Dornenschwestern (German Edition)
sagt sie trocken. «Ich wünsche dir viel Vergnügen. Was für eine Überraschung. Was für ein Triumph wahrer Liebe!»
Sie wendet sich um und zeigt auf die Damen hinter sich, und mich verlässt der Mut, als meine Schwester Isabel vortritt. Ich kann nicht anders, als trostsuchend an Richards Schulter zurückzuweichen, der neben mir steht, während Isabel, blass und herablassend, einen äußerst oberflächlichen Knicks vor uns macht.
«Warwicks Töchter, beide königliche Herzoginnen und gleichzeitig meine Schwestern.» Die Königin stößt ein trällerndes Lachen aus. «Wer hätte das gedacht? Noch im Grab bekommt euer Vater die Schwiegersöhne, die er sich für euch gewünscht hat. Ihr müsst überglücklich sein!»
Ihr Bruder Anthony sieht sie amüsiert an. «Gewiss eine freudige Wiedervereinigung der Neville-Schwestern», bemerkt er.
Isabel tut so, als wollte sie mich umarmen, zieht mich an sich und flüstert mir wütend ins Ohr: «Du hast Schande über dich und mich in eine peinliche Lage gebracht. Wir wussten nicht einmal, wo du warst. Weglaufen wie eine Schlampe! Ich wüsste gern, was Vater dazu gesagt hätte!»
Ich löse mich aus ihrem Griff und sehe ihr ins Gesicht. «Du hast mich als Gefangene gehalten und wolltest mir mein Erbe stehlen», sage ich hitzig. «Was hätte er wohl davon gehalten? Was hast du denn erwartet? Dass ich mich verneige und George anbete, nur weil du es tust? Oder hast du mir wie unserer Mutter den Tod gewünscht?»
Ihre Hand schießt nach oben, doch dann lässt sie sie unverrichteter Dinge wieder sinken. Trotzdem haben alle mitbekommen, dass sie mir am liebsten eine Ohrfeige geben würde. Die Königin lacht laut auf, und Isabel kehrt mir den Rücken zu. Richard zuckt die Achseln, verneigt sich vor der Königin und zieht mich fort.
Auf der anderen Seite des Raums erklärt jemand George, dass es einen Streit gegeben hat, und er geht rasch zu Isabel und stellt sich neben sie. Richard und mich bedenkt er mit einem zornigen Blick. Einen Augenblick lang starren Isabel und ich uns in offener Feindschaft an, und keine ist bereit, klein beizugeben. Isabel steht neben ihrem Gemahl, ich neben meinem. Dann fasst Richard mich am Arm, und wir gehen zu dem neuen Grafen, um ihm vorgestellt zu werden. Ich begrüße ihn freundlich, und wir unterhalten uns eine Weile.
In einer Gesprächspause wende ich mich um. Ich kann nicht anders, ich muss zurückblicken, als hoffte ich, sie würde mich zu sich rufen, als hoffte ich, wir könnten wieder Freundinnen sein. Sie unterhält sich lachend mit einer Hofdame der Königin.
«Iz …», sage ich leise. Doch sie hört mich nicht, und als Richard mich fortführt, glaube ich ein leises Flüstern zu hören: «Anne.»
Dies ist nicht die letzte Begegnung mit meiner neuen Familie in diesem Herbst, da ich noch Richards respekteinflößender Mutter vorgestellt werden muss, Herzogin Cecily. In strahlendem Sonnenschein reiten wir die Great North Road hinauf nach Fotheringhay, wo sie wohnt. Sie hat sich ganz vom Hof zurückgezogen, denn sie verabscheut ihre Schwiegertochter, die Königin, so sehr, dass sie an den meisten großen Festen bei Hofe nicht teilnimmt. Seit sie sich mit George zum Aufstand gegen seinen Bruder zusammengetan hat, hat sie zudem das bisschen Liebe, das sie bei ihrem Sohn Edward noch hatte wecken können, verloren. Alle wahren den Schein, so gut es geht. Sie hat immer noch ein Haus in London und besucht den Hof von Zeit zu Zeit, doch der Einfluss der Königin ist stark. Herzogin Cecily ist als Gast nicht besonders willkommen. Fotheringhay wurde zum Teil instand gesetzt und eingerichtet und ihr als Wohnsitz zur Verfügung gestellt. Ich reite fröhlich neben Richard her.
Auf einmal wirft er mir einen Blick von der Seite zu und sagt: «Du weißt, dass wir durch Barnet kommen? Die Schlacht wurde entlang der Straße geschlagen.»
Natürlich weiß ich das. Doch ich hatte nicht daran gedacht, dass wir die Straße kreuzen würden, auf der mein Vater starb. Damals, als Richard an der Seite seines Bruders einen mühseligen Kampf ausfocht und es ihm gelang, allen Widrigkeiten zum Trotz einen Weg durch den Nebel zu finden, die Streitkräfte meines Vaters zu überraschen und ihn zu töten. Auf diesem Schlachtfeld erwies Midnight seinem Herrn den letzten großen Dienst: Er legte seinen schwarzen Kopf nieder und ließ sich ein Schwert in sein großes Herz stoßen, um den Männern zu zeigen, dass sie nicht weglaufen konnten, dass es kein Entkommen, keine
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