er kann nicht schlafen. Was ist, wenn sie ein Seil um sein Herz knotet? Wir sollten sie warnen, dass wir ihren Jungen töten, wenn sie ihm auch nur ein Haar krümmt.»
«Sie hat zwei Söhne», erwidere ich, «zwei Thronanwärter. Wenn wir Prinz Edward töten würden, überließen wir Prinz Richard den Thron.»
Überrascht sieht sie mich an. Sie hat nicht gewusst, dass ich so hartgesotten geworden bin. Doch sie weiß auch nicht, dass ich meine Schwester vor Schmerzen schreien sah, als sie im Hexenwind versuchte, ein Kind zur Welt zu bringen, um dann an einem Hexengift zu sterben. Wenn ich je ein zärtliches Herz besaß, dann ist es zu oft gebrochen, zu oft geängstigt worden. Auch ich habe einen Sohn zu verteidigen, und seine kleine Cousine und sein Cousin sind in meiner Obhut. Wenn der Schmerz ihn aus dem Schlaf reißt, geht mein Gemahl in der Nacht im Schlafgemach auf und ab und drückt den Schwertarm an sich.
«Richard muss den anderen Jungen in seine Gewalt bringen», sagt sie. «Wir brauchen beide Rivers-Erben.»
Als Richard an diesem Abend hereinkommt, hat er nur einen zerstreuten Gruß für seine Mutter und mich übrig. Wir gehen durch die große Halle, um am hohen Tisch zu speisen, und Richard nickt grimmig, als seine Männer ihm auf dem Weg zu seinem Platz zujubeln. Alle wissen, dass wir in Gefahr sind; wir kommen uns vor wie ein Haus unter Belagerung. Als er sich setzen will und sich dabei auf seinen rechten Arm stützt, gibt er unter ihm nach, und er taumelt und umklammert seine Schulter.
«Was ist?», flüstere ich erschrocken.
«Mein Arm», sagt er. «Ich verliere die Kraft darin. Sie hat mich in ihrer Gewalt. Ich weiß es.»
Ich verberge meine Angst und lasse den Blick lächelnd durch die Halle schweifen. Manche hier erstatten der Königin in ihrem Versteck in den düsteren Mauern des Kirchenasyls Bericht. Sie werden sie unterrichten, dass ihr Feind verletzlich ist. Sie lebt nicht weit von hier, nur ein Stück den Fluss hinab in den düsteren Kammern unter Westminster Abbey. Fast ist mir, als könnte ich ihre Anwesenheit in der Halle spüren wie einen kalten, kranken Atemhauch.
Richard taucht die Hände in die Silberschale, die ihm dargeboten wird, und wischt sie an einem Leinentuch ab. Die Diener bringen die Speisen aus der Küche und servieren sie an den Tischen.
«Ein schlimmer Tag heute», sagt Richard leise zu mir. Von der anderen Seite beugt sich seine Mutter herüber, um zuzuhören. «Ich hatte Beweise für die Verschwörung von Hastings und der Königin. Seine Hure war die Mittelsfrau. Morton steckte auch mit drin. Ich habe sie im Rat beschuldigt und verhaftet.»
«Gut gemacht», sagt seine Mutter.
«Wirst du sie anklagen lassen?», frage ich.
Verneinend schüttelt er den Kopf. «Dazu war keine Zeit. Dies sind die Wechselfälle des Krieges. Hastings habe ich am Tower köpfen lassen. Morton steht unter der Aufsicht von Henry Stafford, Duke of Buckingham. Rotherham und Lord Stanley werde ich festhalten, weil ich sie verdächtige. Ich habe ihre Häuser durchsuchen lassen, und wenn sich Beweise finden, dass sie Ränke schmieden gegen mich, lasse ich sie hinrichten.»
Ich sage kein Wort, denn ein Diener serviert
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